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Der große Blowjob (German Edition)

Der große Blowjob (German Edition)

Titel: Der große Blowjob (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mattei
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ich mich gerade frage», sagt er, «wie haben Sie es als Zehnjähriger geschafft, eine pummelige Frau aus einem Unfallwagen zu ziehen und in Ihren Armen zu halten?»
    «Ich war ein ziemlich kräftiger Junge», sage ich. «Ich habe trainiert. Gewichte gestemmt.»
    «Na schön.» Er lehnt sich im Sessel vor. «Ich finde es interessant, dass Sie mir diese Geschichte erzählen.»
    «Sie sind doch Psychiater, oder? Gehört das nicht dazu, dass man Ihnen so was erzählt?»
    «Eine so offensichtlich unwahre Geschichte, meine ich.»
    «Ich wollte Sie bloß mal testen», sage ich.
    «Und das Mädchen, das Sie geschlagen haben», fährt er fort, «sie ist ziemlich attraktiv, haben Sie gesagt, ist das richtig?»
    «Warum fragen Sie?»
    «Warum fragen Sie, warum ich frage?»
    «Weil ich nicht verstehe, was ihre Attraktivität damit zu tun hat. Weil meine Mutter weniger attraktiv war? Ich bin verwirrt.»
    «Worüber?»
    «Über alles.»
    Es ist wieder lange still. Dann sagt er: «Vielleicht geben Sie sich die Schuld am Tod Ihrer Mutter, obwohl sie gar nichts damit zu tun hatten. Sie empfinden Schuldgefühle darüber, Ihre Freundin geschlagen zu haben, obwohl Sie sie gar nicht geschlagen haben. Und Sie empfinden Schuldgefühle darüber, Menschen in Ihrer Firma Leid zuzufügen, obwohl auch das eine Situation ist, die sich Ihrer Kontrolle entzieht.»
    «Woher wissen Sie das?», frage ich, obwohl ich mir die Antwort leicht zusammenreimen kann.
    «Ich glaube, für heute müssen wir Schluss machen», sagt er.
    «Aber ich dachte, mir steht eine ganze Stunde zu», erwidere ich. Der Typ beschiss einen ja wirklich nach Strich und Faden, völlig skrupellos. Nicht, dass ich das nicht auch tue.
    «Und anscheinend haben wir sogar überzogen», sagt er und zeigt auf die Uhr an der Wand. Ich verdrehe im Liegen den Kopf, kann aber von der Uhr nicht ablesen, wie spät es ist, weil sie keine Ziffern hat. Außerdem könnte von meiner Position aus eine Drei gut eine Sechs sein, oder eine Neun eine Zwölf. Also setze ich mich auf und konzentriere mich auf die Uhr mit den blöden hin- und herwackelnden Katzenaugen. Und er hat tatsächlich recht, denn irgendwie haben wir es geschafft, das Zeitlimit weit, weit zu überziehen, obwohl es auch sehr gut sein könnte, dass er zwischendurch, während ich mal nicht rübergeguckt habe, rasch aufgestanden ist und die Zeiger verstellt hat. Als ich aufstehe, reicht er mir noch seine Karte, auf der er, wie ich mit einem raschen Blick feststelle, den Termin unserer nächsten Sitzung vermerkt hat: morgen um vierzehn Uhr.
    Auf dem Weg zurück in die Agentur fällt mir auf, dass ich die Bescheinigung über meinen Geisteszustand auf seinem Schreibtisch liegengelassen habe. Entweder mein Versehen, oder er hat sie mir vielleicht bewusst nicht mitgegeben, jetzt, wo wir mit einer richtigen Therapie angefangen haben. Ich biege in die 53 rd ein und bestelle mir an einem Falafel-Stand ein Hähnchen-Schawarma. Ich sehe zu, wie der Proto-Sklave, der zu dem Stand gehört, zunächst ascheweißen Blattsalat und Tomatenscheiben in eine Pita-Teigtasche schaufelt, danach zerkleinertes, gebratenes, genetisch modifiziertes Hähnchenfleisch dazugibt und das Ganze zum Schluss mit reichlich dickflüssiger, fettiger weißer Soße begießt. Eigentlich will ich erst in meinem Büro essen, aber schon einen Block weiter bleibe ich stehen und ziehe mir das Schawarma an Ort und Stelle gierig rein. Es ist die erste feste Nahrung seit fast einer Woche, denke ich noch, vielleicht sollte ich nicht so hastig essen. Nachdem ich etwa die Hälfte verdrückt habe, schiebe ich mir den gesamten Rest komplett in den Mund und beobachte beim Kauen, wie dicke Tropfen heller Soße auf dem Pflaster vor mir landen. Danach wische ich mir das Kinn am Ärmel ab und gehe weiter in Richtung Agentur. Schon nach wenigen Schritten wird mir kotzübel. An der Ecke 49 th Street und 3 rd Avenue kommt alles in einem Schwall wieder raus. Wie konnte ich diesen Dreck bloß essen? Als das Dschihad-Hähnchen meinen Magen wieder restlos verlassen hat, richte ich mich auf und sehe mich kurz um, fast aufmerksamkeitsheischend: Hallo, Leute, alle mal hersehen! Bei der nächsten grünen Ampel gehe ich über die Straße, weiter in Richtung Agentur. Um das Bild abzurunden, hole ich mein Handy heraus und rufe seelenruhig einen Freund an, als wäre weiter nichts passiert. Ich drücke dazu einfach auf Wahlwiederholung, und es ist niemand anders dran als Mr. Magic persönlich, Seth Krallman,

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