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Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Spraque de Camp
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zurückhaltend, blieb hier aber abweisend und schweigsam. Diese Haltung wurde schließlich so offensichtlich, daß sie selbst Marko auffiel.
    Schließlich sagte er: »Dr. Halran, habe ich Sie – irgendwie gelangweilt? Habe ich Sie auf irgendeine Art gelangweilt? Ich weiß, ich bin nur ein Hinterwäldler, ein Tölpel …«
    »Nein, mein Herr«, sagte Halran. »Ich finde, Sie sind ein stattlicher, angenehmer junger Mann. Ich nehme nur Anstoß an Ihrer blutrünstigen Gesinnung.«
    »Ach? Aber Ihnen würde ich doch nichts zuleide tun.«
    »Sie begreifen nicht. Sie reisen in Richtung Anglonia, und dort wird Mord als das schwerste Verbrechen angesehen. Und schließlich haben Sie eingestandenermaßen vor, das flüchtige Paar zu töten. Wenn Sie das getan haben werden, wird man Sie nach unseren Gesetzen aufknüpfen. Und da Sie mit mir zusammen waren, könnte bewiesen werden, daß ich Kenntnis von Ihren Absichten hatte. Dafür würde ich für den Rest meines Lebens ins Gefängnis geworfen werden.«
    »Aber ich habe Sie doch gar nicht gebeten, mir bei der Ausführung der Tat behilflich zu sein.«
    »Vor dem Gesetz werde ich trotzdem als Mitwisser gelten, da ich es versäumte, Sie dem Gericht zu übergeben, das Sie ins Gefängnis stecken oder ausweisen würde. Durch mein Schweigen würde ich mich mitschuldig machen. Verstehen Sie jetzt, wie schwierig die Lage ist, in die Sie mich bringen? Was weiß ich denn, ob Sie nicht plötzlich denken werden, daß Sie sich nur sicher fühlen können, wenn Sie jeden umbringen, der von Ihren Plänen weiß, und mir dann den Schädel mit diesem gräßlichen Beil spalten?«
    Marko war entsetzt. »Das wußte ich nicht! Ich bin … ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich möchte nicht, daß Sie mir feindlich gesinnt sind.«
    »Nun, Sie sehen, wie es sich für andere darstellt.«
    »Ich weiß. Ich habe nie begriffen, wie andere Leute denken. Aber sehen Sie, erhält denn ein Anglonier, dem die Frau weggenommen wurde, keine Entschädigung? Erwartet man von ihm, daß er lediglich sagt: ›Ja, mein Herr, besten Dank, mein Herr, kann ich noch etwas für Sie tun?‹«
    Halran zuckte mit den Schultern. »Zunächst einmal stuft unser Recht die Menschen nicht als Eigentum ein. Da man nur Eigentum stehlen oder wegnehmen kann, kann man also weder eine Ehefrau noch einen Ehemann ›stehlen‹. Und die bloße Tatsache, daß dem Partner jemand anderes besser gefällt, schädigt ja niemanden.«
    »Es entsteht kein Schaden? Wird denn niemand geschädigt, wenn ein Heim, eine Familie zerbrechen?«
    »Nun, wenn Sie die Frau gegen ihren Willen halten wollen, wird Ihr Leben mit ihr sowieso unglücklich. Ist es deshalb nicht besser, sie ziehen zu lassen? Wenn Sie einen wirklichen Schaden nachweisen können, sagen wir, weil Sie den Menschen verlieren, der Ihnen den Haushalt geführt hat, dann können Sie den Schaden einklagen. Unsere Gerichtshöfe sind jedoch langsam und teuer, und die Summe, die einem zugesprochen wird, ist gewöhnlich gering.«
    »Und der Ehrverlust?«
    »Ehre ist eine persönliche Sache, ein Verlust, der nicht greifbar ist. Deshalb wird ein solcher Verlust von unseren Gesetzen nicht berücksichtigt.«
    »Man könnte auch sagen«, meinte Marko, »daß die meisten Anglonier so wenig Ehre im Leib haben, daß es sich nicht lohnt, sich mit ihr abzugeben. Sie entschuldigen schon, daß ich das sage. Gibt es nicht einen Grundsatz, daß sich das Gesetz nicht um Bagatellen kümmert?«
    Halran warf den Kopf zurück und lachte. »Ich glaube schon. Ich denke aber, wir haben deshalb die vernünftigsten Gesetze unter allen Nationen, weil wir all diese subjektiven und vom Gefühl bestimmten Begriffe wie ›Ehre‹ oder ›Reinheit‹ eliminiert haben.«
    »Vernünftig mag das wohl sein, aber welche Auswirkungen hat das denn? Viele Menschen sind von Natur aus sinnlich und neigen zur Promiskuität. Deshalb haben wir in unseren Sitten und Gesetzen strenge Schranken errichtet, um diesen Neigungen Einhalt zu gebieten. Sie sagen, es schadet nichts, ihnen zu frönen, und Sie lassen die Leute tun, was sie wollen, nicht wahr?
    Die Folge ist, daß ihr Anglonier jedes Jahr die Partner wechselt, und die Kinder wachsen zu einem nichtsnutzigen, unverantwortlichen Haufen heran, weil die Eltern ständig wechseln. Die Kinder kennen keine festen Regeln, an die sie sich halten könnten. Bei uns sagt man: ›Drei Dingen traue nicht: einem wilden Zwiebelpilz, einem schlafenden Vulkan und dem Wort eines Angloniers.‹«
    »Ach, so

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