Der große Fetisch
erkannte. Marko schwang die Axt hoch über den Kopf und machte einen Satz nach vorn. Petronela neben Mongamri stieß einen schrillen Schrei aus.
Mongamri trat auf den Gang hinaus und rannte vor Marko her auf die Bühne zu. Er war ein schlanker Mann, größer als Marko, und konnte überraschend schnell rennen. Marko stürzte ihm nach, hinter ihm drein die Universitätsdiener.
Mongamri sprang auf die linke Seite der Bühne hinauf und wollte sie rasch überqueren. Marko sprang ihm nach. In der Mitte der Bühne stand Präsident Vlora und rief immer noch Anweisungen zu den Dienern hinab, stieß immer noch Drohungen gegen die Studenten aus, während Sokrati Popu fortfuhr, seine Rede unhörbar zu verlesen. Im hinteren Teil der Bühne lagen Fakultätsmitglieder und Ehrengäste auf den Knien und hielten ihre leichten Stühle vor sich, um sich vor dem Geschoßhagel zu schützen.
Mongamri drängte sich zwischen dem Präsidenten und Popu durch und lief zum rechten Rand der Bühne. Der Präsident und Popu drehten sich überrascht um. Beide sahen Marko mit der Axt näherkommen. Sokrati Popu wandte sich mit einem entsetzten Schrei um und verschwand in den Reihen der sich duckenden Ehrengäste, während Mathai Vlora von der Bühne in die kochende, schwarzberockte Masse der Studenten hinabsprang.
Marko rannte weiter. Er erreichte den rechten Rand der Bühne und sah Mongamri den rechten inneren Gang hinaufstreben. Der Bursche hatte tatsächlich schon einen Vorsprung gewonnen. Marko sprang vom Bühnenrand und gab seinen Muskeln den Befehl zu einem verzweifelten Spurt, als ihm der Kopf explodierte und ihm Hören und Sehen verging.
Als Marko Prokopiu wieder zu sich kam, wurde ihm zunächst bewußt, daß er auf einem Bett lag, und dann, daß sein Kopf gräßlich schmerzte. Er hob die Hand zum Kopf und entdeckte, daß ihm oben kurz vor dem Haarschopf eine Beule von der Größe eines Tersoreis saß.
»Sie wachen auf, was?« sagte eine Stimme mit fremdländischem Akzent. Nach einigen Sekunden erkannte Marko, daß es sich um die Stimme des kleinen anglonischen Philosophen Boert Halran handelte.
Marko stöhnte und setzte sich auf. »Wo bin ich hier?« fragte er.
»In meinem Zimmer«, sagte Halran.
»Wie komme ich hierher? Ich weiß nur, daß ich hinter diesem Wüstling Mongamri her war …«
»Ein Universitätsdiener zerdrosch seinen Stock auf Ihrem Kopf, als Sie an ihm vorüberrannten. Er wollte Sie festnehmen, da es in Thiné ein Vergehen ist, während einer Festlichkeit oder während eines Gottesdiensts einen Menschen töten zu wollen. Das Getümmel wurde jedoch so allgemein, daß der Diener alle Hände voll damit zu tun hatte, weiter auf die Studenten einzuschlagen. Ich glaubte schon, daß sich die Studenten nur in Anglonia so aufführen.«
»Anglonia kenne ich nicht, aber die Studenten von Thiné sind die schlimmsten in der ganzen Kralschaft. Als ich früher hier war, mußte ich ein paar von ihnen niederschlagen. Aber fahren Sie bitte fort.«
»Nun, Noli und ich, wir kämpften uns durch die Menge und trugen Sie in sein Büro. Eigentlich haben wir einen Studenten gebeten, uns zu helfen, weil Sie der schwerste Mann sind, den ich je in die Höhe heben wollte. Und dann konnten wir Sie nicht zu sich bringen. Sie müssen eine leichte Gehirnerschütterung gehabt haben.«
»Wo ist meine Axt?« sagte Marko.
»Hier ist diese ungeheuerliche Mordwaffe. Während Sie im Büro lagen, kamen Polizisten aus Ihrer Stadt, die auf der Suche nach Ihnen sind. Noli hat Sie in seinem Schrank versteckt. Sie sagten uns, sie hätten einen Haftbefehl, weil Sie in Skudra aus dem Gefängnis ausgebrochen sind. Ich hatte gar nicht gewußt, was für ein abgebrühter Kerl Sie sind.«
»Erst seit neuestem«, stöhnte Marko. »Ich habe nur versucht, meine Pflicht zu tun.«
»Nun, sie teilten uns außerdem mit, daß man Sie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt hat, weil Sie die Lehre vom Herabkommen verbreitet haben. Noli sagte der Polizei, daß er keine Ahnung hat, wo Sie sich aufhalten. Wie er mir später sagte, hält er selbst die Lehre von der Evolution für richtig, glaubt aber an das Recht der freien Meinungsäußerung und meinte, verpflichtet zu sein, Sie zu schützen. Die Polizei ging dann schließlich, um die Stadt nach Ihnen abzusuchen. Noli bat mich dann, Sie zu verbergen. Ich möchte nicht in innere Streitigkeiten eines Landes verwickelt werden, bin aber Noli zu Dank verpflichtet und ließ mich deshalb überreden.«
Marko hatte trotz der
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