Der große Galaktiker
– man sagt, das geht einem Menschen ins Blut.«
So unauffällig wie möglich fuhr ich fort: »Das für Sie im Moment am wichtigsten dürfte jedoch sein, daß vier Männer Sie seit drei Minuten beobachten.«
»Ja, ich weiß«, murmelte Rand. »Sie waren bereits hier, als wir hereinkamen.«
»Kennen Sie sie?«
»Ich hab’ sie in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.« Er zuckte die Schultern. »Und es ist mir auch völlig gleichgültig. Vor ein paar Jahren hätte mich das sicher in Aufregung versetzt. Aber doch jetzt nicht mehr. Damit bin ich fertig. Meine Entscheidung ist getroffen, meine Pläne sind gemacht.«
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, ein großer, wachsamer Mann, und blinzelte mir lächelnd zu.
»Ich freue mich, daß Sie an Bord sind«, gestand er, »obwohl ich mich immer noch nicht so recht an unser Zusammentreffen erinnere. Es wäre recht langweilig hier, nur mit all diesen mittelmäßigen Leuten.«
Es gelang mir nicht, ein Grinsen zu unterdrücken. »Langeweile – davon gibt es auf der Erde für einen Mann wie Sie mehr, als Ihnen lieb sein dürfte. Denken Sie nur an die verrückten Gesetze dort – man darf keine Energiewaffen tragen, und wenn jemand Sie belästigt oder einen Streit anfängt, müssen Sie das vor Gericht austragen. Stellen Sie sich vor, man wird sogar allein für den Besitz eines Unsichtbarkeitsanzugs ins Gefängnis gesteckt.«
»Das stört mich nicht«, brummte Rand gelangweilt. »Ich hab’ meine alle verschenkt.«
Ich starrte ihn an und runzelte die Stirn. »Wissen Sie«, murmelte ich, daß nur er es hören konnte, »ich hab’ die Erfahrung gemacht, daß man sich völlig ohne eigenes Zutun plötzlich Schwierigkeiten gegenübersehen kann. Blicken Sie jetzt nicht auf, jemand ist gerade aus dem Lift gestiegen und kommt auf Sie zu.« Ich fügte hinzu: »Sie können mit mir rechnen, wenn Sie Hilfe brauchen.«
»Danke«, sagte Jim Rand und lächelte, aber ich sah die Wachsamkeit in seinen Augen. »Ich bin es gewöhnt, mit meinen Schwierigkeiten selbst fertig zu werden.«
Ich hatte den besseren Platz, denn ich saß mit dem Gesicht zum Fahrstuhl, Rands Sessel dagegen stand seitlich. Aber er war ein großartiger Schauspieler. Er warf keinen Blick auf den Entgegenkommenden, ja er zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Ich musterte den Fremden, ohne ihn direkt anzusehen. Seine Augen, bemerkte ich, waren dunkel und standen eng beieinander, und seine Nase war lang und dünn. Das Gesicht wirkte irgendwie wölfisch, mit den schmalen, grausamen Lippen und dem fliehenden Kinn, das keine Schwäche verriet. Der Mann ließ sich wortlos in den Sessel neben Rand fallen. Dann erst sagte er, ohne mich im geringsten zu beachten. »Es ist am besten, wenn wir uns verstehen.«
Wenn Rand sich über diese seltsame Einführung wunderte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Er lächelte. »Aber unbedingt«, stimmte er zu. »Mißverständnisse sind immer schlecht.«
Er schnalzte traurig mit der Zunge, als erinnerte er sich an frühere Mißverständnisse und ihre tragischen Folgen. Es war wirklich gekonnt, und ich konnte mich eines Gefühls der Bewunderung nicht erwehren.
»Sie mischen sich in Sachen, die Sie nichts angehen.«
Rand nickte nachdenklich. Es fiel mir auf, daß es diesmal nicht nur Schauspielerei war. Vermutlich überlegte er, wie er diese offene Drohung am wirkungsvollsten parieren könnte.
Trotzdem war sein Ton unbekümmert, als er sagte: »Damit kommen Sie genau auf eines meiner Lieblingsthemen zu sprechen: Geschäftsmoral.«
Die dunklen Augen des anderen funkelten. Er spuckte die nächsten Worte geradezu aus: »Wir waren bereits gezwungen, drei Männer zu töten, Mister Blord. Sicher möchten Sie nicht der vierte sein.«
Das überraschte Rand. Seine Augen weiteten sich. Zweifellos vermittelte ihm die Erkenntnis, daß man ihn für einen anderen hielt, einen ganz schönen Schock.
Ich weiß nicht, ob ich gerade der Richtige bin, über Artur Blord zu sprechen. Er ist eben einer der paar Dutzend gleichartigen Typen, die eine Vorliebe für den Kamm haben. Wo sie ihr Geld konzentrieren, schießen Städte aus dem Boden. Das bringt wieder Geld, das sie dann wieder woanders anlegen.
Blord unterschied sich von den ähnlichen Exemplaren dieser Gattung lediglich insofern, als nur wenige Leute ihn persönlich kannten. Aus irgendeinem Grund trug das zu seinem Ansehen bei, und ich habe schon so manchen im Flüsterton über ihn sprechen hören.
Der Schock wich aus Rands Gesicht.
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