Der große deutsche Märchenschatz
wiederkam und erzählte, für was er sein Geld ausgegeben hatte. Er verschwor sich, dass er ihn nie mehr auf den Handel schicken wolle; doch als ein Jahr herum war, hatte ihm seine Frau so zugeredet, dass er ihn doch noch einmal gehen lieÃ. Als er nun wieder hinübergefahren war und in die Stadt kam, da sah er einen groÃen, herrlichen Garten, darin war eine wunderschöne Dame eingesperrt. Er fragte sie, wie sie dahin komme, und sie erzählte ihm, wie sie auf dem Wasser gefangen und von einem reichen Türken gekauft worden sei; sie werde zwar recht gut gehalten, aber gefangen sei sie eben doch. Gleich lief er zu ihrem Herrn und sagte, er wolle die Dame kaufen, es koste, was es wolle. Da half anfangs kein Bitten und kein Lamentieren, endlich kam es aber doch so weit, dass er sie bekam, dafür musste er freilich sein Schiff verkaufen und alles hergeben, sodass er gerade genug übrig behielt, um mit seiner Frau auf einem anderen Schiff überzufahren. Sie kamen nach Haus, er getraute sich aber nicht, seinem Vater unter die Augen zu treten. Er mietete sich ein Zimmer bei einem Bekannten und lieà nur seiner Mutter heimlich sagen, er wäre da. Die Mutter war bald wieder gut und schickte den jungen Leuten Essen und Geld, und in einer guten Stunde trug sie auch ihrem Mann die Sache vor. Der aber wollte nichts mehr von seinem Sohne wissen. Da gab die junge Frau ihrem Mann zehn Gulden, er solle das und jenes dafür kaufen, hernach schloss sie sich mit den Sachen, die er geholt hatte, ein und sagte, jetzt müsse er sie acht Tage lang allein lassen. Als die acht Tage herum waren, hatte sie eine wunderschöne Schabracke gestickt, mit der schickte sie ihn auf den Markt, er dürfe sie aber nicht anders geben als für fünfhundert Gulden.
Als er auf dem Markte saÃ, blieb alles stehen und betrachtete die schöne Schabracke. Auch der alte Kaufmann kam, und die Stickerei gefiel ihm so gut, dass er seinem Sohn gleich sechshundert Gulden dafür bot; der aber sagte: »Willst du mich nicht, so sollst du auch die Schabracke nicht haben«, und da warâs auf immer vorbei mit der Freundschaft. Als er nun die Schabracke an einen anderen verkauft hatte, brachte er seiner Frau das Geld und erzählte ihr, wie es jetzt alles ab sei zwischen ihm und seinem Vater. Da musste er ihr für zwanzig Gulden Sachen holen und sie vierzehn Tage allein lassen. Als aber die Zeit herum war, sagte sie zu ihm: »War ich mit dir bei deinen Leuten, so gehe jetzt mit mir zu meinen Leuten.«
Sie mieteten sich auf ein Schiff ein, die junge Frau aber holte eine Fahne herbei, die sie in den vierzehn Tagen gemacht und worein sie gestickt hatte, wer sie war und wie es ihr gegangen. Die Fahne lieà sie oben an den Mast nageln, damit jeder gleich sehen könne, wer da komme.
Jetzt muss ich aber gestehen, dass sie eigentlich eine Königstochter war. Ihr Vater hatte drei wunderschöne Töchter gehabt, die waren ihm alle drei geraubt worden, und seit drei Jahren schon segelten des Königs Schiffe in der Welt umher und suchten. Solch ein Schiff kam nun herangeschwommen und sah die Fahne. Gleich war es da. Unter groÃem Vivatrufen stieg die Prinzessin mit ihrem Mann hinein, und rasch ging es fort nach Haus zu.
Die Befehlshaber des Schiffs waren aber drei groÃe Bösewichter, die hätten den Lohn für die Erlösung der Prinzessin viel lieber selber gehabt, und so wurden sie eins, dass sie, als es dunkel wurde, den jungen Kaufmann im Schlafe beim Kopf nahmen und hinunterwarfen in die See.
Der hatte aber kaum das Wasser berührt, so war ein kohlschwarzer Kerl neben ihm, der hielt ihn, dass er nicht sinken konnte, er glaubte, es wäre der Teufel. Gegen Morgen tat ihn der Schwarze wieder ins Schiff, und als seine Frau da saà und sich grämte, weil ihr die Bösewichter erzählt hatten, wie er aus Versehen über Bord gefallen sei, ging auf einmal die Tür auf, und er trat frisch und gesund herein. Die drei Mörder glaubten, er sei unbemerkt am Schiff wieder in die Höhe geklettert, und stellten sich, als wenn sie sich sehr über seine Rettung freuten. Sie bauten ihm nun eine Falle und lockten ihn darauf, dass er auf einmal durch ein Loch wieder in das Wasser hinabfiel, und diesmal kam er nicht wieder. Dann fuhren sie mit gutem Winde weiter und landeten daheim bei dem alten König. Der hatte eine gar zu groÃe Freude und fragte, wer denn seine Tochter erlöst habe?
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