Der große deutsche Märchenschatz
der dritte Gottschalk. Mit den zwei älteren war er recht zufrieden, denn sie waren tätig und halfen dem Vater arbeiten, so gut sie nur konnten; aber der jüngste war ein Dummerjan. Den ganzen lieben Tag steckte er hinter dem Ofen, und niemand konnte ihn recht leiden, obgleich er keinem was zuleide tat. Er war vielleicht nicht gar so dumm, aber was er angriff, war den Brüdern zu schlecht, und so machte er halt gar nichts.
Als der Vater alt wurde, wollte er seine ganze Wirtschaft unter seine Söhne teilen. Da war aber keinem was recht. Einer wollte das, der andere jenes, der dritte jammerte und sagte, dass er dem Vater auf seine ganze Wirtschaft pfeife. »Nun wartâs nur«, sagte der Vater, »ich werd euch schon kriegen, wennâs euch so nicht gebacken war, so muss es anders sein. Wer mir«, fuhr er fort, »die schönste und reichste Braut bringt, bekommt die ganze Wirtschaft, die andern Dickschädel kriegen gar nichts, und damit basta.«
Als das der Plumpe hörte, kam er vom Ofen hervor, wusch sich sauber sein Gesicht und schnürte sein Bündl. Seine Brüder lachten hellauf und sagten: »Du dummer, einfältiger Nesthocker, du willst dich mit uns vergleichen? Bleib nur lieber gleich daheim und schlag die Mehlkäfer hinter dem Ofen tot, dass sie deinen Faulpelz nicht auffressen.«
Der lieà sich aber nicht abschrecken, sondern wanderte mutig fort, und die beiden andern folgten ihm. Gottschalk hatte nichts in seinem Säckel als ein Stück Schwarzbrot, Ziegenkäse und auch sein Sonntagsgewand. So ging er nun fort und fort. Da kam er in einen groÃen Wald, in dem allerlei schöne Blumen und Kräuter waren. Er setzte sich an einem Bründl nieder und aÃ. Da kam ein kleines Männlein zu ihm, es hatte einen langen, grauen Kaputrock an und ein grünes Käppchen auf und bat den Gottschalk, dass er ihn mitessen lasse. »Ja«, sagte dieser, »setz dich nur her, wenn dirâs nicht zu schlecht ist.«
Als sie gegessen hatten, fragte ihn das graue Mandl, wohin er denn gehe, und Gottschalk erzählte, was sein Vater gesagt habe, und dass es ihm zu Hause herzlich schlecht gegangen sei, da ihn niemand habe leiden können. »Das bedaure ich sehr«, sagte der Graurock und fing an, mit einem Kamme das Haar des armen Gottschalk zu kämmen, und es krauste sich in allerlei schönen Locken um den Kopf. Das Mandl hieà ihn dann sein Sonntagsgewand anziehen, und Gottschalk war jetzt ein ganz hübscher Junge. Als er nun so herausgeputzt war, zeigte ihm das Mandl einen Weg, den solle er gehen, sagte er, und verlieà ihn. Gottschalk tappte jetzt wacker auf dem Wege weiter, bis der Abend anbrach. Auf einmal hörte er einen schönen Gesang; er ging schneller und er sah einen schönen Garten, dessen Tür angelweit offenstand. Er überlegte nicht lange und ging schnurstracks hinein, aber wie staunte er, als er in einer Laube des Gartens ein wunderschönes Mädchen sah, welches durch seinen Gesang ihn ganz entzückte. Er näherte sich der Laube und guckte durch eine kleine Ãffnung zwischen den Blättern hinein, aber die Jungfrau hatte das Geräusch gehört und sah nach, wer da sei. Als sie den schmucken Jungen erblickte, erschrak sie wohl sehr, doch Gottschalk ging auf sie zu und erzählte ihr, wie er hierhergekommen sei. Bald eröffnete er ihr auch, dass sie ihm recht gut gefalle, und fragte, ob sie nicht seine Braut sein möchte, er wolle zeitlebens bei ihr bleiben. Bald wurden sie miteinander vertrauter und plauschten noch lange fort. Als aber die Mutter der Jungfrau, eine gar mächtige Fee, hinzukam und einen fremden Burschen bei ihrer Tochter sah, war sie wohl recht fuchtig. Aber der hübsche Junge gefiel ihr doch, und als er ihr sagte, dass er ihr Schwiegersohn werden wollte, willigte sie ein, und frischweg wurde Hochzeit gemacht. Die ganze Freundschaft wurde eingeladen, und auch der »Tod« und die »Todin« waren zugegen. Allerhand Gold und Edelgestein flimmerte an ihren Kleidern, sodass unser Gottschalk nicht wusste, wohin er die Augen wenden sollte. Und das gute Essen, das schmeckte ihm erst. So gute Wuchteln hatte seine selige Mutter freilich nicht backen können; er hieb aber auch ein, wie wenn er sieben Wochen fasten sollte, und fast hätte er sein schönes Weib vernachlässigt. Doch nicht umsonst sagt ein altes Sprichwort: »Wennâs dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis
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