Der Große Basar: Roman
finden, der deine Meinung teilt.«
»Das stört mich nicht«, versetzte Arlen und sah Abban fest in die Augen. »Entweder du beschaffst mir die Karte, oder ich nehme Dravazis Keramiken mit nach Hause und verkaufe die Waren, die ich für meine Auftraggeber im Norden hier veräußern soll, an die anderen Händler im Basar.«
Abban starrte eine Weile zurück, und Arlen konnte beinahe die Kugeln des Abakus im Kopf seines Freundes klicken hören, als der sich die Höhe seines Verlustes ausrechnete, sollte Arlen seine Drohung wahrmachen. Nur wenige Kuriere waren bereit, sich den Gefahren der Krasianischen Wüste und der Bedrohung
durch ihre Bewohner auszusetzen. Arlen kam dreimal häufiger als die anderen Kuriere in den Wüstenspeer, und er beherrschte die krasianische Sprache gut genug, um überall im Basar seine Geschäfte tätigen zu können.
»Na schön, Par’chin «, lenkte Abban schließlich ein. »Aber für alles, was aus dieser Angelegenheit entsteht, musst du den Kopf hinhalten. Ich weiß von gar nichts. Und auf gar keinen Fall werde ich mit Artefakten aus Anochs Sonne Handel treiben.«
Arlen war verblüfft, denn bisher kannte er Abban als einen Mann, der sich keine Chance auf Profit entgehen ließ.
Ein Narr ist jemand, der es besser weiß und sich trotzdem nicht davon abhalten lässt, eine Torheit zu begehen, hörte er die Stimme seines Vaters in seinem Kopf.
Arlen verdrängte jeden Gedanken daran, dass Jeph Recht haben könnte. Der Lockruf der verlorenen Stadt übte eine unwiderstehliche Wirkung auf ihn aus, und er fand, dieses Abenteuer sei jedes Risiko wert.
»Ich werde niemandem ein Sterbenswörtchen von unserer Abmachung verraten«, gelobte er.
»Noch heute lasse ich meinem Neffen eine Nachricht zukommen«, überlegte Abban. »Jeden Abend findet sich ein rangniederer dama bei mir ein, um Couzi abzuholen, und als Gegenleistung überbringt er dem Jungen Botschaften. In seiner morgigen Antwort wird Jamere uns mitteilen, wie lange er braucht, um die gewünschten Texte zu kopieren, und wo und wann wir uns mit
ihm für die Übergabe treffen. Du musst mich begleiten, Par’chin , denn eine Karte, auf der die Lage von Anochs Sonne verzeichnet ist, schmuggle ich nicht in mein Zelt.«
Arlen nickte. »Mir soll alles recht sein, mein Freund. Von mir bekommst du jede Hilfe, die du brauchst.«
»Ich hoffe, du meinst, was du sagst, Par’chin «, entgegnete Abban.
»Wir müssen diese Sachen hier anziehen«, erklärte Abban und hielt schwarze dal’Sharum -Gewänder in die Höhe. Verdutzt starrte Arlen ihn an. Obwohl er manchmal zusammen mit den dal’Sharum im Labyrinth kämpfte, erlaubte man ihm nicht, die schwarze Tracht anzulegen, während Abban …
»Was passiert, wenn man uns in diesem Aufzug erwischt?«, wollte er wissen.
Abban stärkte sich mit einem großen Schluck Couzi direkt aus der Flasche, die er gleich darauf an Arlen weiterreichte. »Das sollten wir uns lieber nicht ausmalen«, erwiderte er. »Die Übergabe findet bei Nacht statt, und in der Dunkelheit fallen wir in diesen Gewändern nicht so auf. Selbst wenn man uns sieht, bieten die Nachtschleier eine zusätzliche Tarnung, solange wir vor jedem davonlaufen, der uns entdeckt.«
Arlen blickte skeptisch auf Abbans lahmes Bein, verkniff sich jedoch jeden Kommentar. »Wir gehen nachts
nach draußen?«, fragte er. »Verbietet das nicht euer Evejanisches Gesetz?«
»Was an diesem von Nie ausgeheckten Plan ist nicht verboten, Par’chin ?«, schnauzte Abban, schnappte sich die Couziflasche und trank. »Die Stadt ist durch Siegel gut geschützt. Seit Menschengedenken hat man auf den Straßen von Krasia keinen Horcling mehr gesehen.«
Arlen zuckte die Achseln. »Und wenn schon. Mir wäre das ohnehin egal.«
»Das dachte ich mir«, grummelte Abban und gönnte sich den nächsten Schluck Couzi. »Der Par’chin fürchtet sich vor nichts.«
Sie warteten bis zum Sonnenuntergang, dann schlüpften sie in die schwarze Kriegerkluft. Arlen bewunderte sich in einem von Abbans vielen Spiegeln, und zu seiner Überraschung entdeckte er, dass er mit ein wenig Schminke um die Augen und dem hochgezogenen Nachtschleier wie ein typischer krasianischer Krieger aussah, nur dass die echten Krasianer ihn um ein paar Zoll überragten.
Abban hingegen hielt keiner näheren Betrachtung stand. Er war groß gewachsen wie ein Krieger, aber ohne seine Krücke musste er sich schwer auf den Speer stützen, und mit dem vorgewölbten Bauch, über den sich die Kleidung spannte,
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