Der groesste Teil der Welt
bei Gras. Du beschließt, nein, Drew verarscht keinen. Drew hat eine Mission - im vergangenen Herbst war er einer der Unentwegten, die auf dem Washington Square Flugblätter verteilt und Studierende für die Wahlen registriert haben. Seit er und Sasha zusammen sind, hilfst du ihm manchmal - vor allem bei den Sportfreaks, weil du weißt, wie man mit denen redet. Coach Freeman, alias dein Alter, nennt Typen wie Drew »Waldläufer«. Sie sind Einzelgänger, sagt dein Alter - Skifahrer, Holzfäller -, keine Teamspieler. Aber du weißt alles über Teams, du kannst mit Teamleuten reden (nur Sasha weiß, dass du dir die nyu ausgesucht hast, weil die seit dreißig Jahren kein Footballteam mehr hat). An deinem besten Tag hast du zwölf Teamspieler für die Demokraten registriert, was Drew, als du ihm die Unterlagen gabst, zu dem Ausruf veranlasste: »Mensch, Rob, du hast echt ein Händchen dafür!« Aber du hast dich niemals selbst registrieren lassen, das war es ja gerade, und je länger du gewartet hast, umso mehr hast du dich geschämt. Und dann war es zu spät. Nicht einmal Sasha, die all deine Geheimnisse kennt, hat eine Ahnung davon, dass du niemals deine Stimme für Bill Clinton abgegeben hast.
Drew beugt sich hinüber und verpasst Sasha einen feuchten Kuss, und du siehst, dass das Dope ihn geil macht, denn dir geht es auch so - deine Zähne tun davon weh, und das wird nur aufhören, wenn du jemandem eine reinhaust oder wenn dir eine reingehauen wird. Auf der Highschool hast du Prügeleien vom Zaun gebrochen, wenn das passiert ist, aber jetzt will niemand mit dir kämpfen - die Tatsache, dass du dir vor drei Monaten mit einem Dosenöffner die Handgelenke aufgeschlitzt hast und fast verblutet wärst, scheint abschreckend zu wirken, wie ein Kraftfeld, das alle lähmt, die sich dir mit einem ermutigenden Lächeln auf den Lippen nähern. Du würdest gern einen Spiegel hochhalten und fragen: Und wie genau soll dieses Lächeln mir wohl helfen?
»Kein Mensch raucht Dope und wird Präsident, Drew«, sagst du. »So weit wird es niemals kommen.«
»Ich bin noch im Stadium jugendlicher Experimente«, sagt er mit einem Ernst, der bei jedem, der nicht aus Wisconsin stammt, lächerlich wirken würde. »Außerdem«, sagt er, »wer soll es ihnen schon verraten?«
»Ich«, sagst du.
»Ich liebe dich auch, Rob«, sagt Drew lachend. Wer hat behauptet, dass ich dich liebe?, hättest du fast gefragt.
Drew hebt Sashas Haare auf und zwirbelt sie zusammen. Er küsst ihren Hals. Du stehst auf und kochst vor Wut. Die Wohnung von Bix und Lizzie ist winzig, wie eine Puppenstube, voller Pflanzen und Pflanzengeruch (nass und grün), denn Lizzie liebt Pflanzen. Die Wände sind bedeckt mit Bix’ Sammlung von Plakaten, die das Jüngste Gericht zeigen - nackte babyhafte Menschen werden in Gut und Schlecht geschieden, die Guten steigen zu grünen Weiden und goldenem Licht auf, die Schlechten verschwinden im Rachen von Monstern. Das Fenster steht weit offen, und du kletterst hinaus auf die Feuerleiter. Die Märzkälte lässt deine Nebenhöhlen kribbeln.
Und schon steht Sasha bei dir auf der Feuerleiter. »Was machst du denn hier?«, fragt sie.
»Keine Ahnung«, sagst du. »Frische Luft.« Du fragst dich, wie lange du wohl in Sätzen aus zwei Wörtern reden kannst. »Schön heute.«
Auf der anderen Seite der East Seventh Street haben zwei alte Damen gefaltete Badetücher auf ihre Fensterbänke gelegt und stützen ihre Ellbogen darauf, während sie die Straße unter sich beobachten. »Schau mal«, sagst du und zeigst hinüber. »Zwei Spioninnen.«
»Das macht mich nervös, Bobby«, sagt Sasha. »Wenn du hier draußen stehst.« Sie ist die Einzige, die dich so nennen darf, bis zu deinem zehnten Geburtstag warst du »Bobby«, aber deinem Alten zufolge ist es danach ein Mädchenname.
»Wieso denn?«, fragst du. »Zweiter Stock. Gebrochener Arm. Gebrochenes Bein. Schlimmer nicht.«
»Bitte, komm rein.«
»Abregen, Sash.« Du lässt dich auf der Metallleiter nieder, die zu den Fenstern des dritten Stocks hochführt.
»Partyauswanderer hier draußen?« Drew zwängt sich durch das Wohnzimmerfenster hinaus auf die Feuerleiter und beugt sich über das Geländer, um auf die Straße hinunterzuschauen. Aus der Wohnung hörst du, wie Lizzie ans Telefon geht - »Hallo, Mom!« - und dabei versucht, das Dope aus ihrer Stimme zu pusten. Ihre Eltern sind aus Texas zu Besuch, und deswegen muss Bix, der schwarz ist, die Nächte in dem elektrotechnischen Labor
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