Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika
und -Stühlen ausgestattet. Er war mit einem Poster von einem mexikanischen Sänger dekoriert, der seinerseits mit einem kompletten Mariachi- Outfit, einem enormen Sombrero und einem ebenso übergroßen Schnurrbart ausgestattet war. Neben ihm gab es einen unscharfen Schnappschuss einer Blondine ohne Oberteil aus den siebziger Jahren und ein Gemälde des Letzten Abendmahls.
Während wir aßen, bemerkten wir ein Latino-Mädchen am Nebentisch, das uns anstarrte. Vielleicht hatte sie zwei Männer und eine Frau gezählt und vermutete, dass einer von uns solo war. Sie war Mitte 20, trug unmöglich enge Jeans und ein ebenso enges T-Shirt, war etwas übergewichtig und mehr als etwas übermäßig geschminkt, mit langem schwarzem Haar und dunklen LatinoAugen. Sie war nicht gerade wunderschön, aber sie hatte eine gewisse sexuelle Präsenz. Vielleicht hatten wir auch zu viele Campe sinas gesehen – mit den Körpern von Rugby-Stürmern und Haut so zäh wie die von alternden Bullen.
Das Mädchen lehnte sich nach vorn und fragte, ob einer von uns ihr Essen wollte, das sie kaum berührt hatte. Sie hatte eine tiefe, rauchige Stimme, wie Marlene Dietrich auf Spanisch. Sie sagte, ihr Name sei Jenny. Sie war gerade erst mit einem furchtbaren Kater aufgewacht und konnte noch kein Essen vertragen.
Es war sieben Uhr abends. Mark würde nie etwas Kostenloses ablehnen. Er verschlang ihren Teller gebratenen Fisch; wir beschlossen, in einer Bar namens La Luna, die sie kannte, einen Drink zu nehmen. Dort begannen die Schwierigkeiten. Als wir in Richtung Bar schnauften, drückte Jenny Mark ein kleines Päckchen in die Hand.
„Ein Geschenk“, sagte sie. Kokain, vielleicht drei Gramm. Die Art von Geschenk, die Mark zu schätzen wusste.
La Luna war ein trendiger Ort, mit sanfter orangener Beleuchtung, Schwarz-Weiß-Fotos alter Filmstars an den Wänden und Kerzen in Weinflaschen auf den Tischen. Es war eine Pariser Rive Gauche Bohème-Atmosphäre. Die Drinks waren teuer, es war noch früh am Abend und der Ort war verlassen. Mark ging aufs Klo. Er kam nicht mehr heraus. Ich folgte ihm. „Du willst wohl etwas von meinem Koks, was?“, schnaubte er.
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Bolivianisches Marschpuder
Es war Zeit für ein paar Nasen Kokain. Bolivien verdient wahrscheinlich mehr am Kokain als an allen seinen legalen Exporten zusammen. Obwohl Kolumbien die „Kokain-Hauptstadt“ der Welt ist, wird ein großer Teil des Kokains in den östlichen Dschungelgebieten von Bolivien und Peru angebaut und durch das Amazonasgebiet nach Kolumbien geschmuggelt, wo es verarbeitet und per Schiff oder Flugzeug in die Vereinigten Staaten verschickt wird.
Koka wird in den Anden seit 4000 Jahren angebaut. Zunächst hatten die Spanier versucht, es zu verbieten, weil es in religiösen Ritualen zum Einsatz kam. Nachdem man gesehen hatte, dass die Indianer mit Kokain härter arbeiteten, stieg die katholische Kirche selbst in das Drogengeschäft ein. Bald kontrollierte sie das Geschäft mit dem Stoff, den sie einst als „Phantom des Teufels“ bezeichnet hatte.
1859 wurde der aktive Inhaltsstoff, Kokain, isoliert und vom Westen entdeckt. (Natürlich war es auch der besondere Inhaltsstoff, der bis 1906 Coca Cola das Leben erweckte. 23 )
---23 Tatsächlich verwendet man für Coca Cola immer noch kleine Mengen Coca-Blätter, um den Coca-Geschmacksstoff zu extrahieren, nachdem man das Kokain und andere Alkaloide ausgelaugt hat. (Quelle: Clawson, P. und Lee, R. W. The Andes Cocaine Industry )
Aber aus der Sicht Boliviens ist die Coca-Pflanze ein typisches Exportprodukt, insofern Bolivien das Rohmaterial liefert, während Händler im Westen den größten Profit machen. 24
---24 Neun von zehn Dollar, die für Kokain ausgegeben werden, bleiben in den USA (Quelle: Latin American Newsletters.) Gleichzeitig schätzt die US-Regierung, dass ihre Bevölkerung jährlich 49 Milliarden Dollar für illegale Drogen ausgibt (Latin America Press, 7. März 1996): Boliviens offizielles BIP betrug 1992 nur 6,7 Milliarden Dollar.
Trotzdem – die Pflanze wächst auf nährstoffarmem Boden, hält bis zu 20 Jahre, erlaubt bis zu vier Ernten pro Jahr und hat ungefähr den zehnfachen Wert dessen, was andere Feldfrüchte einbringen. Heute ist rund ein Drittel aller Bolivianer von der Kokainindustrie abhängig.
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Wer klopft da an der Tür ?
Das La Luna war ruhig, also kauften wir ein paar Flaschen Bier und gingen in unser Hotelzimmer zurück, um mit dem Koks weiterzumachen. Ungefähr um
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