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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Rinderhäute die schwere Menge.
    Auf dem Markte drängten sich die Leute und hatten wenig acht auf die Rinderhäute des Schulzen, des Vorstehers und des Geschworenen. Dann und wann trat ein Schuster oder Gerber an den Wagen, rupfte und zupfte an einer Haut und ging seines Weges. Als nach geraumer Zeit sich endlich ein Käufer einfand, machte der Schulze eine wichtige Miene und forderte so gewaltig viel Geld, dass der Käufer lachend davonging. Beim Vorsteher war der Handel nicht billiger, und der Geschworene war viel zu klug, um seine Ware den schlauen Stadtleuten zu schenken. Er hielt sie noch höher im Preise als der Vorsteher und der Schulze. Der Gerber, der beim Schulzen gelacht, beim Vorsteher verwundert den Kopf geschüttelt hatte, wurde beim Geschworenen verdrießlich und wollte sich nicht zum Narren halten lassen. Er schalt laut auf die dummen Bauern, und die dummen Bauern wollten das nicht auf sich sitzen lassen. Ein Wort gab das andre, von Worten kam es zu Püffen, dass darüber ein Gedränge entstand und gar ein Auflauf und Tumult daraus wurde, wobei dem Schulzen, dem Vorsteher und dem Geschworenen die Häute vom Wagen gerissen und hierhin und dorthin verschleudert wurden. So hatten sie viele Nehmer, aber keine Zahler gefunden und mussten noch froh sein, mit heiler Haut davonzukommen. Ärmer als sie hingefahren, fuhren sie wieder heim und schworen Einochs den Tod dafür, dass er sie so geäfft hatte.
    Einochs traute dem Handel nicht recht und dachte daher einen neuen Mutwillen aus. Er bestrich seine Frau mit dem Blute eines geschlachteten Schweins, legte sie in der Stube auf eine Bahre und bedeckte sie mit einem weißen Laken. Als der Schulze, der Vorsteher und der Geschworene in Einochs’ Haus stürmten, um Rache an ihm zu nehmen, erschraken sie vor der Frau auf der Totenbahre, und anstatt über Einochs herzufallen, fingen sie mit ihm zu klagen an, bis sie erfuhren, dass Einochs seiner Frau den Hals abgeschnitten habe. Da wurden sie wieder zornig und wollten dem Frevler an das Leben. Einochs aber hieß sie schweigen, zog eine Flöte von Weidenbast hervor und ging blasend dreimal um die Bahre. Dann gebot er der Hingestreckten, sich zu erheben, sich zu waschen und wieder einzutreten. Die Frau erhob sich über und über mit Blut bedeckt unter dem Tuche, ging hinaus, um sich zu säubern, und trat dann sauber und rein wieder in die Stube. Der Schulze, der Vorsteher und der Geschworene rissen die Augen sperrangelweit auf. Die Frau kam ihnen jünger und schöner vor als früher, und als Einochs ihnen sagte, das komme alles von der Wunderkraft seiner Flöte, deren Ton Tote erwecke und alte Weiber jung mache, baten sie ihn so lange, bis er ihnen die Flöte lieh. Der Schulze, als der vornehmste unter ihnen, bekam die Flöte zuerst. Alsbald ging er nach Hause, befahl seiner Frau, sich hinzustrecken, und als sie es lachend, weil sie nicht wusste, was ihr Mann vorhabe, getan hatte, zog er ein großes Messer hervor und schnitt ihr rasch die Kehle ab. Dann nahm er die Flöte, blies hinein und ging dreimal um die Leiche. Kaum vernahm der Vorsteher den Klang der Flöte, als er seine Frau gleichfalls tötete und dann eiligst zum Schulzen lief, um die Wunderflöte zu holen. Er ging um die Leiche seiner Frau und blies aus Leibeskräften, um sie wieder lebendig und jung zu machen. Als der Geschworne das hörte, machte er es mit seiner Frau, wie es der Schulze und der Vorsteher mit ihren Frauen gemacht hatten, holte die Flöte und blies mit vollen Backen darauf, aber vergebens; alle drei Frauen waren tot und blieben tot. Da wurden der Schulze, der Vorsteher und der Geschworne über die Maßen zornig auf Einochs und machten sich auf, um dem Mörder und Betrüger das Leben zu nehmen.
    Einochs hatte schon lange gewittert, dass die Luft nicht rein war, und wieder einen neuen Mutwillen ausgedacht. Er zog sein Pferd aus dem Stalle, stellte es mitten auf der Diele auf ein ausgebreitetes weißes Laken und füllte es hinten mit kleinen Silbermünzen von seinem Schatze. Als der Schulze, der Vorsteher und der Geschworene hereinstürmten, um Einochs zu töten, blieben sie wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Von dem Pferde fiel ein Stück Geld nach dem andern auf das Linnentuch. Einochs tat sehr verlegen, als er sich beim Aufsammeln des Geldes überrascht sah. Die drei fragten ihn, ob das ein Wunderpferd sei, und Einochs sprach, er

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