Der große deutsche Märchenschatz
â »So wirf schnell den Staublappen zurück!« Kaum war es geschehen, so entstand daraus ein groÃes, groÃes Wasser, das war so tief und gingen so hohe Wellen darauf, dass das Männlein nicht hinüber konnte und verdrieÃlich wieder nach Hause lief.
Friedrich ritt nun gemächlich weiter; und als er gegen Abend über einen Hügel kam, sah er auf einmal vor sich in der Ebene ausgebreitet eine prächtige Stadt, deren Türme glänzten weithin von den Strahlen der roten Abendsonne. Es war das aber die Stadt, wo der König Hof hielt. Nun stand nicht weit vom Wege ab ein groÃer hohler Eichbaum. Als den der Schimmel sah, sprach er: »Ich will hier in dem hohlen Baume bleiben; du aber geh hin an den königlichen Hof und verdinge dich als Küchenjunge; alle vierzehn Tage musst du aber kommen und mir ein Pfund Brot bringen.«
So blieb der Schimmel in der hohlen Eiche; Friedrich aber ging an den königlichen Hof und fragte den König, ob er nicht einen Küchenjungen gebrauchen könnte. »Du kommst mir recht«, sprach der König, »einen Küchenjungen habe ich gerade nötig. Aber was heiÃt denn das? Du hast ja deinen Kopf und deine Hände verbunden.« â »Mit Verlaub, Herr König! Ich habe einen bösen Grind.« Da sprach der König: »So kann ich dich nur unter der Bedingung in meine Dienste nehmen, dass du des Nachts bei dem Vieh im Stalle liegst.« Friedrich war damit zufrieden und wurde nun des Königs Küchenjunge; das Gesinde aber nannte ihn nicht anders als den Grindhans, darum, dass er Kopf und Hände stets verbunden trug.
Nach vierzehn Tagen ging er zu der hohlen Eiche und brachte dem Schimmel ein Pfund Brot. Da fragte der Schimmel: »Nun, Friedrich, wie gefällt dir dein Dienst?« â »Ach, schlecht«, entgegnete er, »sie schelten mich immer Grindhans, und dann muss ich auch bei dem Vieh im Stalle schlafen.« Sprach der Schimmel: »So geh hin zu dem Gärtner, der dicht neben des Königs Schlosse wohnt, bei dem verdinge dich als Gärtnerbursch. Hier, nimm diese drei Büchsen voll Samen, wenn du den ausstreust, so werden daraus die schönsten Blumen wachsen. Du darfst aber auch nicht vergessen, mir alle vierzehn Tage ein Pfund Brot zu bringen.«
Friedrich ging nun hin zu dem Gärtner und fragte, ob er nicht einen Burschen gebrauchen könnte. »Du kommst mir gerade recht«, sprach der Gärtner, »einen Burschen, wie du bist, habe ich schon lange gesucht. Aber warum hast du dir denn Kopf und Hände verbunden?« â »Mit Verlaub, Herr Gärtner, ich habe den Grind.« Sprach der Gärtner: »So kann ich dich nicht anders behalten, als wenn du im Gartenhause schlafen willst.« Friedrich war damit zufrieden; er streute den Samen ins Land, den ihm der Schimmel gegeben hatte, und bald wuchsen die schönsten Blumen hervor.
Eines Morgens, da er ganz allein im Garten arbeitete, fiel ihm ein: »Du hast nun so lange Zeit dein Haar nicht los gehabt, dass es wohl an der Zeit ist, es einmal zu kämmen.« Darum machte er das Tuch los, setzte sich an einen sonnigen Ort und lieà sich das Haar bestrahlen. Das war eine Pracht zu sehen, wie ihm da die langen goldenen Locken über die Schultern wallten und wie sie funkelten und blitzten wie lauter Gold in der Morgensonne. Nun lagen aber die Zimmer der königlichen Prinzessin nach dem Garten hin; in diesen widerstrahlte der Sonnenschein von Friedrichs Goldhaar und spielte an den Wänden, und als die Prinzessin das sah, öffnete sie das Fenster, zu schauen, woher der ungewohnte Glanz wohl kommen möchte; da sah sie, dass des Gärtners Bursche mit goldenen Händen seine goldenen Locken von der Sonne anstrahlen lieÃ, die schimmerten in so lichtem Scheine, dass die Prinzessin ihre Augen mit den Händen deckte. Der Bursche gefiel ihr aber so gut, dass sie sogleich ihre Dienerin zu dem Gärtner schickte, er möchte ihr doch von den schönen Blumen aus seinem Garten einen Strauà schicken, aber der Bursche solle ihn herbringen.
Als das Friedrich vernahm, pflückte er einen schönen StrauÃ, ging damit aufs Schloss und brachte ihn der Prinzessin; seinen Kopf wie auch seine Hände hatte er aber wieder mit Tüchern umwickelt, dass von dem Golde nichts zu sehen war. »Grober Schlingel!«, rief da die Prinzessin, »warum nimmst du die Mütze nicht ab? WeiÃt du nicht, vor wem du
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