Der große Blowjob (German Edition)

aussieht, ob er eine pinke Lockenperücke trägt, sich das Gesicht weiß schminkt & eine rote Nase aufsetzt. Oder ist er sich darüber im Klaren, dass er in seinem Hipster-Look schon affig genug aussieht, um ein krankes Kind zum Lachen zu bringen? Genau da dringt Toms Stimme aus seinem Büro.
    «Eric!», schreit er. «Eric, du Mistkerl, komm rein, hau nicht wieder ab, ich muss mit dir reden, ehe mein Wagen kommt!» Tom ist unmittelbar dem Chairman der Agentur unterstellt, wie ich, und kann sich diesen Ton mir gegenüber erlauben. Ich gehe in sein Büro. Tom sitzt an seinem Schreibtisch, vor ihm türmt sich ein Berg leerer DVD -Hüllen, fast so imposant wie er selbst, und er ist echt imposant.
    «Yo, Arschloch», begrüße ich ihn, während ich die Tür hinter mir schließe, «was machst du hier, wieso lässt du dir nicht gerade die Nudel von einer tschechischen Nutte lutschen?» Das ist so der Umgangston, der zwischen Tom und mir herrscht: Als ich erfuhr, dass ich ihn im zweiten Quartal des nächsten Fiskaljahres entlassen muss, wollte ich die Kumpeltour zuerst etwas zurückfahren, aber dann entschied ich mich dagegen. «Mach die Tür zu», sagt er, obwohl ich das schon gemacht habe. Er wirft die Arbeitsproben- DVD einer Tricktechnik-Firma namens Phawg in den Papierkorb und nimmt die Kopfhörer ab. «Hast du was gesagt?»
    «Nein», sage ich. Aus seinem iPhone ist deutlich ein Live-Konzertmitschnitt von Rush zu hören; Rush ist Toms Lieblingsband. Er schaltet die sonderbare Musik aus und sieht mich an.
    «Nicht zu fassen, dass du sie gevögelt hast», sagt er.
    «Wen gevögelt, deine Frau?», sage ich. «Ha, ha, war nur Spaß, bevor du jetzt ins Grübeln kommst.»
    «Witzig», sagt er. «Ich rede von dieser sehr heißen Kleinen, die wir neu als Praktikantin haben.»
    «Also erstens, sie mag ja klug sein und lustig und alles, aber sie ist geisteskrank», kläre ich ihn auf, «du solltest also lieber die Finger von ihr lassen oder dir einen Grund überlegen, sie zu feuern, ehe ich das übernehme. Und zweitens, ich hatte keinen Sex mit ihr.»
    «Da erzählt sie aber ganz andere Sachen.»
    «Ach, Schwachsinn, die ist drogenabhängig», sage ich.
    «Du aber auch.»
    «Gute Reise wünsche ich, Saftsack», antworte ich, als ich die Tür öffne. Ehe ich hinausgehe, drehe ich mich noch einmal um und frage, was er mit all den DVD -Hüllen vorhat. Keine Ahnung, sagt er, er hatte bloß Lust, sie aufzuheben.
    «Bis dann also, in lala», fügt er noch hinzu, als ich mich wieder zum Gehen wende.
    «Was?»
    «Ich fliege von Prag aus direkt nach L. A., wegen dieser Glade-Sache. Um beim Casting für den Spot dabei zu sein.»
    «Cool», sage ich, «klingt geil, aber bei dem Dreh bin ich nicht dabei.»
    «Nein?», sagt er. «Ich dachte, du kommst.»
    «Warum sollte ich mit dem Mist meine Zeit vergeuden?», frage ich.
    «Weil der Account gefährdet ist», sagt er.
    «Nicht mein Problem.» Als ich schon draußen bin und die Tür schließen will, sagt er noch:
    «Übrigens, sie lädt gerade ein paar Spots auf den FTP -Server im Videoraum. Ich würd’s mal da versuchen. Falls du sie suchst, meine ich.»
    «Nein, ich suche sie nicht», lüge ich. «Ich will, dass sie noch heute hier rausfliegt.»
    «Gut», sagt er. «Wird erledigt.»
    Nachdem ich sein Büro verlassen habe, setze ich meinen Weg fort, den Flur hinunter, in dem ich noch nicht war, in der Hoffnung auf eine Zufallsbegegnung mit ihr, denn jetzt auch nur einen Fuß in den Videoraum zu setzen, wäre zu auffällig. Aber auch nach zwei vollen Runden durch den Flur ist sie mir noch nicht über den Weg gelaufen. Möglich, dass ich noch den ganzen Nachmittag hier herumgewandert wäre, doch da klingelt mein Handy, und es ist Seth Krallman, mein alter Freund, den ich hasse.
    «Was geht, Gangsta?», melde ich mich, während ich zurück in Richtung Aufzug gehe. «Warum hast du mich neulich Abend versetzt, Dog?» Seth Krallman, das ist eine seiner dümmsten Angewohnheiten, redet so, als wäre er aus dem Ghetto, dabei stammt er aus dem gar nicht ghettomäßigen Greenwich, Connecticut. Wenn ich mit ihm rede, benutze ich denselben Slang, einfach nur, um zu kaschieren, wie groß meine Abneigung gegen ihn ist. Seth Krallman ist für mich ein Hassobjekt, seitdem er keine Drogen mehr nimmt, als Yogalehrer arbeitet und sich Hanuman, Ganesha oder so ähnlich nennt. Nein, das stimmt nicht, ich habe ihn schon immer gehasst. Während unseres Studiums an der Brown University haben wir uns ein großes