Der Große Basar: Roman
Blut quoll aus den Wunden und spritzte über sein Gesicht.
Doch in diesem Moment, als Arlen fest davon überzeugt war, sterben zu müssen, fiel sein Blick auf den ungeschützten Bauch des Dämons, der glatt war wie frisch gefallener Schnee, und er erkannte seine Chance. Er tauchte die Finger seiner freien Hand in sein eigenes Blut, streckte den Arm aus und zeichnete mit groben Strichen ein Hitzesiegel auf den Bauch des Horclings.
Sofort flammte das Siegel auf, greller und kräftiger als jedes Hitzesiegel, das er in der Station gesehen hatte. Diese Siegel wurden lediglich von der zurückprallenden Energie aufgeladen, sein blutiges Siegel hingegen zapfte direkt die dunkle Magie des Horclings an. Arlen merkte, wie sein Gesicht von der ausstrahlenden Hitze brannte.
Der Dämon kreischte und ließ von ihm ab, und Arlen stieß ihn zur Seite. Als er auf dem Rücken landete, sah Arlen, dass sein Blutsiegel die weißen Schuppen geschwärzt hatte; plötzlich schoss eine Flamme daraus hervor, die den Dämon verbrannte, als hätte man ihn der prallen Sonne ausgesetzt. Keuchend hockte Arlen im Schnee, blutend und verletzt, aber er lebte und sah zu, wie der wild zuckende Dämon im Feuer verendete.
So schnell er konnte, stapfte er zum Lagerplatz zurück und stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als er sich endlich wieder in der Sicherheit seiner Bannzirkel befand. Er brauchte ein Stemmeisen, um einige Teile seiner Rüstung abzuschälen, aber ihm blieb gar keine andere Wahl, da das verbogene Metall ihm an manchen Stellen das Blut abschnürte und an anderen schmerzhaft in seine Haut schnitt. Er zündete das Brennholz an, das er in weiser Voraussicht bereits aufgeschichtet hatte. Den Rest der Nacht verbrachte er zusammengekauert vor dem Feuer und bemühte sich, das taube Gefühl in seinem Arm zu vertreiben, während er seine Wunden nähte.
Langsam kehrten die Empfindungen zurück, doch danach wurde er fast verrückt vor Schmerzen, die sich
anfühlten, als hätte er schwerste Verbrennungen erlitten. Aber trotz allem lag ein Dauerlächeln auf seinem Gesicht. Den Horcling, dem er den Garaus machen wollte, hatte er nicht erwischt, dafür hatte er einen anderen getötet, und er kannte niemanden, dem eine solche Tat bisher gelungen war. Arlen begrüßte seine Schmerzen, denn sie bedeuteten, dass er noch am Leben war, obwohl es an ein Wunder grenzte.
Am nächsten Morgen führte Arlen Morgenröte den steilen Weg hinunter; er wollte zu Fuß gehen, um seinen Blutkreislauf anzuregen. Es war schon spät, als er hinter sich einen Ruf hörte.
»Kurier!«
Arlen drehte sich um und sah Derek, der rannte, was das Zeug hielt, um ihn einzuholen. Er blieb stehen, und bald erreichte ihn der Stationshüter, der stolpernd zu ihm aufschloss. Arlen packte ihn mit seinem unverletzten Arm und sorgte dafür, dass er sich an Morgenrötes Sattel festhielt. Dereks Gesicht war hochrot, er rang schwer nach Luft, und das Auge, an dem Arlen ihn erwischt hatte, war blau und zugeschwollen.
»Nanu, du bist aber sehr weit weg von der Station«, meinte Arlen, nachdem der Mann halbwegs wieder zu Atem gekommen war.
»Auf dem ganzen Berg konnte man die Explosion der Donnerstöcke und den Abgang der Lawine hören«,
japste Derek. »Da habe ich mir meine Skier geschnappt und bin los, um nach dir zu suchen.«
»Warum?«, wollte Arlen wissen.
Derek zuckte die Achseln. »Ich dachte, entweder du bist tot, dann sollte ich versuchen, deine Leiche heim zu deiner Mutter zu schicken, oder du hast überlebt und brauchst vielleicht Hilfe. Ich mag dich nicht besonders, Kurier, aber eine anständige Behandlung verdient jeder.«
»Den Ort, an dem die Lawine abging, müsstest du vor rund sechs Stunden erreicht haben«, vermutete Arlen. »Dort musst du meine Spuren gesehen und daraus geschlossen haben, dass mir nichts passiert ist. Warum bist du nicht umgekehrt?«
Derek blickte verlegen auf seine Füße. »Ich wusste, dass du Recht hast, als du mir gestern vorgeworfen hast, ich würde mich nicht um die Meinen kümmern. Wahrscheinlich hat mich das so wütend gemacht. Und als ich dann die Überreste des Dämons sah, den du getötet hast, war das für mich wie ein Tritt in den Arsch. Ich weiß selbst nicht, was plötzlich über mich kam, aber ich rannte einfach nur weiter, solange ich noch die Nerven dazu hatte. Ich schätze, die Leute in der Karawane werden glauben, ich sei tot, aber sie müssen trotzdem Stasy aus Brayans Gold herausschaffen, ehe ihr Bauch anschwillt.
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