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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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welchen, so wie von anderem Wildbret, Russland einen größeren Überfluss als irgendein Land auf Erden hat; endlich an solche Lustpartien, Ritterübungen und rühmenswerte Taten, welche den Edelmann besser kleiden als ein bisschen muffiges Griechisch und Latein oder alle Riechsächelchen, Klunkern und Kapriolen französischer Schöngeister und – Haarkräusler. Ich war nach St. Petersburg gekommen mit der Absicht, bei der Armee angestellt zu werden.
    Da es aber einige Zeit dauerte, ehe ich bei der Armee angestellt werden konnte, so hatte ich ein paar Monate lang vollkommene Muße und Freiheit, sowohl meine Zeit als auch mein Geld auf die adeligste Art von der Welt zu verjubeln. Sie können sich leicht vorstellen, meine Herren, dass ich von beiden nicht wenig außer der Stadt mit solchen wackeren Kumpanen vertat, welche ein offenes, unbeschränktes Waldrevier gehörig zu schätzen wussten. Sowohl die Abwechslung des Zeitvertreibes, welchen dieses mir darbot, als auch das außerordentliche Glück, womit mir jeder Streich gelang, gereichen mir noch immer zur angenehmsten Erinnerung. So manche Nacht wurde beim Spiele zugebracht oder beim Klange voller Gläser. Aber ich übergehe manche lustigen Auftritte, die wir bei solchen Gelegenheiten hatten, weil ich Ihnen noch ein paar Jagdgeschichten zu erzählen gedenke.
    Eines Morgens sah ich durch das Fenster meines Schlafgemachs, dass ein großer Teich, der nicht weit davon lag, mit wilden Enten gleichsam überdeckt war. Flugs nahm ich mein Gewehr aus dem Winkel, sprang zur Treppe hinab, und das so über Hals und Kopf, dass ich unvorsichtigerweise mit dem Gesicht gegen den Türpfosten rannte. Feuer und Funken stoben mir aus den Augen; aber das hielt mich keinen Augenblick zurück. Ich kam bald zum Schuss; allein wie ich anlegte, wurde ich zu meinem großen Verdrusse gewahr, dass durch den soeben empfangenen heftigen Stoß sogar der Stein von dem Flintenhahne abgesprungen war. Was sollte ich nun tun? Denn Zeit war hier nicht zu verlieren. Glücklicherweise fiel mir ein, was sich soeben mit meinen Augen zugetragen hatte. Ich riss also die Pfanne auf, legte mein Gewehr gegen das wilde Geflügel an und ballte die Faust gegen eins von meinen Augen. Von einem derben Schlage flogen wieder Funken genug heraus, der Schuss ging los, und ich traf fünf Paar Enten, vier Rothälse, und ein paar Wasserhühner. Gegenwart des Geistes ist die Seele mannhafter Taten. Wenn Soldaten und Seeleute öfters dadurch glücklich davonkommen, so dankt der Waidmann ihr nicht seltener sein gutes Glück.
    So schwammen einst auf einem Landsee, an welchen ich auf einer Jagdstreiferei geriet, einige Dutzend wilder Enten allzu weit voneinander zerstreut umher, als dass ich mehr denn eine einzige auf einen Schuss zu erlegen hoffen konnte; und zum Unglück hatte ich meinen letzten Schuss schon in der Flinte. Gleichwohl hätte ich sie gern alle gehabt, weil ich nächstens eine ganze Menge guter Freunde und Bekannten bei mir zu bewirten willens war. Da besann ich mich auf ein Stückchen Schinkenspeck, welches von meinem mitgenommenen Mundvorrat in meiner Jagdtasche noch übrig geblieben war. Dieses befestigte ich an eine ziemlich lange Hundeleine, die ich aufdrehte und so wenigstens noch um viermal verlängerte. Nun verbarg ich mich im Schilfgesträuch am Ufer, warf meinen Speckbrocken aus und hatte das Vergnügen zu sehen, wie die nächste Ente hurtig herbeischwamm und ihn verschlang. Der ersten folgten bald alle übrigen nach, und da der glatte Brocken am Faden gar bald unverdaut hinten wieder herauskam, so verschlang ihn die nächste und so immer weiter. Kurz, der Brocken machte die Reise durch alle Enten samt und sonders hindurch, ohne von seinem Faden loszureißen. So saßen sie denn alle daran wie Perlen an der Schnur. Ich zog sie sehr erfreut ans Land, schlang mir die Schnur ein halbes Dutzend Mal um Schultern und Leib und ging meines Weges nach Hause zu. Da ich noch eine ziemliche Strecke davon entfernt war und mir die Last von einer solchen Menge Enten ziemlich beschwerlich fiel, so wollte es mir fast leid tun, ihrer allzu viele eingefangen zu haben. Da kamen mir die Enten selber zu Hilfe. Sie waren nämlich noch alle lebendig und fingen, als sie sich von der ersten Bestürzung erholt hatten, gar mächtig an mit den Flügeln zu schlagen und sich mit mir hoch in die Luft zu erheben. Nun wäre bei

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