Der große Fetisch
Da ist wieder einer.«
»Du bist verrückt, Als. Warum sollen da draußen Funken durch die Luft fliegen?«
»Du bist kurzsichtig, wenn du sie nicht siehst. Wir sollten der Wachhabenden Meldung machen.«
Marko blieb stehen und hoffte nur, daß ihn die dunkle Rüstung unsichtbar machte.
»Noch etwas«, erklang wieder eine Stimme, »ich könnte schwören, ich habe geharnischte Menschen gehen hören.«
»Meine Liebe, deine Phantasie hält dich zum Narren.«
Der leise geführte Streit ging weiter und weiter. Dann sagte eine Stimme: »Sie hat recht, Mädchen. Da draußen ist ein Schiff!«
Marko lief zu den Wachtposten, die ihm alle den Rücken zugekehrt hatten. Er war sich nicht sicher, wie viele er vor sich hatte, drei, vier vielleicht. Er schlug einer der Hexen die flache Axt auf den Kopf. Sie stürzte zu Boden. Mit einem klirrenden Schlag schickte er die zweite in eine Ohnmacht. Die anderen Wachen stießen spitze Schreie aus. Etwas krachte gegen Markos Schild, etwas anderes kratzte über seinen Brustharnisch. Er hörte, wie sich Schritte entfernten und Rüstungen klapperten. Von der Siedlung her antworteten Rufe.
Marko suchte die Strickleiter, fand das Rad und das Seil, mit dem die Kurbel festgezurrt war. Ein Schlag mit der Axt schnitt es entzwei. Marko drehte die Kurbel und ließ die Leiter hinab. Das Rad drehte sich jetzt wegen des zunehmenden Gewichts der frei hängenden Leiter von selbst.
Marko hörte hinter sich Hexen näher kommen. Er stellte sich mit der Axt bereit. Die bewaffneten Frauen griffen unter großem Geschrei alle zugleich an. Er konnte kaum die Speerspitzen sehen, die er mit dem Schild abfing.
»Greift ihn von hinten an!« schrien Stimmen. »Umzingelt ihn! Er hat die Leiter herabgelassen!«
Eine Hexe kam ihm zu nahe. Marko streckte sie mit der flachen Seite seiner Waffe zu Boden.
»Ist er allein?« »Holt die Leiter wieder ein!« »Alle zusammen jetzt! Werft ihn über die Klippen!«
Marko bewegte sich hin und her, so rasch er konnte, um den Hexen das Zielen schwer zu machen. Die Speerspitzen klirrten gegen Schild und Rüstung. Vom Meer her erklang ein Ruf.
»Beeilt euch!« brüllte Marko. »Die Leiter ist herabgelassen. Ich halte die Hexen zurück.«
Die Hexen warfen sich wütend gegen Marko. Er wirbelte die Axt durch die Luft, um sie von der Leiter fernzuhalten. Eine Frau packte ihn am Schenkel. Er versetzte ihr einen Faustschlag, damit sie ihn losließe, und sie stürzte schreiend über die Felsen in die Tiefe.
»Sie kommen herauf!« »Bewerft sie mit den Steinbrocken!« »Schneidet die Seile der Leiter durch!« »In der Dunkelheit wimmelt es vor Angreifern!« »Holt die anderen Frauen, oder wir sind verloren.«
Marko wehrte sich verbissen. Etwas Scharfes fand die ungeschützte Rückseite seines linken Oberschenkels, und das Bein wollte ihm den Dienst versagen.
»Alle auf ihn!« »Holt die Stringiarchin!« »Schafft Laternen her!« »Iii, da ist noch einer hinter uns!«
Marko lehnte sich gegen das Rad der Strickleiter, um das Gewicht vom verletzten Bein zu nehmen.
»Versucht es noch einmal!« keuchte die Anführerin der Hexen. »Werft ihn über die Klippe hinab!«
Marko humpelte um das Rad, stolperte über die Hexen, die er betäubt hatte, und schwang die Axt durch die Luft. Er brüllte: »Verdammt noch mal, zurück! Oder ich schlage mit der Schneide zu. Bis jetzt habe ich euch geschont, aber das mache ich nicht mehr lange!«
In der Dunkelheit tanzten Laternen auf und ab. Eine Stimme rief: »Zurück, damit wir schießen können!«
Marko ließ sich neben dem Rad auf ein Knie fallen und hielt seinen Eisenschild vor sich. Dann hörte er Bogensehnen schnappen und Pfeile schwirren. Einige trafen den Schild wie mit scharfen Hammerschlägen. Einer streifte seinen Helm.
»Greift von der Seite an! Er kann sich nicht nach allen Seiten schützen.«
Hinter Marko bewegte sich etwas. Er stand auf, drehte sich um und hob die Axt.
»Sind Sie das, Meister Prokopiu?« sagte die tiefe Stimme Ulf Toskanos. Hinter ihm kletterten weitere Philosophen in die Höhe. Sie stellten sich in ihren Rüstungen nebeneinander auf und griffen an. Einen Augenblick hörte man Waffen aufeinander schlagen, dann ergriffen die Hexen schreiend die Flucht.
»Nun gut«, sagte die Stringiarchin, die auf einem Stuhl vor den Philosophen im Tempel Einsteins saß. »Ich kenne die wahre Geschichte von der Herabkunft, wenigstens so, wie sie von Stringiarchin zu Stringiarchin weitergegeben wurde.« Sie starrte den
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