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Der große Blowjob (German Edition)

Der große Blowjob (German Edition)

Titel: Der große Blowjob (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mattei
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zu haben?»
    «Wir müssen nicht darüber reden, wenn Sie nicht wollen», sagt er.
    «Worüber reden?»
    «Über das, was Sie getan haben. Was auch immer es ist.»
    «Aber ich habe nichts getan.»
    «Es ist eine reine Formsache», fährt er fort. «Nehmen wir mal an, Sie haben eine Tür eingetreten, oder Sie hatten einen Wutanfall und haben einen Stuhl aus dem Fenster geworfen. Oder Ihren Computer gegen die Wand geschmettert. Einen Kollegen angebrüllt, damit gedroht, jemanden umzubringen, Ihrem Chef ins Büro gekackt. Oder sonst irgendwas von dem, was so viele Menschen jeden Tag tun, die beruflich stark unter Stress stehen. Und gesetzt den Fall, eine übertrieben feinfühlige Person in Ihrem Arbeitsumfeld hat das intern an die Personalabteilung gemeldet, und Ihre Firma benötigt nun aus Versicherungsgründen eine Bescheinigung, dass Sie nicht irgendwie psychisch krank sind, dann werden Sie zu mir geschickt. Um Sie in Haftung nehmen zu können.»
    «Alles Fehlanzeige», sage ich. «Ich hatte keinen Wutausbruch oder so was.»
    «Nein?»
    «Nein. Ich bin ein sehr ruhiger Mensch, ich verliere eigentlich nie die Beherrschung.»
    «Tja, dann ist das hier vielleicht nur eine vorbeugende Maßnahme.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Vielleicht macht sich irgendwer Sorgen, dass Sie doch einmal die Beherrschung verlieren, irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt.»
    «Aber kann das nicht jedem mal passieren?», frage ich.
    Dr. Look zieht das kurz in Erwägung, nickt dann mit gespielter Ernsthaftigkeit, von der er nicht weiß, dass sie gespielt ist, vor sich hin. «Vermutlich schon, ja. Aber das geht mich eigentlich nichts an.» Dann streckt er mir zum Abschied die Hand entgegen. Ich stehe auch brav auf und schüttele ihm zum zweiten Mal die Hand. Dann werfe ich einen weiteren Blick auf das Formular.
    «Hier steht, dass ich dreimal bei Ihnen war, jeweils eine Stunde lang.»
    «Ganz recht, weil das den Anforderungen der Versicherung entspricht.»
    «Aber ich bin doch gerade mal seit fünf Minuten hier. Und Sie stellen meiner Firma drei volle Stunden in Rechnung, zu welchem Tarif, was ist Ihr Stundensatz?», frage ich, in vollem Bewusstsein, wie unhöflich das ist.
    «Vierhundertfünfzig», sagt er.
    «Sie wollen also von meiner Firma für die Einschätzung, dass ich geistig gesund bin, eintausenddreihundertfünfzig Dollar kassieren, ohne überhaupt mit mir gesprochen zu haben?», resümiere ich nochmals die bekannten Fakten, ein bisschen fassungslos.
    «Wäre es Ihnen lieber, dreimal hierherzukommen?», fragt er. «Wer hat denn dafür die Bandbreite heutzutage?» Ich sage nichts, stehe einfach nur da und sehe ihn an. Dann überfliege ich noch einmal das Formular. In all dem Fachchinesisch fällt mir die Klassifikationsnummer aus dem
Diagnostic and Statistical Manual
, kurz DSM , ins Auge, dem Handbuch psychischer Störungen, das Psychiater bei ihrer Arbeit benutzen: 310 . 44 . Ich kenne das DSM und weiß daher, wofür diese Nummer steht.
    «Bedeutet 310 . 44 nicht Borderline-Persönlichkeitsstörung?», frage ich. «Haben Sie nicht gesagt, ich wäre fit wie ein Turnschuh?»
    Er sieht mich kurz an, mit noch mehr gespielter Besorgnis als zuvor, und geht dann langsam zu einem Sessel hinüber, der aussieht, als hätte er ein Jahr lang draußen auf der Straße im Regen gestanden.
    «Nehmen Sie Platz», sagt er ruhig. «Damit wir anfangen können.»
    Ich setze mich wieder auf die Couch, die, wie mir jetzt auffällt, eine waschechte Behandlungscouch mit erhöhtem Kopfende ist, wie sie auch bei einem richtigen Psychiater stehen könnte. Darauf sehe ich mich noch einmal näher im Raum um und entdecke an einer der Wände tatsächlich ein gerahmtes Diplom. Ich versuche den Text zu entziffern.
    «Harvard», erklärt er. «Ich bin approbierter Psychiater mit einer Promotion in Verhaltenspsychologie.»
    «Wirklich», sage ich. «Das ist ja toll.»
    «Das hier ist nicht meine Hauptpraxis», sagt er, während ich mich umsehe. «Meine richtige Praxis ist in Downtown.»
    «Verstehe», sage ich.
    «Also, dann erzählen Sie mal, was vorgefallen ist.» Sein Tonfall ist ruhig und professionell, aber auch ein klein wenig gequält, als gäbe es da einen dunklen Punkt in seiner Vergangenheit, irgendeinen Vorfall, der, wenn er ans Tageslicht käme, seine Karriere mit einem Schlag zerstören könnte. Etwas, was ihn hierhergeführt hat, eine Vorgeschichte, die erst am Ende des zweiten Akts enthüllt wird, und das tröstet mich. Ich möchte mehr erfahren.
    «Na

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