Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
verschiedene Mikro-Klimazonen in unterschiedlichen Hö henlagen nutzte, kultivierte man in Peru ein größeres Spektrum an Pflanzen und Medizin als in jeder anderen Region der Erde. Bohnen, zwanzig Sorten Mais, 240 Arten Kartoffeln, Schokola de, Erdnüsse, Cashew-Nüsse, Avocados, Ananas, Kürbisse, Papri ka, Tomaten … so viele gängige Lebensmittel stammen aus Peru, dass man sich kaum vorstellen kann, was wir vor der Eroberung in Europa gegessen hatten. 14
---14 Die Antwort findet man in Reay Tannahills faszinierendem Werk Food in History.
Die Spanier brachten landwirtschaftliche Techniken, die man für das milde Klima Europas entwickelt hatte, in ein Land, das von Ge birgen, Wüsten und Urwäldern geprägt war. 12.000 Jahre regionaler Erfahrungen ignorierten sie. Sie ignorierten die Notwendigkeit, an steilen Hängen der Anden Terrassen anzulegen, um der Erosion vorzubeugen, oder Bewässerungssysteme in der Wüste entlang der Küste zu bauen. Sie führten Tiere ein, die empfindliche Weiden ab grasten. Sie bauten Monokulturen an – gewinnbringende Export- Früchte wie Kaffee – anstatt dem Land durch gemischten Anbau, wechselnde Früchte und Brachjahre Gelegenheit zu geben, sich zu erholen. Sie zerstörten das System des Kollektivbesitzes, das es Kommunen gestattete, Täler und Hänge zugleich zu bebauen, um für Überflutungen und trockene Zeiten vorzusorgen. Die Auswirkung war katastrophal. Heute werden in Peru weni ger Lebensmittel angebaut als vor der Ankunft der Spanier.
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Aguas Calientes
Während wir auf den Zug zurück nach Cuzco warteten, ba deten wir unsere schmerzenden Gliedmaßen in den heißen Quel len des Dorfes, die einfach Aguas Calientes heißen. Es war ein wunderschöner Ort, umgeben von grünem Dschun gel, der von den senkrechten Klippen hing. Das Wasser war wie ein heißes, schwefelhaltiges Bad. Wir setzten uns zurück und streckten unsere Beine aus. Auch der Anblick eines menschlichen Scheißhaufens, der sanft vorübertrieb, verdarb uns die Stimmung nicht ganz.
Der Zug hatte keine Sitze, also mussten wir fünf Stunden lang ste hen. Mark verwöhnte den Waggon mit einem Song namens „I’m in Love with the Girl Next Door“, dessen gesamter Text aus der stän digen Wiederholung der Zeile „I’m in love with the girl next door, smell my fingers“ bestand, begleitet von entsprechenden Handbewe gungen. Die anderen Passagiere saßen teilnahmslos da und dachten sich ihren eigenen Teil. Der Zug tuckerte durch ein so tiefes Tal, dass man den Himmel nicht sehen konnte, ohne den Kopf aus dem Fen ster zu strecken. Wir erreichten Cuzco in der Dunkelheit und gingen direkt in die nächste Bar auf eine Flasche Cuzqueña Malta.
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Haben sie keine A - Angst …
Als nächstes nahmen wir einen Bus nach Puno, das an der Kü ste des Titicacasees liegt. Nach unserem fünftägigen Marathon war eine einzelne Nachtfahrt gar nichts. Wir lehnten uns zurück und versuchten zu schlafen, diesmal gut eingepackt gegen die Kälte. Mark, der sowieso zu groß war, um in seinen Sitz zu passen, saß neben einer korpulenten Campesina , die ständig einem ihrer drei Kinder die Brust gab. Er stöhnte angesichts des bevorstehen den Kampfes um Platz zum Schlafen. Um rund 10 Uhr hielten wir zum Essen. Jeder raste hinein, um rechtzeitig zu bestellen.
Hinter uns war eine Gruppe Israelis; die beiden Mädchen liefen auf die Toilette – um völlig schockiert wieder aufzutauchen. Der Boden der Zelle war ein 15 cm tiefer See aus Scheiße. „Aber wir müssen aufs Klo“, sagten sie verzweifelt zu Melissa. Melissa deutete zur Reihe der Frauen auf der anderen Straßensei te hinüber. Die Israelis schauten entsetzt hin.
Als wir wieder in den Bus stiegen, wirkten die andern Passagiere ungewöhnlich aufgeregt. Hinter uns saß eine Frau mittleren Alters in westlichen Kleidern und mit zu viel Schminke. Ihr Haar war hoch aufgetürmt. Sie tippte Melissa ungeduldig auf die Schultern. „Dinero“ , zischte sie und deutete auf ein dickes Bündel US-Dol lar-Scheine in ihrer Hand. „Geld.“ Plötzlich stopfte sie sich das Bündel in die Haare, wo es wie durch Zauberei verschwand. Der Mann auf der anderen Seite des Gangs zappelte nervös in seinem Sitz und griff nach Melissas Arm. „Dinero“ , echote er. Er machte eine Messerbewegung quer über seinen Hals. Wir waren immer noch verdutzt. Er zog einen Nagelknipser hervor und hielt
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