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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
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aber die Wirkung ließ auch überraschend schnell nach. Das lag vielleicht daran, dass es nicht mit billigem Speed oder wer weiß was sonst noch verstreckt war, wie das in England der Fall gewesen wäre. Ein paar Stunden später wollte ich mich sogar hinlegen. Mark und Melissa zogen sich weiterhin den rapide abnehmenden Inhalt des Päckchens rein. 
    Plötzlich wurde ich von Melissa wachgerüttelt. „Die Polizei. Schnell, wach auf.“ Es war dunkel. Niemand war auf den Beinen. Irgendjemand schlug schreiend gegen das Tor, das verschlossen war. Melissa lief in Panik herum. „Ich werde lieber mal das Koks irgendwo verstecken“, sagte Mark und verschwand. Es wurde weiter gegen das Tor geschlagen. Niemand antwortete. Es ging eine Weile so weiter, bis die Hotelinhaberin die Treppe hinab stolperte. Melissa sprang zu mir ins Bett. „Tu so, als würdest du schlafen“, befahl sie. „Ich hatte geschlafen“, murmelte ich. 
    Wir hörten, wie die Frau mit ihren Schlüsseln herumfummelte. Dann drehte sich der Schlüssel im Schloss, und die Tür schwang auf. Durch unser Schlafzimmerfenster sahen wir, wie ein hoffnungslos betrunkener Bolivianer mit dem Gesicht nach unten durch den Eingang flach auf den Boden vor die Füße der Wirtin plumpste. Er stand schwankend wieder auf und stapfte in sein Zimmer, während er sich lauthals beklagte. Die heldenhafte Wirtin aber war ihrer Lonely-Planet- Reklame gerecht geworden: Da stand, sie würde einen Gast „auch nach der Sperrstunde gern hereinlassen“. Melissa stand auf, um Mark und das Koks zu suchen. 
    ✷ ✷ ✷ 
Einkaufen 
    Am nächsten Tag war Einkaufen angesagt. Unser (oder zumindest mein) Hauptgrund, nach Bolivien zu kommen, bestand darin, im schroffen Cordillera Real zu trekken. Eine fünftägige Wanderung verläuft von Milluni, 30 Meilen östlich von La Paz, über zwei 5000-Meter-Pässe bis in eine Stadt namens Coroico hinunter. Der Weg passiert eine unglaubliche Vielfalt an Landschaften und fällt über 3000 Höhenmeter von den Gletschern im Hochgebirge über Almen und Nebelwälder bis in die tropische Yungas-Region bei Coroico ab. Fast der gesamte Marsch geht bergab. Im Grunde ist es ein Abstieg von der Wasserscheide über die östlichen Hänge der Anden bis hinab zum Rand des Amazonasgebietes.
    „Stell dir vor, was für stramme Schenkel ich haben werde“, grinste Melissa. 
    Mark war nicht ganz so begeistert. Wenn er zwischen einer Ge- birgswanderung und einer Tüte Kokain wählen musste, war der Fall klar. Er sagte nichts.
    Sicherheitshalber wechselten wir das Hotel, ohne Jenny etwas zu sagen. Das Hotel Torino war direkt im Stadtzentrum, in der Straße hinter dem Präsidentenpalast. Wie beim Gran Casino in Quito handelte es sich auch hier um einen Klassiker für Rucksacktouristen. Es war ein altes Gebäude, dessen vier Stockwerke auf einen Innenhof hinausführten. Der Innenhof war ausgefüllt von einem Cafe, das direkt aus Mitteleuropa stammen könnte. Es hatte einen schwarz-weiß gefliesten Boden, anspruchsvolle schmiedeeiserne Tische und Topfpflanzen, die um einen eleganten Springbrunnen in der Mitte gruppiert waren. In einer Ecke spielte ein Quartett in Abendkleidung Kammermusik. Dieses vornehme Cafe, das von bolivianischen Geschäftsleuten und schmuddeligen Rucksacktouristen bevölkert war, war mit einem durchsichtigen Plastikdach überdacht. Darüber erstreckte sich ein Labyrinth aus Korridoren und unerwarteten Treppen durch einen Komplex, der einmal aus verschiedenen Gebäuden bestanden haben musste. Unser Zimmer war ein Sperrholzquader ohne Fenster, und die Dielen im Korridor schienen jeden Fußtritt aus jedem Teil des Gebäudes aufzunehmen und zu verstärken. 
    Bevor wir einkaufen gingen, schlug ich vor, ein paar Rechnungen zu begleichen. Bis dahin hatte ich alles im Voraus bezahlt. Mark und Melissa sollten mir die Auslagen in regelmäßigen Abständen zurückzahlen. Aber Mark machte keinerlei Anstalten, seine Schulden freiwillig zurückzuzahlen. 
    Das irritierte mich, vor allem weil er den größten Teil seines Reisebudgets ohnehin von mir geliehen hatte. Er hinterfragte meine Liste wie ein schockierter Hotelgast eine gewaltige Rechnung von der Hotelbar. Die Liste reichte drei Wochen zurück. Mark wählte einen Posten ziemlich am Anfang. „Also erstens hatte ich keine zwei Eier, als wir in Lima gehalten haben. Und wie kommt es, dass das Essen in Arequipa fünf Soles  gekostet haben soll. Was soll ich denn da gegessen haben, was fünf Soles gekostet

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