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Der Große Basar: Roman

Titel: Der Große Basar: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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glücklich, sie endlich gedruckt zu sehen.

Die Szene

    Als Arlen noch ein Junge war, spielte er immer bis kurz vor Einbruch der Abenddämmerung draußen, ehe er auf die Rufe seiner Mutter hörte und ins Haus lief. Für ihn gab es nichts Schlimmeres, als jede Nacht drinnen eingesperrt zu sein, und er war fest entschlossen, keine Minute Tageslicht zu verschenken.
    Wenn er frühmorgens aufstand, war es noch dunkel, und vor dem ersten Hahnenschrei trat er über die Schwelle des Bauernhofs, in dem er und seine Eltern wohnten; gerade als die ersten Sonnenstrahlen die Hügelkuppen berührten, den sich rötenden Horizont erhellten und die Schatten für einen weiteren Tag verscheuchten. Seine Mutter verlangte von ihm, dass er danach bis hundert zählte, ehe er sich aus dem Haus wagte, aber er wollte einfach nicht gehorchen.
    Unter freiem Himmel lockte das Abenteuer, aber Arlen wusste, dass seine Pflichten vorgingen. Es waren stets dieselben. Er schnappte sich den mit Stoff ausgekleideten Weidenkorb, der an seinem üblichen Platz direkt neben der Tür stand, rannte zum Hühnerstall und
sammelte ungeachtet des empörten Gegackers der Hennen die Eier ein, wobei er so geschickt mit ihnen umging, als handele es sich um die bunten Bälle eines Jongleurs.
    Danach flitzte er ins Haus zurück, stellte den Korb mit den Eiern dort ab, wo seine Mutter ihn finden musste, und war im nächsten Moment wieder draußen. Noch bevor sein Vater seine Latzhose überstreifen und seine Mutter ihr Nachthemd gegen ein Tageskleid austauschen konnte, hockte Arlen schon auf einem Schemel unter der ersten Kuh, die es zu melken galt. Die vollen Milcheimer ließ er einfach stehen und stürzte sich auf seine übrigen Pflichten, während sein Vater in aller Ruhe frühstückte. Das Brunnenhaus, der Vorratsschuppen für das Rauchfleisch, das Räucherhaus und das Silo wurden hastig inspiziert, als sei er ein Windstoß, der durch das Anwesen fegte.
    Dieses allmorgendliche Ritual hatte etwas Tröstliches an sich. Es stärkte seine innere Verbundenheit mit dem Land, eine Bindung, die jede Nacht gekappt wurde, wenn seine Mutter die Türen verbarrikadierte und sein Vater die Schutzsiegel an den Fenstern prüfte.
    Er ließ die Tiere aus der Scheune, und mit leichten Rutenschlägen trieb er die Schweine in ihren Tagespferch und die Schafe auf die Weide. Die Schweine und das Pferd versorgte er mit Futter, um die Schafe brauchte er sich kaum zu kümmern. Selbst ohne die Hütehunde würden sie nicht hinter die durch Siegelpfosten abgesteckte Linie wandern, denn die Grasnabe dahinter war verbrannt und zerstört.
    Doch es gab noch andere Aufgaben, denen er sich zwar nicht so häufig stellen musste, die ihm aber auch keinen Trost spenden konnten. Hin und wieder kam es vor, dass sich in der Abenddämmerung irgendein Tier nicht an dem Ort befand, an dem es hätte sein müssen, und dann war es verloren. Am nächsten Morgen fand er dann den in Stücke gerissenen Kadaver, den er hinter dem Abort vergrub.
    All diese Arbeiten hatte Arlen schon tausendmal erledigt, und er ging so fleißig und geschickt vor, dass er normalerweise sämtliche seiner Pflichten schon im Laufe des Vormittags erfüllt hatte. Um die Zeit hielt sich sein Vater weit draußen auf den Feldern auf und kontrollierte die Siegelpfosten, also ging er ins Haus zurück, um sich das übliche Frühstück einzuverleiben - Hafergrütze, Eier und Speck -, das seine Mutter für ihn warm gehalten hatte. Er schlang alles hinunter, ohne sich eine Pause zum Atemholen zu gönnen. Mit einem großen Schluck Milch spülte er nach, dann sprang er schon wieder von seinem Stuhl hoch.
    Seine Mutter hielt ihn fest, wie immer. Im Haus gab es dauernd etwas für ihn zu tun, und diese Arbeiten hasste er am meisten. Aber da half kein Sträuben, und durch Lamentieren wurde der Kasten mit Feuerholz nicht voll, der Boden fegte sich nicht von selbst, und jemand musste ja die Bannzeichner-Ausrüstung mit neuen Holzkohlestiften ergänzen. »Von nichts kommt nichts«, pflegte seine Mutter ihn zu ermahnen.
    Gegen Mittag hatte er dann endlich etwas freie Zeit für sich. Ehe sein Vater von den Feldern zurückkam und
ihm weitere Pflichten auferlegen konnte, nahm Arlen sich eilig etwas Brot und Käse und sauste los, um sein Mittagsmahl zu verzehren. Genau wie beim Frühstück schmeckte er kaum, was er aß. Essen betrachtete er als Nahrungsaufnahme, und nichts weiter.
    Wie weit komme ich heute?, fragte er sich stets, während er seinen Proviant

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