Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
zu beachten gilt, ist der Unterschied zwischen deutschem Tafelwein, der aus Deutschland stammen muss, und Tafelwein ohne den Zusatz »deutsch«, der Produkte aus anderen europäischen Ländern (früher Italien, heute häufiger Osteuropa) enthalten darf. Der alkoholschwache, neutrale Grundwein wird durch Zugabe von Süßreserve aufpoliert und zu einem typisch deutschen Tropfen gemacht. Die Verwendung antiquierter Schriften auf dem Etikett soll wohl bei Unkundigen den Eindruck verstärken, dass sie es mit einem deutschen Erzeugnis zu tun haben. 1982 wurde mit dem Landwein eine neue Tafelweinkategorie mit etwas strengeren Vorschriften eingeführt. Der hat jedoch in puncto Beliebtheit und winzerischem Engagement kaum etwas mit seinem französischen Pendant, dem vin de pays , gemein. Wichtiger ist der rebellische Gebrauch der Tafelwein-Bezeichnung durch eine Handvoll Winzer, die von den offiziellen Kategorien enttäuscht sind und ihren eigenen Qualitätskriterien mehr Wert beimessen als der gesetzlichen Anerkennung.
Auf der zweiten Ebene ist der Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (QbA) angesiedelt. Der Begriff »Qualität« ist in diesem Kontext völlig bedeutungslos. Einem Deutschen mag der Unterschied zwischen dem QbA und der Spitzenkategorie, dem Qualitätswein mit Prädikat (QmP), einleuchten, für ausländische Weinliebhaber ist es jedoch schwer verständlich, dass die beiden Arten von Qualitätswein weit auseinanderliegen, ja, grundsätzlich verschieden sind.
Qualitätsunterscheidungen
Beim QbA darf zur Erhöhung des Alkoholgehalts während der Gärung Zucker zugesetzt werden. QmP ist hingegen, was vor 1971 treffender als »naturrein« bezeichnet wurde. Will heißen: Der natürliche Zuckergehalt der Trauben war hoch genug, damit Wein entstehen konnte. Der Ausdruck »Prädikat« ist recht schwammig und lässt kaum darauf schließen, dass dieser Kategorie fast alle deutschen Spitzengewächse angehören. Die Ausnahme bilden Jahrgänge, in denen die Trauben nicht voll ausreifen und sich ein ansonsten dünner, rachitischer Wein durch leichte Zuckerbeigaben verbessern kann. QmP tragen eine Zusatzbezeichnung, die Auskunft über den Reifegrad der Trauben gibt. Weine aus einfach nur reifen Trauben der normalen Lese werden Kabinett genannt. Spät gelesenes und daher reiferes Erntegut fließt in die Spätlese ein, sehr reife Beeren können zur Auslese erkoren werden. Der exakte Zuckergehalt, das »Mostgewicht«, und damit auch der potenzielle Alkoholgehalt ist für jede Kategorie und jedes Anbaugebiet gesetzlich festgelegt.
Ab dieser Stufe beginnt sich der Wein bereits durch eine merkliche natürliche Süße auszuzeichnen. Wenn eine Auslese gänzlich trocken ausgegoren wird, hat sie ziemlich viel Alkohol, was sie oft aus dem Gleichgewicht bringt. Zwei weitere Bezeichnungen gehen, was Reifegrad und Traubenauswahl anbetrifft, noch über die Auslese hinaus: die Beerenauslese, für die einzelne, extrem ausgereifte und konzentrierte Beeren gewählt werden, und die Trockenbeerenauslese, in die nur durch Edelfäule und manchmal auch ungewöhnlich große Hitze geschrumpftes Traubengut Eingang findet. Der Zuckergehalt ist bei solchen Weinen oft so hoch, dass der Gärprozess gehemmt wird und es Monate dauert, bis ein bescheidener Alkoholgehalt erreicht wird.
Trockenbeerenauslesen haben für gewöhnlich einen sehr geringen Alkoholgehalt von rund 5,5 Prozent und verblüffend viel Süße. Sie sind nicht einmal halb so stark wie ein ganz ähnlich bereiteter Château d’Yquem, dafür aber doppelt so süß. (Große TBAs können sogar noch konzentrierter und intensiver als ein Yquem geraten, wenn auch nicht unbedingt besser.)
Eine weitere QmP-Kategorie, die aufgrund der Bereitungsmethode gesonderte Erwähnung verdient, ist der Eiswein. Er wird aus Trauben gekeltert, die am Rebstock gefroren sind.
Presst man diese Trauben, bevor sie auftauen, wird das zu Eis gewordene Wasser vom Zucker, der Säure und den anderen Bestandteilen getrennt, weil sie einen niedrigeren Gefrierpunkt haben. So entsteht ein hoch konzentrierter Most, der aber meist einen geringeren Reifegrad und unweigerlich mehr Säure aufweist. Der fertige Wein kann ganz außergewöhnlich ausfallen und ist dank seines hohen Säuregehalts fast unbegrenzt haltbar.
Name und Kategorie eines QmP werden auf dem Etikett fast immer in der gleichen Reihenfolge genannt: An erster Stelle steht die Gemeinde, dann die Lage, die Rebsorte und schließlich die Zusatzbezeichnung für den
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