Der große Ölkrieg
und küß mich noch einmal, es ist schon so lange her …“
Namala war ein Paradies für ein Mädchen, das sich vor Männern fürchtete. Das Verhältnis von alleinstehenden Männern zu Frauen war vier zu eins, und sie hatte so viele Rendezvous, daß sie aus Sicherheitsgründen leicht den einen gegen den anderen ausspielen konnte. Wenn das nichts nützte, redete sich Diana mit Arbeit heraus. Sie mußte die Bewegungen einer burmesischen Tänzerin einüben, wie eine persische Dame schreiten oder die subtile Art meistern, mit der Geishas eine Platte mit rohen Fischen servieren. Man traf sie lachend, die Arme um zwei Männer geschlungen, oder allein im Mondlicht, wie sie dem Feuerwerk zusah, das die Raumstation mit Nachschub versorgte.
Am Strand konnte man viel Spaß haben. Während das Kaleidoskop die zwanziger Jahre durchlief, verbot Madame Lilly ihren Mädchen strikt, Monokinis zu tragen, und ließ sie statt dessen in den neuesten wagemutigen Flügelbadeanzügen herumlaufen, die das Knie betonten. Das verursachte einen Auflauf – und war gut fürs Geschäft.
Ihre Feinde waren die Zeit und die geringe Kopfzahl der Namala-Gemeinde. Beim Unterricht in den kriegerischen Künsten lernte sie einen Jungen namens Jack kennen. Er sprach sie ständig an; sie ignorierte ihn beharrlich. Ihr japanischer Lehrer wiederholte, die größte Vollkommenheit liege darin, einen Gegner mit einem Minimum an Gewalt zu bezwingen. Diana wollte davon nichts wissen. Sie war hier, um zu lernen, wie man Männer mit einem Stoß der Ferse oder des Handrückens zerschmetterte . Sie glaubte an einen Sicherheitsfaktor zehn. Schlag ihnen zuerst den Schädel ein und stelle dann erst Fragen.
Jack überlegte jedoch. Geschlagen arrangierte er eine Geburtstagsüberraschungsparty. Zwar wurde sie erst sechzehn, aber auf der Torte gab es einundzwanzig Kerzen. Sie unterhielt sich wunderbar, umarmte zu nächtlicher Stunde alle für ihre Geschenke, sang und tollte herum. Es gelang ihr mit Erfolg, Jack drei Stunden lang auszuweichen, wußte sie doch, wie gefährlich ein Verliebter sein kann.
Ihr entscheidender Fehler war, daß sie ein Papiertaschentuch brauchte. Jack hatte ein paar in seinem Arbeitszimmer, das für die Besucher geschlossen blieb, weil er dort das fragliche Modell der Mondstation aufbewahrte. Sie erhaschte einen Blick darauf und verliebte sich Hals über Kopf. Lange nachdem die Lustbarkeit vorüber war, saß sie noch immer im Arbeitszimmer, die Arme um Jack geschlungen, küßte ihn auf die Nase und stellte ihm Fragen über die elektromagnetische Mondlandebahn.
Die ganze Liebesaffäre dauerte zwei Wochen lang, für Diana ein Wunder an Ausdauer. Sie begleitete ihn überallhin. Wenn er arbeitete, suchte sie das Startareal auf. Er gab sein ganzes Geld im Kaleidoskop aus. Sie surften zusammen und küßten sich bei jeder Gelegenheit. Er deutete an, daß er mit ihr schlafen wolle. Sie deutete an, daß sie noch warten wolle, beschloß aber bei sich, daß er der netteste Kerl in der Welt sei und daß sie ihre Jungfräulichkeit an ihn verschenken wolle und sie später glücklich zusammenleben würden.
Zur rechten Zeit waren sie zusammen allein. Ohne Eile, sanft, begann er sie zu entkleiden. Diana fiel nur auf, daß er sich zwischen ihr und der Tür befand. Seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte sie gelernt, sich immer zwischen ihrem Vater und der Tür zu halten. Eine Zeitlang suchte sie ihren dummen Drang zu unterdrücken, aber die Angst verschwand nicht – sie wurde noch schlimmer. Sie wurde alles beherrschend. Über ihre Narretei lächelnd, schloß sie Jack in die Arme, in der Hoffnung, ihn von der Tür wegzurollen, auf die Wand zu, ohne daß sie etwas zu sagen brauchte. Er wählte diesen Augenblick, um sich zu behaupten.
Plötzlich voller Panik, warf ihn Diana aus dem Bett. Als er zornig aufschaute und noch immer die Tür besetzte, erschrak sie so sehr, daß sie ihn mit einem Karatestoß auf den Kopf traf, und rannte weg, ohne zu wissen, daß sie wegrannte. Am nächsten Tag entschuldigte er sich, als er sie traf. Sie wandte sich ab, ohne etwas zu erwidern.
Er ließ aus den Vereinigten Staaten Blumen einfliegen. Er schrieb ihr Briefe. Er tapezierte die Zimmerwände ihrer Wohnung mit papiernen Liebeserklärungen. Er schlief auf ihren Stufen. Seine Beharrlichkeit erschreckte sie. Sie konnte nicht einschlafen, immer hatte sie vor Augen, daß er sie ermorden würde. Wenn er ins Kaleidoskop kam, bedienten ihn die anderen Mädchen. Madame
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