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Der große Stier

Der große Stier

Titel: Der große Stier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sanborn
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kalifornische Aufruhr-Statut von 1973, dann unterschrieb er. Der Beamte stopfte das Papier in seinen Handschuh und beleuchtete mit seiner Lampe den Fahrer.
    »Sie wohnen da drin?«
    »Nein, ich –«
    »Dann sehen Sie zu, daß Sie in zwanzig Minuten wieder hier sind. Sonst kommen Sie heute abend nicht mehr raus. Kapiert?«
    »Jawohl.«
    Das Tor wurde geöffnet. Das Taxi kroch hinein.
    »Wie lange ist Watts schon so abgesperrt?« fragte Paul und blickte durch das Fenster, auf die dunklen Straßen.
    »Schon lange. Seit dem letzten Aufruhr.«
    »Ich wußte gar nicht, daß es wirklich umzäunt ist …«
    »Die Handelskammer gibt’s nicht richtig bekannt.«
    Es brannten keine Straßenlaternen, aber sogar in der Dunkelheit konnte Paul flüchtig die Männer sehen, die in den Toreingängen standen. Manche waren schwarz gekleidet, andere hatten bunte Tuchstreifen um den Kopf gewickelt.
    »Moslems«, sagte der Fahrer. »Haben alles ziemlich so gekriegt, wie sie’s wollten. Alles Schwarze.«
    Das Taxi eilte an leeren Schaufenstern vorbei, an Reihen von teilweise ausgebrannten Häusern, welche die Straßen wie verfaulende und zerbrochene Zähne einfaßten.
    Eine Flasche knallte gegen die Motorhaube. Der Fahrer fluchte und preßte seinen Fuß nach unten gegen das Gaspedal.
    Als Paul in der 103. Straße aus dem Wagen sprang, zahlte er mit einem Zwanzigdollarschein und wies das Wechselgeld mit einer Handbewegung zurück. Es war ein reichliches Trinkgeld, aber es gingen ihm andere Dinge durch den Kopf. Beispielsweise hatte er momentan große Angst.
    Ein wütendes Gebell vom Nachbarhaus her trieb ihn die Treppe hinauf. Er klopfte mit beiden Händen an die Tür und sah über seine Schultern zurück, als irgendwo ein zweiter Hund bellte und dann ein dritter. Da das Hundegeheul ihm in den Ohren klang, hielt er sich dicht an die Tür und wäre fast hingefallen, als sie sich vor ihm auftat.
    »Die Hunde könn’n dich riechen.« Sie faßte nach seinem Arm. »Besser, du schiebst dein’n weißen Arsch über die Türschwelle …«
    »Jawohl!« Er jagte hinein und schloß selbst die Tür.
    »Knall die Tür nicht so, Baby, du machst ja die Nachbarn wach.«
    Er schaute nach unten und dem schwärzesten Mädchen ins Gesicht, das er jemals gesehen hatte. Und klein war sie. Sie reichte ihm kaum bis zum Brustkasten.
    »Bin ich an der richtigen Stelle?« Er ließ den Türknauf los.
    »Das is der Ort …« Sie trat von ihm zurück, als ob sie ihn besser sehen wollte, und ihre Augen musterten seine Gestalt von den Füßen bis zur Stirn. Pauls Augen taten das gleiche, nur in umgekehrter Reihenfolge. Sie hatte dicke Lippen, breite Nüstern und eine so schwar ze Haut, daß ihre Zähne und Augen zu leuchten schienen. Ihre schmale Taille ließ Brust und Hüften unangenehm groß wirken, und der weiße Stoff ihrer Bluse und der Shorts war straff genug gezogen, daß man das schräggenommene Gewebe sehen konnte.
    »Mann, du siehst dir ’n Mädchen wirklich an!« Sie legte den Kopf seitlich und lachte; ihre Wangen wirkten dabei im Schimmer der unbedeckten elektrischen Birne über ihnen bläulich.
    »Verzeihung«, sagte Paul. »Ich habe einfach auf deinen Körper geschaut.«
    »Is es auch nix and’res?« Sie rieb sich mit den Händen über ihren Bauch und fing von neuem an, in sich hineinzulachen, die Zunge zwischen den Zähnen. »Ich bin Winnie. Du bist Paul?«
    »Ja. Mrs. Chen in San Francisco gab mir ein –«
    »Weiß schon, weiß schon. Komm mit nach hinten. Da sind keine Hunde.«
    »Wird Stier, Richard Stier, später hier sein?«
    »Nein, Baby. Bloß du un’ ich heut’ Abend.«
    Paul spürte eine Erektion und brachte eine Entschuldigung vor, daß er seine Hand in die Hosentasche schob – und zog schnell ein Taschentuch heraus, als Winnie wieder hersah.
    »Haste Schwierigkeiten gehabt, reinzukommen?«
    »Reinzukommen?«
    »Haste ’n Passierschein?«
    »Ich hab’ einen gekauft.«
    »Is nich mehr viel hier unten. Hab’ fast alles gepackt.«
    Das hintere Zimmer war – wenigstens früher einmal – eine Bücherei. Die Wände waren mit Eichenholz getäfelt, der Fußboden bestand aus genageltem und poliertem Holz. In einer Ecke stand ein Feldbett mit orangefarbenen Decken unter einem Dutzend Reihen leerer Bücherbretter; an einer Seite des schwelenden Kamins waren Koffer säuberlich aufeinandergestellt.
    »Hab’ die meisten Möbel weggegeben«, sagte Winnie grinsend. »All mein Zeug is in den drei Koffern.«
    »Sag mir nichts, laß mich raten!« Paul

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