Der große deutsche Märchenschatz
Maà Erbsen und Fisolen in einer stockfinsteren Kammer voneinander sondern. Er ging hin, tat einen Pfiff, und sogleich waren einige hundert Ameisen da, welche zu schaffen anfingen. Nach einiger Zeit lagen Erbsen und Fisolen gesondert in Haufen. Das war für den König ein Verdruss, und er stellte nun eine dritte Aufgabe. Hans sollte nämlich viele hundert Eier vom Grund eines tiefen Sees, und zwar zur Nachtzeit, holen. Er begab sich zum See und pfiff, und sogleich waren eine Menge Fische da, welche schon vor Tagesanbruch die Eier herausgeholt hatten. Jetzt hatte er gewonnenes Spiel, und da er ein hübscher Bursche war, so willigte endlich die Königstochter ein und heiratete ihn. Hans nahm seinen alten Vater zu sich, ward später König und lebte glücklich und zufrieden.
Die Jungfrau
auf dem gläsernen Berge
Es war einmal ein armes Weib, das hatte einen Sohn, der hieà Hans. Dieser ging einst in den Wald, und als er eine Weile gegangen war, kam er zu einem Teiche. Kaum näherte er sich dem Ufer, so sprangen drei wunderschöne Frauen aus dem Wasser, warfen die Hemden über und flogen, in Enten verwandelt, schreiend davon. Die mittlere der drei Frauen hatte dem Hans besonders gefallen. Er ging nach Hause und erzählte das Gesehene seiner Mutter. Diese sagte: »Geh wieder in den Wald und baue dir in der Nähe des Teiches eine Hütte.« Und das geschah. Zur Zeit des Neumondes untersuchte er fleiÃig morgens und abends das Ufer des Teiches.
Als er eines Abends wieder das Ufer untersuchte, lagen drei Hemden dort. Schnell bemächtigte er sich des mittleren Hemdes, lief damit in seine Hütte und legte dasselbe in eine Truhe. Kaum war er fertig, so wurde an die Türe geklopft. Eine Stimme rief: »Ich bitte Euch, lasst mich ein, ich habe mein Hemd verloren.« Hans sprang schnell auf, öffnete die Türe und stellte sich dann hinter diese. Das Mädchen trat herein und warf schnell den Mantel Hansens um, den dieser auf dem Bett hatte liegen lassen. Dann bat sie den Hans um ihr Hemd. Allein er gab ihr das nicht, sondern ging fort, um seine Mutter zu holen. Kaum hatte er die Hälfte des Weges zurückgelegt, so fiel ihm ein, dass er die Truhe, in welcher das Hemd lag, nicht zugesperrt hatte. Schnell kehrte er um, als er aber zur Hütte kam, waren Tür und Truhe offen, und das Mädchen war fort. Auf dem Tisch lag ein Zettel, darauf stund mit goldenen Buchstaben geschrieben: »Meine Heimat ist auf dem gläsernen Berge.«
Da machte sich Hans sogleich auf den Weg, um den gläsernen Berg zu suchen. Kam er in eine Stadt, so rief er laut: »Wisst ihr nicht, wo der gläserne Berg ist?« Allein niemand konnte ihm Auskunft geben. Einst kam er zu einem groÃen Haus, aus dessen Eckfenster schaute ein Herr heraus. Hans sagte: »Wisst Ihr nicht, wo der gläserne Berg ist?« â »Ich weià es nicht, aber vielleicht weià es einer meiner Knechte«, antwortete der Herr. Er zog dann eine silberne Pfeife hervor und tat darauf einen lauten Pfiff. Da kamen Bären, Wölfe und nach und nach allerlei Tiere daher. Zuletzt hinkte ein alter Hase auf drei FüÃen herbei. »WeiÃt du, wo der gläserne Berg ist?«, fragte ihn sein Herr. »Freilich weià ich ihn«, antwortete der Hase. »So führe diesen Mann dahin«, sagte der Herr. Alsbald ging Hans mit dem Hasen fort. Als sie in einen groÃen Wald kamen, sagte der Hase: »Geh nur gerade aus, du wirst den Berg schon finden.« Und nach diesen Worten sprang er auf und davon.
Hans musste nun allein wandern. Als er eine Weile gegangen war, sah er ein totes Pferd am Wege liegen. Bei dem Pferde befanden sich ein Bär, ein Wolf, ein Rabe und eine Ameise. Diese Tiere stritten sich um den Leichnam. Als Hans näherkam, sprach der Rabe: »Lieber Hans, teile das Pferd unter uns.«
Hans machte sich sogleich an die Arbeit. Zuerst schnitt er den Kopf des Pferdes ab und warf ihn der Ameise vor, indem er sagte: »Du kriechst gern in Höhlungen umher, da nimm den Kopf.« Darauf öffnete er den Leichnam und gab dem Raben die Eingeweide, dem Wolfe die Knochen und dem Bären das Fleisch. Die Tiere waren mit der Teilung zufrieden. Darauf gaben der Bär und der Wolf dem Hans jeder ein Haar, die Ameise einen Fuà und der Rabe eine Feder. Die Tiere sprachen: »Wenn du in der Not bist, so lege das Geschenk unter die Zunge, und du kannst dich dann in dasjenige Tier
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