Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
Fußvolk. Nun kamen Schaukelpferde, über und über mit Schachteln beladen, worin die Städte, Dörfer, Theater, Festungen, Küchen und dergleichen mehr, ebenso das Küchengeschirr und der Hausrat, hinter diesen die kleinen Lastwagen, die blechernen und hölzernen Kutschen, ganz mit Passagieren besetzt; dann Fußgänger aller Art, in allen Kleidertrachten von Adam bis auf unsere Zeiten. Ihnen folgten lange Herden von Tieren, groß und klein, alle aus den Noahkästen und Menagerien, die auf dem Frachtwagen gewesen waren, erst die zahmen, zuletzt die wilden, letztere umgeben von zinnernen Beduinen und Tscherkessen, welche aufpassen mussten, dass die kleinen brüllenden Bestien nicht sich selber oder andere unschuldige Wesen auffräßen. Und zwischen allen diesen Zügen sprangen die Hampelmänner, Harlekine und Ledermätze einher, machten ihre Possen und erhielten das ganze Volk auf dem langen und beschwerlichen Marsch fortwährend bei gutem Mute.
    Auch schwammen auf dem Wunderbache, an dessen Ufer sie hinzogen, ganze Flotten magnetischer Schiffe, dazwischen die blechernen Schwäne, Enten und Fische. Nun denke man sich diesen unabsehbar langen Zug in dem schönen grünen Walde, zwischen Maiglöckchen, Veilchen und Butterblumen, unter Lattichblättern, Brennnesseln und Farnkräutern bergauf und bergab marschierend, und alles das bei funkelndem Sonnenschein unter blauem Himmel, und dazu die Anstrengung und Mühe der kleinen Wichte, das Rädergeknarre, das Peitschengeknalle, das Kommandieren, Musizieren und Singen an guten Stellen, das Ach- und Wehgeschrei auf beschwerlichem Pfade, wie zierlich und lustig muss das ausgesehen haben! Da war’s wohl sehr natürlich, dass auf dem ganzen Wege, den der Zug machte, die Vögel aus den Sträuchern, die Käfer aus den Blumen, selbst die Regenwürmer und Schnecken aus der Erde neugierig herbeikamen, und dass diese alle doch einen großen Respekt bekamen vor dem König Nussknacker, der ein so blankes Volk beherrschte und sogar auf Reisen führte.
    Nach langer Mühe und unsäglichen Anstrengungen langte endlich die Kolonie, wie wir schon gelesen haben, bei der großen Nusswiese an.
Viertes Kapitel
    Nussknacker verlobt sich mit der Wurzelprinzessin und nimmt
    Besitz von der Nusswiese. – Die Vögel ziehen ab. – Was dadurch
    für Unheil gestiftet wird. – Hochzeit und Abschied
.
    Prinz Nussknacker und seine Begleiter wurden vom guten Wurzelkönig auf das Freundlichste empfangen. Die Prinzessin schwamm in Entzücken über die glänzende Erscheinung des schön lackierten hölzernen Fürsten, der in einer steifen, wohlgesetzten Rede seine Liebeserklärung und seine übrigen Wünsche ungemein anständig vortrug. Auch der König wurde so von seinen Worten gerührt, dass er ohne Weiteres ihm seine Tochter zur Frau und die ganze Nusswiese zur Aussteuer gab. Und als er nun gar seinen künftigen Schwiegersohn zärtlich umarmte, jauchzte ringsumher alles Volk, und alle die Tausende der Vögel stimmten mit Singen, Pfeifen und Klappern in das Vivatrufen und Jubelgeschrei ein. Darauf ward angeordnet, dass der ganze Zug des Puppenvolks vor den Augen des versammelten Wurzelvolks von seinem neuen Lande, der Nusswiese, Besitz nehmen sollte, was auch sogleich geschah.
    Wie es nun im Leben so oft zu geschehen pflegt, dass man liebe alte Bekannte über neuen Gästen vergisst und sogar verachtet, so ging es auch hier zu. Die Wandervögel, die früher mit der größten Aufmerksamkeit behandelt wurden, die noch eben bei der Verbindung beider Völkerschaften durch den schönsten Spektakel ihre Teilnahme gezeigt, mussten es im Laufe dieses Tages erleben, dass man ihnen den Rücken kehrte. Die neugierigen Wurzelmännchen drängten sie sogar von allen Seiten zurück und gaben ihnen nicht undeutlich zu verstehen, sie könnten nun fortfliegen und für immer wegbleiben.
    Empört über eine solche Behandlung, erhoben sich sämtliche Vögel wie mit einem Flügelschlage, schwebten noch einmal mit mächtigem Gebrause über den Köpfen der beiden Völker und verschwanden dann raschen Flugs in der blauen Luft.
    Oh Entsetzen! Was ereignete sich da! Der Flügelschlag dieser Tausende hatte einen solchen Luftzug hervorgebracht, dass fast keiner der neuen Ankömmlinge sich auf den Beinen erhalten konnte. Die Zinnsoldaten fielen reihenweise einer

Weitere Kostenlose Bücher