Der Große Basar: Roman
verwickeln, aber die Tochter des Barons zeigte ihm die kalte Schulter und beobachtete die lebhafte Diskussion mit traurigen Augen.
Schließlich gab der Baron einen Grunzer von sich und widmete sich wieder Arlen. »Wir schicken bald eine Karawane nach Miln, du kannst also den Karren hierlassen und auf deinem Pferd den Berg hinunterreiten. Außer einer Handvoll Briefe brauchst du auf dem Rückweg nichts mitzunehmen.«
Arlen nickte, und bald wurde eine üppige Mahlzeit serviert. Der Baron und seine Frau stellten ihm eine Frage nach der anderen, erkundigten sich, was es in Miln an Neuigkeiten gäbe, und pflichtgetreu schilderte Arlen alles Wichtige, das in der großen Stadt vor sich ging, gewürzt mit diversen Gerüchten, die er im Gildehaus der Kuriere aufgeschnappt hatte. Anscheinend gierten Adlige, die gezwungenermaßen fernab vom Hof lebten, hauptsächlich nach Klatsch und Tratsch. Stasy beteiligte sich nicht an der Unterhaltung, sondern saß still und mit gesenktem Blick da.
Plötzlich trat ein Wachmann an ihren Tisch, in den Händen eine mit Kreide vollgekritzelte Schiefertafel und das Ladungsverzeichnis. »Ein Donnerstock fehlt.« Er schielte Arlen misstrauisch an.
»Blödsinn!«, widersprach Schneyder. »Zählt nochmal nach.«
»Wir haben bereits zweimal gezählt«, betonte der Mann.
Der Baron runzelte die Stirn, und sein Blick huschte kurz zu Arlen hin. Sein Lächeln wirkte gekünstelt. »Dann zählt ihr sie eben noch ein drittes Mal«, befahl er dem Wachmann.
Arlen räusperte sich. »Nein, er hat Recht. Der fehlende Donnerstock liegt vorn, versteckt unter dem Kutschbock. Ich habe ihn benutzt, um die Banditen einzuschüchtern, damit sie mir den Weg freigaben.« Er versuchte sich einzureden, dass er vergessen hatte, den Donnerstock in die Kiste zurückzulegen, aber tief in seinem Inneren wusste er, dass er ihn mit Absicht unter dem Sitz gelassen und gehofft hatte, dass niemandem auffallen würde, dass die Füllung einer Kiste unvollständig war.
Alle Augen hefteten sich schockiert auf ihn. Sogar Stasy blickte hoch. Arlen berichtete hastig von seiner Begegnung mit den Banditen, ohne jedoch Sandar zu erwähnen.
Trotzdem klappte Baron Schneyder vor Verblüffung die Kinnlade herunter. »Du hast die Kerle verscheucht, indem du mit einem Donnerstock herumgefuchtelt und damit geblufft hast, du würdest ihn zur Explosion bringen?«
Arlen lächelte. »Ich habe nicht gesagt, dass es ein Bluff war.«
Schneyder lachte dröhnend und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob das das Tapferste oder das Dümmste ist, was ich je gehört habe! Wenn sich das tatsächlich so zugetragen hat, dann hast du mehr Mut als ein Felsendämon.«
»Es heißt nicht umsonst, jeder Mann, der Kurier wird, ist ein ganzer Kerl«, schnurrte die Baronin und maß Arlen mit einem Blick, der ihn erschauern ließ. »Aber woher wussten die Banditen von der Fuhre? Nur Mutter Cera und ich kannten das exakte Datum.«
»Und Sandar«, ergänzte Arlen, »der sich kurz bevor es losgehen sollte angeblich ein Bein brach.«
»Das ist eine schwere Anschuldigung, Kurier«, meinte Schneyder, dessen Stimme einen gefährlichen Unterton annahm. »Hast du einen Beweis dafür?«
Arlen war sich darüber im Klaren, dass von seinen nächsten Worten unter Umständen Sandars Leben abhing. Er zuckte die Achseln. »Ich beschuldige niemanden. Ich sage nur, wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich mir einen neuen Kurier suchen.«
»Woher sollen wir wissen, ob du nicht nur versuchst, diese Tour an dich zu reißen?«, mischte sich die Baronin ein.
»Ich bin nur ein Lehrling«, stellte Arlen fest. »Die Gilde würde mir diese Route ohnehin nicht anvertrauen.«
»Pah!« Die Baronin winkte verächtlich ab. »Das könnten wir mit einem Federstrich ändern, was du sehr wohl weißt. Wenn du die Wahrheit sagst, stehen wir tief in deiner Schuld.«
Arlen nickte. »Ich weiß Euer Lob zu schätzen, Mylady, aber ehe ich mich mit einer regulären Tour zufriedengebe, möchte ich noch ein bisschen von der Welt sehen.«
Die Baronin schnalzte mit der Zunge. »Alle jungen Kuriere werden von der Abenteuerlust angetrieben, aber
eines Tages wirst du nicht mehr so abgeneigt sein, eine beständige Arbeit auf einer vertrauten Route zu übernehmen.«
Nach dem Essen standen der Baron und die Baronin auf. Auch Arlen sprang hastig auf die Füße, und Stasy erhob sich mit matten Bewegungen, in den Augen immer noch dieser leere, abwesende Blick.
»Du wirst uns entschuldigen«, wandte
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