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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Festlichkeiten in der Menschenstadt
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    Heimkehr durch die Luft von der Rathausturmgalerie
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    Die Grillen der Prinzessin
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    Auf dem Wege zwischen Nürnberg und Leipzig lief in früheren Zeiten die Straße an einer Stelle neben dem Rande eines dunklen Waldes hin, der weit in das Land hinein über die Berge sich fortzog. Mitten in diesem Dickicht bildeten Felsen ein tiefes grünes Tal, von fast undurchdringlichen Hecken umgrenzt, sodass weder Menschen noch große Tiere dort einzudringen vermochten. Hier lebte zu jener Zeit das lustige Volk der Wurzelmännchen. Das waren niedliche menschenähnliche Geschöpfchen, die größten vielleicht eine Spanne, die kleinsten einen kleinen Finger lang. Sie wohnten im Sommer in Mooslauben und unter hohen Farnkräutern, im Winter verkrochen sie sich zwischen Baumwurzeln, in Astlöcher und Felsspalten. Ihre Kleidung war fein und zierlich: Die Männchen trugen Moosröckchen und Mooshöschen, die Weiberchen Kleider von hübschen bunten Blumen, Blättern und Spinnengeweben, je nachdem es kalt oder warm war. Von Langeweile wussten sie nichts, immer hatten sie viel zu tun, mussten ihre Straßen in Ordnung halten, Vorräte sammeln und dergleichen mehr, auch trieben sie gern allerlei Kurzweil mit Klettern und Springen, stellten auf dem Bach, der durch ihr Land floss, große Wasserfahrten in Nussschalen an, jagten sich mit Grashüpfern und Maikäfern und führten nach dem Gesange der Vögel die zierlichsten Tänze auf; dazu verstanden sie die Sprache aller lebenden Wesen.
    Zwei Feste im Jahr machten den Wurzelmännchen besondere Freude. An gewissen Tagen des Frühlings und Herbstes zogen große Scharen munterer Gäste heran, die dann gastfreundlich bewirtet wurden und zum Dank dafür dem kleinen neugierigen Volk zu erzählen pflegten, wie es draußen in der Welt zuging.
    Diese Gäste waren niemand anders als die Tausende und Abertausende von Wandervögeln, die im Frühling aus dem Süden, im Herbst aus dem Norden daherkamen. – Da klapperten die Störche ihre Dorfgeschichten, die Zugschwalben zwitscherten Hausmärchen und die Nachtigallen brachten neue schöne Lieder mit; dann kamen auch wohl noch Wanderratten dazu und trugen Reisebeschreibungen vor, und Elstern und Krähen erzählten schauerliche Sagen. Auf diese Weise erhielt das Wurzelvolk fortwährende Kunde von der ganzen Welt. Allerdings erregten solche Erzählungen große Neugier, die Menschen kennenzulernen, doch immer hielt eine angeborene Scheu die kleinen Wesen ab, ihr friedliches Tal zu verlassen.
    Nun regierte einmal in jenem Volke ein guter lieber Wurzelkönig, der hatte eine sehr schöne Prinzessin zur Tochter. Diese aber war neugieriger als alle anderen Mädchen der Welt, ja sogar neugieriger als alle ihre kleinen Landsmänninnen. Der Wunsch, auch einmal die Menschen da draußen zu sehen, von denen sie so viel Wunderbares gehört hatte, war bei ihr gar mächtig geworden. Der gute König tat sein Möglichstes, ihr diesen Wunsch auszureden. Er stellte ihr die Menschen als grimmige, eigennützige Riesen vor. »Kein lebendes Geschöpf«, sagte er, »sei vor ihrer Herrschsucht sicher, der größte Elefant müsse ebensogut nach ihrem Willen tanzen wie der kleinste Floh.« – Das half aber nicht, seine Tochter hatte sich’s einmal in den Kopf gesetzt, eine Reise ins Land der Menschen zu versuchen. Weil nun dieser Gedanke sie immer schwermütiger und magerer machte, beschloss der König endlich, ihren Willen zu tun, in der festen Hoffnung, der eigene Anblick würde sie für immer abschrecken und von ihrer krankhaften Neugierde heilen.
    Sogleich wurde ein schönes neues Vogelnest ausgesucht, mit Federn und Moos gepolstert und darüber von Blättern ein schattiges Dach zum Schutz gegen die Sonne befestigt. Das bestieg der Wurzelkönig mit der Prinzessin. Auch vergaß man nicht, ein feines Mittagessen von saftigen Beeren, Honig und Blütenknospen hineinzulegen. Zwei Kraniche, die sich acht Tage vorher darauf eingeübt hatten, nahmen das Nest in ihren Schnabel, und im Fluge ging es durch die Luft geradewegs zur nächsten Hauptstadt der Menschen.
    In wenig Stunden schwebten die beiden Vögel mit dem Neste über den Häusern der Stadt. Mit leisem Fluge ließen sie sich aus der Luft herab und setzten die königliche Luftkutsche vorsichtig auf die Turmgalerie

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