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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
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Passagiere auf den ersten beiden Sitzreihen waren alle geköpft worden.“ 
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Die bolivianische Marine 
    Ich saß an einem der Getränkestände am See und sah der bolivianischen Marine zu, die aus ein paar alten Kanonenbooten besteht. Später witzelte ich einem anderen Touristen gegenüber, wie absurd es sei, dass ein Land ohne Küste eine Marine hat. Er lachte nicht. Er war Schweizer. 
    Boliviens Marine wird nicht zu dem Zweck erhalten, eine peruanische Armada abzuwehren, die vielleicht einmal über den Titicacasee hinwegfegen könnte, sondern um die Welt daran zu erinnern, dass Bolivien einmal an der Küste lag. Tatsächlich hatte Bolivien einmal die doppelte Größe gehabt. Nach einer Reihe katastrophaler Kriege verlor es 1883 seine Pazifik-Küste und die nitratreiche Atacama-Wüste an Chile, 1903 die Gummiproduzierende Acre Region am Amazonas an Brasilien und 1935 die forstwirtschaftlich ertragreiche Chaco Region an Paraguay. 
    Im Grunde ist Bolivien insgesamt eine ziemliche Katastrophe. Nicht nur seine Außenpolitik ist eine Katastrophe, sondern es ist auch eines der ärmsten Länder Südamerikas: 97 Prozent der Landbevölkerung lebt unter der von der UN festgesetzten Armutsgrenze. Es ist auch nicht wirklich ein Beispiel für eine stabile Regierungsführung. In den 170 Jahren seit seiner Unabhängigkeit hatte Bolivien über 190 unterschiedliche Regierungen. Die Mutter eines seiner kurzlebigen Regenten soll einmal gesagt haben: „Wenn ich gewusst hätte, dass er einmal Präsident wird, hätte ich ihn zur Schule geschickt.“ 
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Die Hospederia 
    Copacabana ist voler Hotels, aber ich hatte gelesen, dass man in der Hospederia, einem alten Kloster, wohnen konnte. Es war sogar für bolivianische Standards lächerlich billig, also beschlossen Mark und ich, es in Augenschein zu nehmen. Es war ein wunderschönes altes Gebäude mit einem liebevol erhaltenen, gepflasterten Innenhof voller Blumen. Die Zimmer bestanden aus nackten Betonböden und -wänden. Es gab keine Betten, Möbel oder Lampen; nicht einmal Fenster. Aber es war ein echtes Schnäppchen. Im Zimmer nebenan kochte, aß, schlief und wohnte eine achtköpfige Familie. Melissa stöhnte und ging in die Kirche, um eine Kerze für eine kranke Freundin aufzustellen.
    „Ich gehe schwimmen“, verkündete Mark. „Ich kann mir vorstellen, dass es ein wenig kalt sein wird“, kommentierte ich abwesend. Ich las gerade. Mark wartete. „Also, komm schon“, sagte er ungeduldig. „Gehen wir.“ „Wohin?“, fragte ich. „Ich wollte mir gerade die Kirche ansehen.“ Mark wirkte beleidigt. „Ich habe keine Lust, die Kirche anzusehen.“ „Aber ich. Anscheinend soll sie einen der schönsten vergoldeten Altäre in Bolivien haben.“ Mark sah mich an, als wenn ich verrückt geworden wäre. „Einen vergoldeten Altar? Du willst einen vergoldeten … was ansehen?“ „OK, geh du erstmal schwimmen. Viel eicht komme ich später nach.“ „OK“, grunzte Mark. „Aber beeil dich.“ „Ich sagte, vielleicht …“, begann ich, aber Mark schritt davon, ohne mir länger zuzuhören. Ich machte eine Runde durch die Kirche. (Schöner vergoldeter Altar übrigens.) 
    Als ich zur Hospederia zurückkam, wartete Mark bereits. „Wie war‘s beim Schwimmen?“, fragte ich. Mark explodierte. „Wo zur Hölle warst du?“, wollte er wissen. „Wie hätte ich schwimmen sollen? Was hätte ich mit meinen Sachen machen sol en? Ich dachte, sie hätten dich umgebracht oder so. Ich habe stundenlang gewartet. Du nimmst einfach keine Rücksicht auf andere Leute, das ist dein Problem.“ Er war völlig aus der Fassung. Ich war perplex. Ich hatte ihm nicht versprochen, zum Strand zu kommen. Aber von da an konnte ich ihm nichts mehr recht machen. 
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Potos í
    „Ich bin das reiche Potosi, Schatz der Welt, König der Berge, von Königen beneidet.“  
    Inschrift auf einem Schild, das Potosí von Karl dem V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, verliehen wurde. Am nächsten Morgen verließen wir Copacabana nach Süden in Richtung Potosí. Wieder einmal eine Busreise – oder besser gesagt zwei, weil wir in der Hauptstadt La Paz umsteigen mussten. Wir hatten uns allmählich an Busse gewöhnt. Es war mal wieder eine Nachtfahrt. Wir erreichten Potosí im kristallklaren Licht des frühen Morgens. 
    Die Landschaft war so trostlos wie alle, die wir bisher gesehen hatten. Es war eine hochgelegene Wüste. Die steinigen rotbraunen Hügel waren nackt, und

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