Der große deutsche Märchenschatz
dass das Rautier von dem Heu fräÃe, und freute sich, wenn erâs auf der Weide vor seinem Hause erblickte, wo so hohes Gras und so schöne Blumen waren. Und das Mädchen war immer als ein Tier, wenn der Jäger zu Hause war; wenn er aber fortgegangen war, half es seiner Mutter in der Wirtschaft, wusch aus und fegte das ganze Haus so freudig und munter, denn es liebte den jungen Jäger und schaffte gern für ihn.
Einstmals ging der Jägersmann zur Hochzeit, und als er fort war, was meint ihr wohl, dass das Rautier tat? Es warf sein Büffelochsenfell ab und lief in dem silbernen Kleid so schnell als ein Vogel fliegt durch Dornen und Gestrüpp nach der Hochzeit. Da tanzte der Jägersmann den ganzen Abend mit ihr, plötzlich aber war die schöne Tänzerin verschwunden. Als er nach Hause kam, wartete ihm das Rautier, wie es zu tun pflegte, in seinem Büffelochsenfell schon wieder auf und schlief dann die Nacht unter seinem Bett.
Den anderen Abend ging der Jäger noch einmal zur Hochzeit, denn sie dauerte zwei Tage lang. Da kam das Rautierchen in seinem goldenen Kleid, und der Jäger tanzte wieder den ganzen Abend mit ihr und dann liefâs wieder durch Dornen und Gestrüpp auf dem nächsten Wege heim.
Als der Jäger nach Hause kam, kroch es schon wieder auf allen Vieren in der Stube herum in seinem Büffelochsenfell, brachte ihm die Pantoffeln und zog ihm die Stiefel aus. Dabei tat es einen Fehltritt, und weil es in der Eile heute das Büffelochsenfell noch nicht ordentlich befestigt hatte, so fiel ihm das vom Leibe, und das Mägdlein lag in der goldnen Kleidung da. Da hieà der Jäger es aufstehen, als einer schönen Jungfrau geziemt, und nicht mehr auf Vieren gehen, und lud am andern Tage alle die Hochzeitsgäste zu sich und freite sie.
Das goldene Salzfass, der goldene Haspel und der Tannenzweig
Es war einmal ein König, der wollte eine Reise machen und fragte seine drei Töchter, was er ihnen mitbringen solle. Die älteste sprach: »Bring mir ein goldenes Salzfass mit.« Die zweite sagte: »Mir, Vater, einen goldenen Haspel.« Und die jüngste: »Mir bring das mit, was dich auf dem Wege an den Kopf stöÃt.«
Danach reiste der König ab. Als er seine Reise fast vollendet hatte, ging er in eine Stadt und kaufte hier seinen beiden ältesten Töchtern das goldene Salzfass und den goldenen Haspel. An den Kopf aber hatte ihn noch nichts gestoÃen, und er dachte: »Was wird nun mein jüngstes Kind sagen, wenn ich ihm nichts mitbringe?«
Ehe der König jedoch nach seinem Schlosse kam, führte ihn sein Weg noch durch einen groÃen Wald. Als er mitten darin war, stieà ihn ein Tannenzweig an den Kopf. Den brach er ab und dachte: »Ich will ihn meiner jüngsten Tochter mitnehmen.« Da stand auf einmal ein Löwe neben ihm und sprach: »Gib mir deine jüngste Tochter.« â »Nein, die gebe ich dir nicht«, sagte der König. »So musst du sterben«, entgegnete der Löwe. Da versprach der König dem Löwen seine jüngste Tochter, und der sprach: »Setze dich auf meinen Schwanz.« Da setzte sich der König auf den Schwanz des Löwen, und so jagte der wie im Fluge dem Schlosse zu.
Aber der König war nun sehr betrübt über das Geschick seiner jüngsten Tochter, sann hin und her und lieà endlich des Kuhhirten Tochter holen, zog ihr schöne Kleider an und gab sie dem Löwen und sprach: »Hier, Löwe, hast du meine jüngste Tochter.« Da musste sich das Mädchen auf den Schwanz des Löwen setzen und so jagten sie fort. Als sie im Walde waren, sagte der Löwe: »Steig ab.« Nach einer Weile fragte der Löwe: »Nun sage mir, was es an der Zeit ist.« Das Mädchen sprach: »Es ist nun die Zeit, da mein Vater mit den Kühen in der Ruhe liegt.« Da merkte der Löwe, dass er betrogen war und sagte: »Du bist die Rechte nicht, setze dich auf meinen Schwanz.« Da setzte sich das Mädchen wieder auf den Schwanz des Löwen und jagte nach dem Schlosse. Er klopfte höflich an die Tür im Schlosse und sagte zum Könige: »Gib mir das rechte Kind.« Da schickte der König hin und lieà des Schweinehirten Tochter holen, zog ihr noch viele schöne Kleider an und sagte zum Löwen: »Nun hast du die Rechte.« â »Setze dich auf meinen Schwanz«, sprach der Löwe zu ihr und lief so dem Walde zu. Im Walde sagte
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