Der große Blowjob (German Edition)
dich.»
«Ja, es ist verrückt», sagte ich. Und wurde dann stutzig. «Moment.»
«Was, Moment?», fragte sie.
«Moment, wieso ist es verrückt?»
«Weil es so ist», sagte sie. «Es ist einfach so. Ich kann dir jetzt nicht sagen, warum, aber es ist einfach so.» Ich nickte wortlos, und dann haben wir uns ins Bett gelegt, um zu schlafen. Jetzt aber ist es Morgen, und sie steht in Abschiedspose an der Tür, mit einer roten Schwellung an ihrem Auge, von der Straße herauf höre ich den Fahrservice hupen.
«Mein Wagen ist da», sagt sie. Wollen wir uns vielleicht mal zum Essen treffen, frage ich, oder ins Kino gehen, oder ins Theater? Sie hasst Theater, sagt sie, das sei so verlogen, und ich meine zu sehen, wie ihr auf einmal die Tränen kommen, zumindest in dem Auge, das nicht gerade dabei ist, zuzuschwellen.
«Vielleicht sollte ich das lieber nicht tun», sagt sie leise.
«Was solltest du lieber nicht tun?»
«Dir folgen. Ich bin dir gefolgt, Eric. Gestern Abend.»
«Du bist mir gefolgt? Wie meinst du das?»
Und dann beichtet sie, dass sie mir von der Vernissage zu der Party gefolgt ist. Weil ich auf ihre diversen SMS ja nicht reagiert hätte.
«Halt. Woher wusstest du, dass ich bei der Vernissage sein würde?»
«Aus deiner Mail», sagt sie. Eine Nanosekunde lang überlege ich tatsächlich, ob ich vielleicht die gesamte Kreativabteilung per Rundmail auf die Eröffnung von «Zeig uns deine Titten!» in der Rodney-Galerie aufmerksam gemacht habe (meine Rundmails landen regelmäßig auf dem Blog von AgencySpy, weil sie so witzig sind), aber das habe ich natürlich nicht getan.
«Aus meiner Mail? Welcher Mail?»
«Du solltest dein Passwort ändern», sagt sie und wendet dann den Blick ab, beschämt, wie mir scheint.
«Wovon redest du?»
«Ich trinke zu viel, wenn ich mit dir zusammen bin. Ich trinke zu viel, und ich rede zu viel, keine Ahnung, warum.»
«Dann trink nächstes Mal weniger, und rede weniger.»
«Der Fahrer wartet», erwidert sie nur.
«Ja, kann sein, ich meine, von mir aus», sage ich.
Eine irgendwie vernünftige Kommunikation findet nicht mehr statt, ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Also öffne ich ihr wortlos die Tür. Sie tritt in den Hausflur, dreht sich um und sieht mich an. Greift in ihre Fahrradkuriertasche von Freitag und holt etwas heraus: einen winzig kleinen Kaktus.
«Hier», sagt sie. «Für dich.»
«Was ist das?», frage ich. Sie sieht mich kurz zweifelnd an.
«Das ist ein Kaktus.»
«Ich mag keine Pflanzen», sage ich.
«Das ist keine Pflanze, sondern ein
Mammillaria
», sagt sie. «Kommt sogar ohne Wasser aus. Was er an Feuchtigkeit benötigt, bezieht er aus der Luft. Mit anderen Worten, er lebt völlig selbstgenügsam, ohne jede Nahrung von außen. Ist das nicht cool?»
Als sie weg ist, gehe ich ins Bad und schalte das Licht wieder an (sie hatte es ausgeschaltet), & dann stelle ich die Mini-Nicht-Pflanze auf die Arbeitsinsel in der Küche. Ich starre den kleinen Kaktus lange Zeit an und frage mich, ob sie von vornherein vorgehabt hatte, ihn mir zu schenken, warum sie damit bis zum Schluss gewartet hat, wie sie darauf kommt, mir ausgerechnet einen Kaktus zu schenken, was das bedeutet, falls es was bedeutet, und so weiter. Dann rufe ich bei meiner Assistentin an und hinterlasse eine Nachricht auf ihrer Mailbox, dass ich einen Notfall in der Familie hätte & heute nicht ins Büro komme. Ich schalte mein Telefon aus & verbringe den übrigen Tag & den größten Teil des Abends damit, entweder den Kaktus anzustarren, am Computer Halo zu spielen oder am ersten Satz meines Drehbuchs zu basteln.
Irgendwann kommt mir zu Bewusstsein, dass ich etwas essen sollte. Also klicke ich auf Speichern & schließe die Datei LetzteFassung.doc, gehe die Straße hoch zu Marlow & Sons, setze mich an den Tresen und bestelle das Brick Chicken. Ich sehe mir die übrigen Gäste an. Neben mir am Tresen unterhalten sich zwei junge Frauen darüber, ob Edelmetalle wie Gold und Silber heutzutage eine sinnvolle Geldanlage sind, weil sie auf realen Sachen basieren, nicht auf irrealen, & ich schiebe meinen Teller weg, ohne das Hähnchen oder den Ziegelstein auch nur angerührt zu haben, hinterlasse einen Hundert-Dollar-Schein auf dem Tresen und kehre über die Kent Avenue wieder in meine Wohnung zurück. Dort angekommen, rauche ich zwei Hüte Primo-Sinsemilla, nehme eine Ambien und dann eine Xanax und lege mich in meinen Sachen schlafen.
1.10
Im Wagen des Fahrservice, der mich am Morgen zur
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