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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
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erwartete) und liefert Energie.
    Man sagt, dass Inka-Boten, die diese Blätter kauten, an einem Tag  150 Meilen laufen konnten. Es macht einen allerdings nicht high  – es sei denn, man kaut rund eine Tonne unverarbeiteter Blätter.  Der Weg war wunderschön. Wir wanderten über alpine Pässe,  über Weiden und durch Nebelwälder, auf Steinpfaden, die die In ka selbst gebaut hatten, einschließlich Tunnel und Treppen. Wir  kamen an isolierten Ruinen vorbei – einsamen Festungen und  treppenartigen Terrassen. Eine war beeindruckender als die an dere – sie schienen so angelegt zu sein, dass sie im Machu Picchu  als Höhepunkt gipfelten.
    Wir campierten allein, neben zerstörten Festungen an nebligen  Berghängen. Mark verwöhnte uns mit ständigen Wiedergaben  der Rocky Horror Show und hundert Versionen von „My Way“.  Auch acht Stunden ständigen Regens am zweiten Tag konnten  unsere Laune nicht aufweichen. Mark schaltete auf „Singin in the  Rain“ um. Der Regen durchnässte aber alles andere, da weder  Mark noch Melissa ihre Rucksäcke richtig gepackt hatten. Wir  reichten meine Ersatzklamotten herum.
    „Was ist nochmal am Ende dieser Tour?“, fragte Melissa, wäh rend wir zuhörten, wie der Regen auf das Zeltdach trommelte.  Sie war wahrscheinlich die einzige Person in Peru, die nie vom  Machu Picchu gehört hatte.  „Du wirst die Überraschung mehr genießen, wenn ich es dir  nicht sage.“
    Melissas permanente Unfähigkeit, irgendetwas darüber herauszu finden, wohin wir gingen, hatte Methode. Melissa setzte ihr Vertrauen  in andere Menschen. Sie hatte sich an Peter gebunden, da sie seine  Talente als Lehrer erkannt hatte. Sie vertraute mir als Führer. Egal, wie oft ich ihr den Lonely Planet vor die Nase setzte – er blieb ungelesen.
    „Wenn du sagst, dass es gut ist, glaube ich das auch“, sagte sie.  „Aber du kannst doch nicht einfach immer auf mich vertrau en“, protestierte ich. Der Gedanke, einfach dem Wort eines ande ren zu vertrauen, anstatt es mit jedem Reiseführer zu vergleichen,  der seit 1932 veröffentlicht wurde, jagte mir Schrecken ein. 
    Für Melissa hingegen gab es keine Enttäuschungen, weil sie keine  Erwartungen hatte. Es war eine großartige Weise zu reisen, und ich  war auch etwas neidisch. Ihre Begeisterung für jede neue Entde ckung war so echt und ansteckend, dass sie dadurch auch für mich  noch aufregender wurde. Melissa und ich ergänzten uns zu einer  vollständigen Person. Ich brachte uns an die richtigen Orte, wäh rend Melissa mit ihrer temperamentvollen und warmen Art sich  mit jedem anderen Rucksacktouristen in der Herberge anfreunde te. Das einzige, was sie daran hinderte, sich auch noch mit allen  Peruanern anzufreunden, war ihre permanente Unfähigkeit, sich  auch nur die fundamentalsten Spanischkenntnisse anzueignen.
    Am letzten Tag erreichten wir das Tor zur Sonne, das über den  engen Pass über dem Machu Picchu wacht. Es handelt sich um  eine kompakte kleine Ruine, die aus einem Bogen und einem un bedachten Raum besteht, der vermutlich eine Kaserne gewesen  war. Es war neblig und es nieselte, sodass wir nichts sehen konn ten außer diesem Wachhaus und drei schmalen grasbewachsenen  Terrassen, die wie Treppenstufen am Hang lagen. Wir campierten  auf der untersten Terrasse – der einzigen, die flach war.  Unsere Zelte waren ein wenig zu breit für diese Terrasse und  standen am Rand um ein paar Zentimeter über. Ich kroch ins Zelt  und lauschte auf Mark, der ins Nichts pinkelte. (Zen-Frage: Wie  klingt es, wenn ein Mann ins Nichts pinkelt?)
    Morgens löste sich der Nebel allmählich auf. Er entbarg zwei  Dinge. Das erste war, dass wir buchstäblich an der Kante einer  Klippe campiert hatten. Das zweite war der Machu Picchu. Ob wohl wir hunderte Bilder davon gesehen hatten, war er trotzdem  atemberaubend: Eine verlorene Stadt, die eine Bergkuppe krönt –  mit fast senkrechten Hängen an drei Seiten und dem Zuckerhut  des Huayna Picchu im Hintergrund.
    Ich hatte Machu Picchu zum ersten Mal im Streatham Odeon  gesehen, als ich zwölf gewesen war – in einer Kinowerbung für  Diamanten (wenn ich mich recht entsinne): Es wirkte geheim nisvoll und exotisch unter den Nebelschwaden – und so fern wie  die Sterne.
    Und nun stand ich hier. Wie bei den Pyramiden und anderen  weltberühmten Bauwerken war es merkwürdig, endlich vor dem  Original zu stehen. Es ist plötzlich irgendwie neu und doch ver traut. Als wir

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