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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
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Variation zum üblichen Action/Gewalt-Thema fand er einen Film mit dem Ex-Boxer Marvelous Marvin Hagler. (Er hatte den Beinamen Marvelous – mit einem „L“ – offiziell als Namen eintragen lassen.) Hagler war ein großartiger Boxer, aber als Schauspieler war er – nun ja – so hölzern wie Frank Bruno als Boxer. Er spielte einen US Marine namens Sergeant Stone, der irgendwie am Amazonas gestrandet war. Hier bringt er einem Stamm friedlicher Indianer bei, wie man einen bösen Geschäftsmann bekämpft, der eine Straße durch ihren Dschungel baut und sie als Sklaven einsetzt. Hagler erzählt den Indianern von Spartakus, verprügelt den bösen Geschäftsmann in einer Schlammpfütze und rettet den Regenwald. Wenn man die Hollywood-Ausschmückungen und die lächerliche Figur des Hagler abzieht (sowie vorläufig auch das Happy End), erzählt der Film genau das, was am Amazonas geschieht. Ich fragte mich, was die anderen Passagiere darüber dachten – von denen viele echte Amazonas-Indianer waren. Melissa fragte sich, wie die indianischen Frauen so gut geschminkt bleiben konnten. Mark war der Meinung, die Mädchen hätten oben ohne sein sollen. Ich nickte ein und schlief unruhig. Die Dämmerung entbarg eine verwandelte Welt.
    Wir waren nur rund hundert Kilometer gefahren, aber wie bei der Reise an die Küste war der Kontrast zum gemäßigten Hochland extrem. Die klamme Morgenluft war erfüllt vom Kreischen der Vögel und dem Zirpen der Grillen. Die süße, klebrige Atmosphäre umfing uns; die Luft war schwer von der Feuchtigkeit. Neben der Straße waren die Bäume gerodet worden; ein paar dürre Rinder grasten im hohen, unebenen Gras. Kleine hölzerne Baracken balancierten auf Stelzen mit Wäscheleinen quer über den Balkonen und bunten Blumen rings herum.
    Wir kamen an Teenagern vorbei, die auf Fahrrädern mit verbeulten Rädern und geflickten Reifen fuhren. Frauen in blumigen Kleidern; Männer in Shorts, T-Shirts und Gummistiefeln; Kinder, die barfuß Hüpfspiele machten. Nach dem steilen Abstieg in der Nacht verlief die Straße nun eben. Hier gab es nur noch ein paar sanfte Hügel. Von deren Gipfeln wurde die lebendige grüne Weite des Amazonasgebietes sichtbar, die die kleinen Baracken und Felder neben der Straße winzig erscheinen ließ.
    Obwohl in den vergangenen Jahren ein großer Teil zerstört worden ist (niemand weiß es genau, aber ein Fünftel könnte hinkommen), ist der Wald immer noch unglaublich riesig. Er erstreckt sich von hier 2000 Meilen weit bis an den Atlantik. Mit einer Fläche von 3,7 Millionen Quadratkilometern ist er größer als Westeuropa, aber die einzigen größeren Städte sind Iquitos in Peru und Manaus und Belém in Brasilien. Davon abgesehen lag die nächste große Stadt in unserer Richtung in Westafrika, auf der anderen Seite des Erdballs.
    Der Fluss selbst ist ebenso beeindruckend. Bei sechseinhalb tausend Kilometern Länge enthält sein System rund ein Fünftel der Frischwasserreserven der Welt und entwässert einen Einzugsbereich von über fünf Millionen Quadratkilometern. Der Amazonas entleert pro Tag mehr Wasser ins Meer als die Themse in einem ganzen Jahr.
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Lago Agrio
    In Lago Agrio stiegen wir in einen anderen Bus um. Die Busstation war nicht mehr als ein schlammiger Hof, während die Straßen draußen vom nächtlichen Regen teilweise überflutet waren. Plastik und Papier sowie faulendes Obst und Gemüse trieben in den Pfützen. Schlammbespritzte Pickup-Trucks und verbeulte Busse bespritzten die kaputten Gehsteige mit braunem Wasser. Die Gebäude wirkten hastig konstruiert: Es waren funktionale Betonblocks. Der Stadt fehlte jegliche Schönheit, aber in der Kühle des frühen Morgens glich sie das durch Lebendigkeit aus. Menschen trugen Säcke, fuhren Fahrrad-Rikschas und öffneten Läden. Jungen in Shorts und mit nacktem Oberkörper kickten leere Plastikflaschen gegen vergitterte Läden. Man sah Mestizos und schwarze Jugendliche von der Küste, Siedler vom Hochland sowie Cofan-, Siecoya- und Quechua-Indianer aus dem Dschungel.
    Die Stadt heißt offiziell Nueva Loja, aber jeder nennt sie Lago Agrio (saurer See) nach einer Öl-Stadt in Texas. Das erklärt, worum es in Lago Agrio geht: Sie dient ausschließlich als Basis für die Erdölsuche im ecuadorianischen Amazonasgebiet, vor allem durch amerikanische Firmen.
    Vor der Entdeckung des Öls im Jahre 1967 war diese Region reiner Urwald gewesen. Heute ist Lago Agrio eine der am schnellsten wachsenden Städte

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