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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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und meinen Liebsten suchen.« – »Oh, mein Kind«, sagte der Vater, »das Ende der Welt ist gar weit, bis dahin kannst du nie und nimmer gelangen!« – »Ich muss hin, Vater, ich kann das hier so nicht aushalten!« Da gab man ihr sieben Kleider und sieben Paar Schuhe und einen Sack mit Brot auf den Weg, und als sie Abschied genommen, ging sie in einem fort, ohne zu ruhen und zu rasten, denn sie wollte keinen Augenblick verlieren. Endlich sah sie keine Menschenwohnungen mehr. Da ging sie noch schleuniger, denn sie dachte, das Ende der Welt müsse jetzt bald da sein. Aber es zeigte sich noch lange nicht.
    Endlich erblickte sie in weiter, weiter Ferne wieder ein einsames Häuschen. Sie eilte, wie sie nur konnte, darauf los, und als sie es erreicht hatte, kehrte sie ein. Es wohnte aber da der Wind. Sie fragte in bittendem Tone, ob es noch weit sei bis zum Ende der Welt.
    Der Wind sah gleich, dass es eine Unglückliche war, und sprach: »O mein gutes Kind, das kann ich dir nicht sagen. Aber siehe, schwinge dich hier auf mein Flügelross und reite zum Mond. Vielleicht kann der dir Auskunft geben. Wenn du da bist, so springe nur ab, dann kommt mein Ross schon allein zurück. Aber siehe, ich schenke dir ein Mäuschen, vielleicht kannst du es einmal brauchen!« Die Königstochter dankte dafür, setzte sich auf das Ross des Windes und flog fort zum Mond.
    Als dieser von Weitem die traurige Gestalt kommen sah, erbarmte er sich und dachte gleich: »Die drückt ein Unglück!«, und kam ihr freundlich entgegen. Sie sprang ab, und sogleich lief das Ross des Windes zurück. Sie trug nun ihre Bitte vor, aber der Mond wusste leider auch keine rechte Antwort. »Besteige«, sagte er, »mein Ross und reite zur Sonne, die wird gewiss das Ende der Welt kennen, da sie sehr weit gereist ist! Ich schenke dir aber hier eine silberne Nuss, verwahre sie wohl, sie wird dir einmal gute Dienste tun!« Sie dankte, setzte sich auf das Ross des Mondes und flog zur Sonne.
    Es war schon Abend, als sie hingelangte, und die liebe Sonne war von ihrer Tagesarbeit eben nach Hause gekommen. Die Königstochter grüßte wie eine Unglückliche und sprach: »Liebe Sonne, kannst du mir nicht sagen, wo und wie weit noch das Ende der Welt ist?« Da sah die liebe Sonne gleich, dass die Fremde ein schwerer Kummer drücke, und sprach mitleidig: »O mein armes Kind, das weiß ich wohl, aber das ist sehr weit! Wenn du bis morgen warten kannst, so will ich dich hinführen!« Aber die Königstochter bat so flehentlich und sprach, sie dürfe keinen Augenblick ruhen, bis sie hinkomme. Da sagte die Sonne: »Wenn das so ist, so will ich dir meinen Wagen und meine Rosse geben. Fahre nur hier auf der Nachtbahn fort, und meine Kinder, die Sterne, werden dir den rechten Weg zeigen! Wenn du beim Abendstern bist, so hast du nicht mehr weit zum Ziele, dann springe nur ab, und meine Rosse kommen mit dem Wagen schon zurück. Siehe, ich schenke dir eine goldene Nuss, vielleicht kannst du sie einmal brauchen!«
    Die Königstochter dankte freundlich der milden Frau, setzte sich auf den Sonnenwagen und fuhr in einem den Himmel entlang. Sie kam zuerst zum Morgenstern. Der kam gleich dienstfertig heran und zeigte der Königstochter den rechten Weg, und nun kam sie zu allen Sternen, die wir am Himmel sehen, und jeder war willfährig und behilflich.
    Endlich gelangte sie zum Abendstern. Dieser wohnte in einem einsamen Häuschen am Meere. Er war eben eingeschlafen und wunderte sich nicht wenig, als er den glänzenden Sonnenwagen sah, der doch vor Kurzem da gewesen. Sogleich sprang er aus dem Bett und ging hinaus. Da stieg eben die Königstochter aus dem Wagen, und alsbald flogen die Sonnenrosse auf dem Nachtwege zurück, damit die liebe Sonne am Morgen ihre Fahrt zur rechten Zeit antreten könne. Nun erzählte die Königstochter dem Abendstern ihre ganze Geschichte, und dieser war sehr gerührt und sprach: »Harre nur aus, du bist bald am Ziel! Siehst du dort in der Ferne jene Insel, da weilt dein Gemahl, und morgen gerade soll er mit der Tochter des Königs vom Weltende Hochzeit halten! Ich führe dich jetzt gleich hinüber, stelle dich dann nur als Bettlerin vor den Königspalast. Das aber bist du in Wahrheit, denn von der weiten Reise sind deine Schuhe und Kleider, wie ich sehe, abgerissen. Wenn dann am Morgen der Zug in die Kirche geht, so öffne nur die Nuss, die

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