Der große deutsche Märchenschatz
wiewohl es schon Abend war, hatte er noch keinen Bissen genossen und konnte sich doch nicht hungrig zu Bett legen. Deshalb beschimpfte er den Bauern und die Bäuerin, der Bauer aber schnitt ihm sogleich die Ohren ab.
Da ging der Knecht Hans mit dem Gelde, das er für die Kühe erhalten hatte, aber ohne seinen Lohn nach Hause, und am andern Morgen kam der zweite Bruder und meldete sich als Knecht bei dem reichen Bauern. Der Geizhals nahm ihn freundlich auf, hielt ihn sehr knapp, und als fast das Jahr herum war, wollte er ihn wieder um den Lohn betrügen und sprach: »Nimm Pferde und Wagen und fahre in den Wald, mir Holz zu holen. Die Stelle, wo du es auflädst, ist weit im Walde drinnen und vor Abend wirst du nicht zurück sein. Darum werde ich dir das Mittagessen selbst bringen.« Als nun der Mittag längst vorüber war und der Bauer das Essen nicht gebracht hatte, dachte der Knecht: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, rief einen vorübergehenden Mann an, verkaufte ihm Pferde und Wagen und sprach daheim zu seinem Oheim: Ein Löwe sei gekommen und hätte die Pferde samt dem Wagen aufgefressen. Der Bauer tat, als glaubte erâs, denn ihm war Angst, dass er sich erzürnen und Haus und Hof darüber verlieren möchte. Als ihm aber seine Frau das Abendessen brachte und dem Knecht nicht, wollte dieser zornig dem Bauern die Schüssel wegnehmen, denn er war ganz verhungert. Da holte der Bauer gelassen das Messer herbei, schnitt auch dem zweiten Bruder die Ohren ab, und der musste wieder ohne Lohn mit dem Geld, das er für Pferde und Wagen gelöst hatte, abziehen.
Am andern Morgen meldete sich der jüngste Bruder, der ein Dummling war, als Knecht bei dem Bauern. Weil es nun seine Schwestern seiner Jugend halber jammerte, dass er auch hungern sollte, so brachten sie ihm täglich, sooft er im Feld, Wald oder Wiesen arbeitete, zu essen. Der reiche Bauer verwunderte sich sehr, dass sein Knecht immer so freundlich aussah, wie karg die Kost ihm auch geboten wurde, hielt ihn auch deshalb für gar klug und fürchtete, dass der jüngste Bruder ihn durch einen klugen Anschlag gewiss noch erzürnen würde, ehe das Jahr herum sei. Deshalb sprach er zu seiner Frau: »Verkleide dich als Kuckuck, geh in den Wald und rufe dreimal Kuckuck. Dann wird unser Knecht glauben, sein Dienstjahr sei herum, wird seinen Lohn nehmen und aus dem Dienst gehen.« Zu dem Knecht aber sprach er: »Höre einmal, Gesell, wenn der Kuckuck dreimal gerufen hat, ist dein Dienstjahr um, denn du weiÃt, dass eben der Kuckuck rief, als du kamst.« Da war der Knecht hoch erfreut, denn er hatte nicht die Schelmenstreiche seiner Brüder im Kopf und wollte nichts als ehrlich seinen Lohn verdienen, bat derhalben auch, dass sein Vetter ihm sein Gewehr leihen möchte, damit er einen Freudenschuss tun könnte, sobald der Kuckuck zum ersten Male gerufen hätte. Das tat der geizige Bauer gern, weil noch ein alter Schuss in seinem Gewehr steckte, der heraus musste.
Es war aber erst Winter und lag hoher Schnee, da schleppte der Knecht schon überall das Gewehr mit umher, dass er nur den Freudenschuss nicht versäumte. Eines Tages wälzte sich die Bauersfrau in Sirup und dann in Federn, und als der Knecht im Walde arbeitete, sprang sie in einem Tannenbaum herum, dass der Schnee von den Ãsten zu Boden fiel, und dabei rief die Frau: Kuckuck! Kaum hatte sie aber zum ersten Mal gerufen, da griff der Knecht schon nach seinem Gewehr, tat einen Freudenschuss, traf aus Versehen den Kuckuck im Baum und der fiel tot zu Boden. Da sprang der Bauer auch herzu, denn er hatte sich in der Nähe gehalten und zürnte und schalt auf seinen Knecht. »Vetter, seid Ihr böse?«, fragte der Knecht. Der Bauer antwortete schnell: »Da sollte der Teufel nicht böse sein, wenn du meine Frau totschieÃt!« Da erhielt der dritte Knecht Haus und Hof und durfte dem reichen Bauern noch dazu die Ohren abschneiden.
Der lustige Zaunigel
Zwei Leute hatten lange Zeit glücklich gelebt, doch gerieten sie miteinander einmal in Streit, und dabei wünschte der Mann der Frau einen Zaunigel, das ist ein Stachelschwein. Nach einiger Zeit bekam die Frau wirklich einen Zaunigel und sie pflegte ihn lange und sah ihn an wie ein Kind. Wie der Zaunigel aber gröÃer wurde, ward er gegen seine Eltern unartig, und die brachten ihn zur Strafe bei das Sauschwein, welches eben sechsunddreiÃig Ferkel
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