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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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einmal irgendwo gesehen. Aber das beruhte wohl auf einer Täuschung, sagte ich mir.
    Ohne Interesse wegen des geringen Informationsgehaltes klappte ich den Hefter zu und legte ihn auf dem Tisch ab. „Ich habe nichts gefunden“, sagte ich zu Böhnke, der über seinen Papieren brütete.
    „Dann geht es Ihnen auch nicht besser als mir“, entgegnete er ruhig, ohne aufzublicken. „Nach der Akte ist Langerbeins ein normaler, unauffälliger Beamter gewesen, der seine Pflichten dienstgemäß erfüllte. Quasi ein Normbeamter.“
    „Mit anderen Worten: kurzer Strich, langer Strich, abhaken“, kommentierte ich und Böhnke bestätigte. „So ist es.“
    Er schaute auf. „Bis auf eine Kleinigkeit, die ich noch klären will.“
    „Bis wann?“
    Der Kommissar grinste mich an. „Keine Bange, mein Freund. Bis zu unserer Fahrt nach Heerlen habe ich alle Informationen, die ich brauche.“
    Ich sah auf die Uhr. Es war nicht einmal Mittag. Was sollte ich bloß mit dem angebrochenen Tag anfangen? „Sie können mich gerne begleiten, Herr Grundler“, schlug Böhnke kollegial vor. „Nein“, korrigierte er sich schnell. „Sie müssen michsogar begleiten, weil ich von dort sofort nach Heerlen weiterfahren möchte.“
    „Wohin geht’s denn?“ Ächzend erhob ich mich. „Nach Erkelenz, ins Standesamt.“
    Mir genügte diese Angabe. Ich wusste, was Böhnke vorhatte, bestimmt hätte ich ihm eine Fahrt in das schöne Städtchen vorgeschlagen, wenn er nicht von allein darauf gekommen wäre.
     
     
    Nach einem erstaunlich schmackhaften Imbiss in einer Stehpizzeria in der Nähe des Rathauses steuerten wir am frühen Nachmittag das Standesamt an, wo bereits ein Mitarbeiter auf uns wartete. Offenbar hatte Böhnke unseren Besuch gut vorbereitet. Die Daten von Langerbeins waren schnell auf dem Bildschirm erschienen, nachdem der zuvorkommende Beamte die Befehle in den Computer eingetippt hatte. Sie sagten uns nichts Neues: geboren in Erkelenz, gestorben auf der Autobahn, wie die Eltern war Langerbeins ein waschechter Erkelenzer gewesen, anders als seine ehemalige Ehefrau Brigitte, eine geborene Schmitz, die es aus dem Kreis Düren nach Erkelenz verschlagen hatte. Erwin und Brigitte Langerbeins hatten nach der Heirat in einem Haus in der Innenstadt gewohnt. Nach der Scheidung hatte Langerbeins den Wohnsitz innerhalb von Erkelenz gewechselt, seine Exfrau hatte es vorgezogen, in ihre ehemalige Heimat zurückzukehren.
    „Das war’s dann wohl“, kommentierte ich das wenig erbauliche Ergebnis unserer Untersuchung. „Dafür hat es sich nicht gelohnt, hierhin zu fahren.“ In meinem linken Ohr entwickelte sich ein pfeifender Ton, ein aufdringliches Piepsen als Warnsignal für irgendetwas. Der Ton war lästig und ich war froh, als er endlich abklang. Er hatte mich nachdenklich gemacht. Mein Körper reagierte sofort, wenn ich etwas Ungewöhnliches bemerkt hatte, das Piepsen war ein untrügliches Zeichen dafür. Aber ich wusste nicht, was ich herausgefunden hatte und verfluchte deshalb meine Unfähigkeit, mit meinem Unterbewusstsein richtig umzugehen.
    „Wenn Sie Recht haben, haben Sie Recht, mein Freund“, entgegnete Böhnke nachdenklich auf meine Bemerkung. Auch er schien enttäuscht und bat den Beamten, ein Telefonat führen zu dürfen.
     
     
    Ich verabschiedete mich derweil und fragte nach dem Weg zum Steueramt. Wenn ich schon einmal im Erkelenzer Rathaus war, wollte ich zumindest eine lieb gewordene Bekannte begrüßen.
    Die Hundesteuerstelle hatte ich schnell gefunden. Als ich ohne Anklopfen in das Zimmer eintrat, staunte mich ein älterer, grau melierter Mann überrascht an.
    „Wo finde ich Gerlinde Brause?“, wollte ich, nicht weniger überrascht, wissen. „Ich dachte, sie arbeitet hier“, entschuldigte ich mich für mein zu forsches Eintreten.
    „Sie meinen bestimmt Frau Müllejans“, verbesserte mich der freundliche Beamte lächelnd. „Gerlinde hat sich beurlauben lassen. Sie ist schwanger.“
    Da hatte meine merkwürdige Geschichte mit Hieronymus Müllejans doch noch ein zufrieden stellendes Ende gefunden, schmunzelte ich in mich hinein, als ich mich auf den Weg zurück zu Böhnke machte.

Wiederkäuer
     
     
     
    Bloemen war ausgesprochen zurückhaltend und wortkarg, als Böhnke und ich ihn in der Heerlener Polizeistation abholten und mit ihm nach Ubach over Worms fuhren. Es schien, als würde der Polizist es bereits bereuen, mir eine Zutrittsmöglichkeit zu van Dykes Haus verschafft zu haben, sich jetzt aber nicht

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