Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
liebster, bester Bär, ich war ja so müde! Ach verzeih mir noch einmal! Du hast ja ein so gutes Herz! Ach denk nur, die Schönste unter der Sonne stirbt vor Leidwesen, und du wirst doch nicht dulden können, dass ein so großes Unrecht geschehe und meine Brüder triumphieren!« – »Ach was, das ist gerechte Strafe«, sagte der Bär und tat, als ob er fortgehen wollte, aber er tat es doch nicht, und als Ferdinand wieder recht bat, ließ er sich erweichen, brachte ihm Speise und Trank und verpflegte ihn, sodass er in Zeit von vier Wochen wieder gesund wurde. Dann setzte sich Ferdinand auf seinen Rücken, und der Bär eilte fort mit ihm bis an das Schloss, wo Ferdinands Vater wohnte. Da setzte er ihn ab und sprach: »Nun geh hinein und sieh, wie du fertig wirst; ich rate dir nicht mehr.« Da ging Ferdinand hinein und fragte, ob kein Dienst frei sei? »Doch wohl«, sagte der Schlossmeister, »ich habe gestern meinen Stallknecht fortgeschickt, und dessen Stelle kannst du haben.« – »Gut«, sprach Ferdinand und ging mit ihm in den Stall, und da stand das schnellste Pferd und ließ den Kopf hängen und war ganz mager und hager, denn es hatte noch gar nichts fressen wollen. Als Ferdinand es sah, ging er zu ihm, streichelte es und sprach mit ihm. Aber kaum hörte das Tier seine Stimme, als es lustig sprang und fraß und ganz munter wurde. Das wunderte den Schlossmeister, und er ging zum König, der noch immer krank war, und erzählte es ihm. »Den Menschen muss ich sehen!«, sprach der König. Da führte der Schlossmeister den Prinzen zu ihm. Der König erkannte ihn nicht, weil Ferdinand so sehr bleich und abgezehrt aussah, aber er sprach zu ihm: »Da du das Pferd so schnell geheilt hast, kannst du auch den Vogel Phönix heilen, der dort im Bauer sitzt und nicht singen will, und die Schönste unter der Sonne, die am Fenster sitzt und nicht sprechen will. Wenn du das fertigbringst, dann bekommst du tausend Gulden.« Da ging Ferdinand zu dem Vogel Phönix und sagte: »Hänschen, sing mir ein Stückchen!« Und da fing der Vogel an so wunderschön zu singen, dass der König aus dem Bett sprang und ganz gesund war. Dann ging der Prinz auch zur Schönsten unter der Sonne und sprach: »Erzähle du dem König, wer ich bin und wer du bist.« Da fing die Schönste unter der Sonne an und erzählte alles, und als der König hörte, dass der Stallknecht sein jüngster Sohn sei, fiel er ihm um den Hals und da war seiner Freude kein Ende.
    Â»Jetzt sage mir auch, was mit deinen Brüdern geschehen soll?«, sprach der König. »Sie sollen aus dem Lande«, sprach Ferdinand. Da wurden sie alsbald des Landes verwiesen, aber Ferdinand hielt Hochzeit mit der Schönsten unter der Sonne und bekam das ganze Königreich.
    Nach einiger Zeit schenkte ihm seine Frau ein sehr schönes Söhnchen, und da fehlte ihm nichts mehr zu seinem Glück. Als er nun eines Tages mit ihr und dem Kinde am Fenster stand, da sahen sie in der Ferne den Bären kommen. Ferdinand hatte darüber große Freude, ging ihm bis in den Schlosshof entgegen und führte ihn herauf und ließ eine köstliche Mahlzeit anrichten. Der Bär aber sprach: »Das alles mundet mir nicht.« – »Sag nur, was du haben willst, und es wird gleich da sein«, sprach Ferdinand. »Willst du mir gewiss geben, was ich verlange?«, fragte der Bär, und das wurde ihm fest versprochen. »Gut«, sprach der Bär, »dann gib mir dein Kind, aber hau es mit deinem Schwert in zwei Teile, damit ich es besser verschlingen kann.« Da meinten Ferdinand und seine Frau, die Erde täte sich vor ihnen auf; sie fielen dem Bären zu Füßen und baten ihn, doch etwas anderes zu wünschen, aber der Bär blieb bei seinem Begehren. »Wenn du nicht anders willst, dann müssen wir wohl«, sprach Ferdinand, »denn wir sind dir zu viel Dank schuldig«, und seine Frau stimmte unter Tränen ein. Da holte er das Kind und legte es auf den Tisch, wandte die Augen ab und hob das Schwert; aber im selben Augenblick fiel dem Bären die Haut ab, und er stand als ein schöner Prinz da. »Jetzt bin ich erlöst«, sprach er, und da hatten sie alle erst rechte Freude, und um so mehr, je größer ihr Herzeleid gewesen war. Der Prinz blieb noch einige Tage bei ihnen, dann ging er nach Haus, verkaufte sein Königreich, kam bald

Weitere Kostenlose Bücher