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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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das mich zu ihm führen kann!« Da nahm sie das Mäuschen aus ihrem Busen und sprach: »Liebes Mäuschen, kannst du mir nicht helfen?«
    Das Mäuschen sprang sogleich auf das Bett, kroch dem Schlafenden in die Ohren und nagte die Stöpsel durch, aber der Junge schlief noch fest, denn der Schlaftrunk tat seine Wirkung, da biss das Mäuschen ihn in die Ohren, dass das Blut rann.
    Endlich schlug er die Augen auf und rief: »O weh, was ist das?« Zugleich sah er die unglückliche Gestalt vor seinem Bette. »Lieber Gemahl, wachst du endlich? Siehe, das ist die dritte Nacht, dass ich bei dir war!« und erzählte ihm nun ihre ganze Geschichte: »Ich bin dir gefolgt bis ans Ende der Welt, sieben Kleider und sieben Paar Schuhe habe ich zerrissen, erbarme dich doch meiner Not um des Kindes willen, das ich unter dem Herzen trage!« Da fiel ihr Gemahl ihr um den Hals und rief: »O du mein treues Weib, so war es kein Traumbild, das mir die beiden vergangenen Nächte während des Schlafes so lieblich vorschwebte, du bist es selbst, die ich so lange vermisst habe. Nun bin ich durch deine Treue vollends erlöst. Fahre wohl, du stolze Königstochter vom Weltende, dich brauche ich nicht, ich habe mein treues Weib wieder!«
    Darauf machten sie sich auf der Stelle fort und flohen aus der Königsburg ans Meer. Da war eben der Abendstern mit seinem Kahn und hatte einen Weltpilger herübergeschifft. Er nahm die beiden freundlich auf und führte sie hinüber. Es wurde gerade Tag, und die Sonne trat auf der anderen Seite der Welt ihre Arbeit an. Da sprach der Abendstern: »Bleibet in meiner Hütte den heißen Tag über, wenn die Sonne abends mit ihrem Wagen kommt, so wird sie euch dann mitnehmen.« Das taten sie auch, insbesondere die Königstochter, gern, denn sie hatte sich bisher ja keine Ruhe gegönnt.
    Als aber am Morgen die Königstochter da drüben auf der Insel das prachtvolle Sternenkleid angelegt hatte und zur Kirche gehen wollte, so fand man ihren Bräutigam nicht. Man sagte ihr aber, in der Nacht sei so und so ein Jüngling mit einer Bettlerin zum Meere geflohen, und beide seien vom Abendstern im Kahne hinübergeschifft worden. »Ha, die verwünschte Bettlerin und der falsche Abendstern!« Sie tobte und wütete noch lange fort, allein es half das alles nichts, denn über das Meer hinaus hatte sie keine Macht. Während aber die beiden Flüchtlinge in der Hütte des Abendsterns verweilten, so ging gerade das Jahr zu Ende seit ihrer Hochzeit, und die junge Frau gebar einen wunderschönen Knaben, der hatte ein Antlitz silberweiß wie der Mond und Locken von Gold wie die Sonne und Augen wie der Morgen- und Abendstern. Als die Sonne am Abend anlangte, so hatte sie große Freude über das glückliche Paar und das schöne Kind. Sie nahm sie willig in ihren Wagen auf und fuhr auf dem Nachtwege schnell zu ihrer Wohnung, wo sie am späten Abend anlangte.
    Hier war schon der Mond, der Aufträge von der Sonne erwartete. Er freute sich auch, als er die Glücklichen sah. Die Sonne befahl ihm, er solle die guten Leute bis zu seiner Wohnung mitnehmen und dann dem Winde auftragen, sie bis zu den Menschenwohnungen zu begleiten. Der Mond nahm sie alsbald auf sein Ross und ritt heim. Da war auch schon der Wind und wartete auf den Mond, um Befehle zu empfangen. Der Wind freute sich auch über alle Maßen, als er die Königstochter wiedersah und ihren Gemahl und das schöne Kind und insbesondere als er hörte, dass sein Mäuschen so gute Dienste getan. Der Mond sagte ihm, was er zu tun habe, und der Wind nahm die Glücklichen auf sein Ross und führte sie in einem fort bis in die Nähe der Menschenwohnungen. Da setzte er sie nieder, nahm herzlichen Abschied und ritt heim. Sie aber wanderten jetzt zu Fuße fort und trugen ihr Kind abwechselnd auf den Armen und waren selig. Endlich gelangten sie in das Königreich, wo der Vater der Königstochter herrschte. Es ist nicht zu beschreiben, welch ein großer Jubel im ganzen Lande entstand und wie alle Wege mit Blumen bestreut und alle Tore festlich geschmückt waren, als sie einzogen! Der alte König gab bald die Krone seinem Schwiegersohne, und dieser lebte mit seiner Gemahlin noch lange glücklich und zufrieden.

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