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Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Titel: Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Johnson
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Reifegrad, also Kabinett, Spätlese usw. Darüber hinaus kommt noch die Angabe dazu, ob der Inhalt trocken oder halbtrocken ist. Dazu später mehr.
    Zusätzlich verkompliziert wird das Ganze durch einen Aspekt, der im Übrigen der gröbste Fehler des deutschen Weingesetzes von 1971 ist: die Einführung der Großlage. Leider darf auf einem Etikett nicht zwischen einer Einzellage und einer wesentlich weniger spezifischen Gruppe von Einzellagen, Großlage genannt, unterschieden werden. Mit Großlagen wollte man den Verkauf von Weinen aus weniger bekannten Einzellagen fördern – ganz nach dem Motto: Je größer, desto besser (bekannt). Mir ist aber noch niemand begegnet, der alle Großlagen aufzählen kann. Dem Verbraucher wird also eine entscheidende Information vorenthalten. Hinzu kommt, dass in manchen Gebieten als Einzellage gelten darf, was selbst wieder aus mehreren einzelnen Weinbergen mit angeblich gleichem Charakter besteht. Kurzum: Eine klare Unterscheidung zwischen den einzelnen Lagenkatorien gibt es nicht. Im schlimmsten Fall sind Großlagenbezeichnungen schlicht Etikettenschwindel. Zwei bekannte Beispiele sind das Niersteiner Gute Domtal und der Piesporter Michelsberg. In beiden Fällen müssen diese Großlagenweine nicht einen Tropfen aus der angegebenen Gemeinde enthalten. Vielmehr kann man fast mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Gutes Domtal aus nichts weiter als Müller-Thurgau von flachem Land besteht, das sich besser für den Kartoffelanbau eignen würde. Auf Frankreich umgemünzt hieße das, dass jeder Médoc als Margaux verkauft werden könnte.
    Eine oft zitierte Faustregel für die Kabinett-Spätlese-Auslese-Skala lautet: »Je süßer der Wein, desto höher die Qualität.« Zwar kann man nach wie vor von einem direkten Zusammenhang zwischen Reifegrad und Qualität ausgehen, doch die Süße eines Weins liegt inzwischen sehr stark im Ermessen des Kellermeisters (und des Verbrauchers). Für Weinbauern wurde es immer leichter, moderne Züchtungen wie Albalonga und Optima anzubauen, die fast jedes Jahr süße Gewächse erbrachten.
    Diese hatten aber in der Regel zu wenig Säure und wirkten daher richtig klebrig. Zum Glück hat die einst große Nachfrage nach diesen zuckrigen Gebräuen nachgelassen. Mit ihrer Existenz tat man vielen unter anderem von Mosel und Nahe stammenden Gewächsen keinen Gefallen, denn in ihnen war die Süße naturgegeben und rein und stand in vollendetem Gleichgewicht mit der Säure.
    In den letzten 20 Jahren hat sich der Weingeschmack der Deutschen allerdings grundlegend gewandelt: Die Nachfrage nach gänzlich trockenen, ungesüßten Essensbegleitern ist stark gestiegen. Damit eine Abfüllung auf dem Etikett als »trocken« ausgewiesen wird, darf sie höchstens neun Gramm Zucker pro Liter enthalten. Mit der Hinwendung zu trockenen Produkten wiederum stieg die Verwendung typisch französischer Rebsorten insbesondere der Pinot- bzw. Burgunderfamilie, aus denen sich echte Tafel- bzw. Tischweine bereiten lassen, wie es sie in Deutschland traditionell nie gegeben hatte. Damit verlagerte sich der Schwerpunkt aber auch in den Süden, wo der Riesling regiert, also in Anbaugebiete wie die Pfalz und nach Baden, denn hier fühlen sich Pinot und Co. wohl. Wenn man trockene Rieslinge probiert, wird einem schnell klar, wie sehr ein bisschen natürliche Süße zu der Anmut, Ausgewogenheit und Trinkbarkeit der meisten deutschen Weine beiträgt. Ein trockener Wein dagegen muss schon eine ungewöhnlich gute Statur haben, um derart entkleidet einer kritischen Prüfung standzuhalten. Andererseits haben engagierte Erzeuger gerade auf diesem Gebiet neuerdings die größten Fortschritte erzielt, vor allem in wärmeren Rieslingbereichen wie der Pfalz. In der Zwischenstufe halbtrocken mit bis zu 18 Gramm pro Liter Restsüße ist das erforderliche Gleichgewicht zwischen Fülle und Biss für einen Wein, der das Essen begleiten soll, viel leichter gegeben. Nicht nur der VDP, sondern auch die führenden Güter im Rheingau haben sich sehr darum bemüht sicherzustellen, dass trockene Weine und insbesondere Rieslinge nur aus angemessen reifer Frucht gekeltert werden. Deshalb sind Weine mit beißender Säure, die in den 1980 ern als trocken etikettiert wurden, heute fast völlig verschwunden. Der VDP gibt klare stilistische Parameter für seine Großen Gewächse von herausragenden Lagen vor. Im Rheingau sind für das mittlerweile im regionalen Weingesetz verankerte Erste Gewächs Mindestreifegrade für

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