Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika (German Edition)
Hälfte von allem gekauft, was wir brauchten. Es war das billigste Zeug von der schlechtesten Qualität.
„Mit dem gehe ich nie mehr einkaufen“, sagte Melissa, als Mark außer Hörweite war. „Der hat keine Ahnung, wie viel Essen wir für eine Woche in den Bergen brauchen werden. Und wenn wir was kaufen wollten, war ihm immer alles zu teuer.“
Dann fiel uns ein, dass Mark sich für diesen Abend mit Jenny im La Luna verabredet hatte. Eingezwängt in eine enganliegende weiße Bluse und eine ebenso enge Jeans erwartete sie uns an der Bar. Ich fragte mich, wie lange sie gebrauch hatte, um sich hineinzuzwängen – es konnte nicht einfach gewesen sein. Ihr Haar war im spanischen Stil nach hinten gebunden und wurde von einem roten Haarreifen aus Samt zurückgehalten, der zu ihrem grellen Lippenstift passte. Wichtiger noch – sie hatte frisches Koks dabei. Wir unterbrachen unseren Streit lange genug, um uns heimlich ein paar Nasen davon zu genehmigen. Dann fiel Mark ein, dass er kein Geld hatte. „Dann musst du jetzt los, um welches zu besorgen“, sagte ich. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich dir kein Bargeld mehr vorstrecke.“ Mark starrte mich an.
„Wo soll ich so spät noch jemanden finden, der mir Geld wechseln kann?“ „Daran hättest du früher denken müssen.“ Jenny wirkte verwirrt, sagte aber, dass sie einen Freund hätte, der in einem Hotel arbeiten würde und um diese Zeit Geld wechseln könnte. Als wir hinkamen, war der Freund nicht im Dienst. „Macht nichts“, sagte Jenny. „Ich habe noch einen Freund in einem anderen Hotel, der Geld wechseln kann.“ Wir klärten das ab. Jenny ging hinein, um mit ihm zu sprechen. Als sie herauskam, schüttelte sie den Kopf. Sie dachte eine Minute über die Situation nach. „Macht nichts. Ich habe einen Freund, der im Casino arbeitet. Ich glaube, er kann Geld wechseln.“ Der Freund im Kasino konnte es auch nicht machen. Melissa und ich beschlossen, ins Hotel zurück zu gehen. Ich erinnerte Mark daran, dass wir am nächsten Morgen um sechs Uhr früh aufbrechen wollten. „Keine Sorge, ich werde schon da sein“, knurrte er. Unser Wecker klingelte um 5.30 am nächsten Morgen. In unserem fensterlosen Loch war das der einzige Hinweis darauf, dass es Morgen war. Ich zog mich an und hämmerte gegen Marks Tür, aber er war nicht in seinem Zimmer. Um Punkt sechs Uhr Morgens stieg er die Treppe hinauf und marschierte den Korridor entlang auf uns zu. „Ich hab euch doch gesagt, dass ich da sein würde“, sagte er.
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An der Bushaltestelle
Im Reiseführer stand, wir müssten in El Alto den Bus nach Plaza 16 de Julio nehmen (von wo andere Busse nach Milluni fuhren), aber wir wussten nicht, welchen Bus – oder wo er abfuhr. In Bolivien ist eine „Bushaltestelle“ ohnehin eher eine Idee als ein physikalisches Objekt. Also führte ich Mark und Melissa den Prado hinunter, befragte einige Passanten und erzielte ein Mehrheitsurteil darüber, wo unser Bus ungefähr halten könnte.
Wir stellten unsere Rucksäcke auf den Gehsteig und begannen, die Busse zu begutachten, die zu Dutzenden vorbeifuhren. Eine Stunde verging. Melissa langweilte sich und ging weg. Mark lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Wand und schlief ein. Wieder einmal war es an mir, die Probleme zu lösen. Busse fuhren vorbei, die Leute hingen aus Türen und Fenstern. Eine Stunde verging, dann sah ich ihn. „Julio“, hatte jemand auf einen Pappkarton-Fetzen hinter der Windschutzscheibe gekritzelt. Ich rief Mark, der grunzte und langsam aufstand. Und Melissa … wo war Melissa? Der Bus hielt. „ Si, si “, sagte der Junge, der die Fahrkarten verkaufte. „Das ist der 16 Julio Bus.“
Ich sah Melissa, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Schaufenster betrachtete. „Schnell, schnell, Señor, steigen Sie ein“, drängte der Junge. Ich rief Melissa, aber sie war zu weit weg, um mich zu hören. Der Bus fuhr ab. Mark grinste mich an und schlief wieder ein. Als Melissa zurückkam, ließ ich meinen Frust an ihr aus. „Melissa, du dumme Kuh, wie sollen wir einen Bus erwischen, wenn du 500 Meter weit weg bist?“ Ich fühlte mich wie eine Mama, die zwei Kinder zum Einkaufen mitschleppt.
Melissa richtete sich an mich. „Du“, schrie sie, „bist ein Kontroll-Freak. Weiß du das? Alles muss sich nach dir richten. Du denkst immer, dass du das Sagen hast. Leck mich.“ Melissa ließ sich nicht gern anmotzen. „Du mich auch“, entgegnete ich. „OK, Melissa,
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