Der große Bio-Schmaeh
»Österreichs Bio-Pionier« bekannt und wird manchmal auch als »Bio-Papst« bezeichnet: Werner Lampert. Inmitten der für die Kameras in Szene gesetzten und romantisch aufgepeppten Backstube versucht er sich als Bäcker und legt selbst Hand an den Teig, um diesen zu Brotlaiben zu formen. Doch es will nicht gelingen. Der Teig bleibt erbarmungslos an den Händen des Pioniers kleben, wofür er sich beileibe nicht zu schämen braucht. Es würde vermutlich uns allen so ergehen. Also führt uns dann doch lieber der engagierte junge Bäcker vor, wie bei
Zurück zum Ursprung
gebacken wird: Der Arbeitstisch wird bemehlt und die Brote werden Stück für Stück von Hand geformt. Aus einem Jutebeutel bestreut sie der Bäcker anschließend mit Mehl. Ruhe und Besonnenheit dominieren hier die Bäckerkunst. Doch Sendezeit ist teuer: Schon im nächsten Augenblick erhält der Bio TM -Pionier Lampert einen mehligen, aber freundschaftlichen Schlag des Bäckers auf die Schulter und teilt seine Werbebotschaft direkt aus der schummrigen Backstube dem allabendlichen Millionenpublikum mit. Seinen »Ursprungsbäckern«, so heißt es, erlaube er nur eines, nämlich »traditionelles Handwerk«. Mit diesem Versprechen endet der Werbespot zu bester Sendezeit.
»… nur traditionelles Handwerk.«
(Originalton aus der Werbung für Bio-Brot von Zurück zum Ursprung, Hofer)
Dieser TV-Spot wurde schließlich unter dem Titel »Brot backen wie früher einmal« auch im Internet über Youtube von
Zurück zum Ursprung
veröffentlicht. 9 Als überzeugter Bio-Konsument war ich von dem Versprechen des traditionellen Bäckerhandwerks beeindruckt und auch die einprägsamen Bilder aus der romantisch beleuchteten Backstube weckten Zuneigung in mir. Hand aufs Herz: Wer isst schon gerne Industriebrot, das hergestellt wird wie Schuhkartons?
Noch am selben Tag, an dem ich den Werbespot zum ersten Mal sah, machte ich mich auf den Weg in eine der zahlreichen Wiener Filialen von Hofer. Und dort nahmen meine Erkundungen des österreichischen Bio-Massenmarktes sowie die wahre Geschichte, die ich Ihnen in diesem Buch erzähle, ihren Anfang.
Hofer kehrt »zurück zum Ursprung« – auch bei Bio-Brot
Lokalaugenschein bei Hofer in Wien. Ich schlängelte mich zwischen einzelnen in der Halle stehenden Regalen hindurch, vollgestopft mit Discount-Keksen, ließ das überaus günstige Discount-Gemüse links hinter mir liegen und steuerte direkt auf das Brotregal zu. Dort wühlte ich mich durch einen Berg von Discount-Gebäck, wobei ich lautes Knistern und Rascheln erzeugte. Es war das Plastik, in das die Ware eingeschweißt war. Endlich! Inmitten der Unmengen an Brot und Semmeln erspähte ich das einprägsame Logo von
Zurück zum Ursprung
. Es befand sich neben unzähligen anderen Siegeln, Zeichen und Symbolen. Ein Etikett versicherte mir, dass ich meinen ökologischen Fußabdruck – trotz herkömmlicher Plastikverpackung – maßgeblich verkleinern konnte, indem ich dieses Brot kaufte. Als ich mir das Sammelsurium an eingeschweißten Backwaren ansah, die wild durcheinandergewürfelt vor mir lagen, kam aber dennoch keine richtige Bio-Brotstimmung auf. Ich gab mir zwar Mühe, die romantischen Szenen aus der Werbung in mein Gedächtnis zu rufen – die Hingabe, mit welcher der Bäcker den Teig formte, und das urtümliche Ambiente der Backstube –, aber es half nichts. Ich hatte den Eindruck, dass sich dieses Bio-Brot in seiner Gesamterscheinung nicht wesentlich von dem konventionellen, also herkömmlichen Brot unterschied, das im selben Regal angeboten wurde. Verpackung, Form und Aufmachung wirkten auf mich wie aus ein und derselben Schmiede 10 . Auch die verschiedenen Bio-Backwaren – Semmeln, Weckerln, Brote – glichen einander wie ein Ei dem anderen. Ich ließ das Brot liegen und beschloss, mich als Lebensmitteldetektiv zu betätigen, so wie ich es schon in früheren Jahren praktiziert hatte. Ich wollte herausfinden, wo und wie diese Backwaren produziert wurden. Die erste Spur: »Kuchen Peter«. Der Name des Herstellers war auf der Verpackung des Brotes ausgewiesen. Mehr als die Hälfte aller lagernden Bio-Backwaren stammte aus dieser Bäckerei. Rückverfolgbarkeit ist ein wichtiges Schlagwort im Marketing von
Zurück zum Ursprung
. Ich nahm es mit der Rückverfolgung diesmal besonders wörtlich – wahrscheinlich wörtlicher, als es das Unternehmen selbst eigentlich gemeint hatte.
Lokalaugenschein beim »Ursprungsbäcker«
Bäckerinnen und Bäcker arbeiten bekanntlich
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