Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
Station auf dem Gringo-Trail. Es ist eine ruhige Stadt mit einer weißgetünchten, maurisch wirkenden Kirche und ruhigen Straßen, die zum Seeufer hin abfallen. Ein paar mitleiderregende Campesinas saßen auf dem Gehsteig und verkauften erbärmliche kleine Pyramiden Tomaten und Kartoffeln. Ein paar Lastwagen wurden vor der Kirche mit Konfetti und Blumen dekoriert. Die Bolivianer bringen ihre Autos und Lastwagen her, um sie von Copacabanas wundertätiger Jungfrau segnen zu lassen und gleichzeitig etwas Aguardiente, oder Whisky, als Opfer für die Aymara-Götter zu verschütten. 16
---16 Die Bevölkerung Nordboliviens besteht hauptsächlich aus Aymara. Im Süden leben vorwiegend Quechua.
Denselben religiösen Mix findet man auf dem Cerro Calvario, einem isolierten Fels am Seeufer auf der einen Seite der Stadt. Hier keuchen Pilger eine gewundene Treppe mit unebenen Stufen hinauf, vorbei an Kreuzen, die den Kreuzweg Christi repräsentieren. Auf halbem Wege kommen sie auch an einer Reihe Steintischen vorbei, an denen Traditionelle Brujos, oder Schamanen mit Heilungszeremonien befasst sind. Eingehüllt in Weihrauch liegen symbolische Gaben auf den Tischen verstreut, die die verlorene spirituelle Energie (das„Ajayu“ in der Aymara-Sprache) des Patienten wieder herstellen sollen. An der Spitze, um die letzte Station des Kreuzwegs herum, boten Händler Plastikmodelle von Autos, Booten und Häusern sowie Bündel von Spielgeld an, mit denen man die Chancen erhöhen konnte, die entsprechenden wirklichen Dinge zu bekommen.
Vom Cerro aus bietet sich ein atemberaubendes Bild des Titicacasees: Ein gewaltiges, 200 Kilometer langes Binnenmeer, dessen längs gegenüberliegendes Ufer hinter dem Horizont lag. Die schneebedeckten Gipfel des Cordillera Real glitzerten in der Ferne. Die nahegelegenen Berge, trocken und braun, gesprenkelt mit Bäumen und Büschen, erinnerten mich an Griechenland.
Der Titicacasee ist der größte See Südamerikas und bei einer Höhe von 3800 Metern der „höchstgelegenste schiffbare See der Welt“. 17
--- 17 In Peru gibt es höher gelegene Seen, aber der Titicacasee ist der höchste mit regelmäßigen Schiffslinien.
Die Inkas glaubten, dass der See die Geburtsstätte der Sonne wäre; und es ist offensichtlich, warum. Die Strahlen der Sonne durchdringen die dünne Atmosphäre mit solch intensivem Glanz, dass jedes Detail der Landschaft mit kristalliner Schärfe hervortritt. Wir nahmen ein Boot zur Isla del Sol, dem heiligsten Ort der Inkas, um die Tempelruine und die Pumas zu besichtigen. Diese Katzen sind halb so groß wie ein Löwe und streiften einst wild auf der Insel umher. Heute sind nur drei davon übrig, die man für die Touristen in Käfige gesperrt hat. Der Tempel stammt aus einer Zeit, als die Inka noch ein kleiner Stamm waren, und wirkt wie die Ruine eines kleinen Bauernhauses, aber nicht wie die Geburtsstätte eines mächtigen Reiches. Es ist aber eine friedliche Insel ohne Autos; es gibt nur ein paar Dörfer und wunderbare Aussichten über den See auf die Hügel und das Gebirge am anderen Ufer.
Wieder zurück in Copacabana kaufte Mark einen Wollponcho, der zu seinem Filzhut passte. Den restlichen Tag verbrachte er damit, Clint Eastwood zu spielen. „Wisst ihr, mein Esel hat den verrückten Eindruck, dass ihr ihn auslacht“, sagte er in gedehntem Ton zu den Campesinas mit ihren kleinen Tomatenpyramiden. Sie sahen ihn verständnislos an. Wir trafen Dave, einen jungen amerikanischen Arzt, der in einem Krankenhaus in La Paz arbeitete. Er war nach Bolivien ge kommen, um die tödliche Chágas-Krankheit zu untersuchen, die durch den Biss eines Käfers übertragen wird. Dieser Käfer lebt in strohgedeckten Dächern und wird treffend als „Mörderkäfer“ bezeichnet. „Der Käfer fällt aus dem Dach und beißt dich. Die Krankheit ist tödlich; ein Heilmittel ist nicht bekannt. Es kann zwanzig Jahre dauern, aber wer einmal gebissen wird, ist dem Tode geweiht. Man sagt, dass ein Viertel aller Bolivianer diese Krankheit hat.“
„Ich bin Immunologe“, fuhr er fort. „Nach einem Unfall haben sie mir ein paar Patienten gebracht. Ich sagte, dass ich nie eine Operation durchgeführt hätte. Sie sagten, ich wäre der einzige Arzt, den sie hätten.“
„Übrigens, setzt euch nicht auf die Vordersitze der Busse“, warnte er uns. „Vor längerer Zeit bin ich einmal an einem Unfall vorbeigekommen. Zwei Busse. Frontal. Als Arzt musste ich helfen. Es war verdammt eklig. Die
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