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Der große Stier

Der große Stier

Titel: Der große Stier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sanborn
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Hälfte, faltete ihn wieder, knickte ihn und faltete ihn noch einmal.
    »Ich hab mal irgendwo gelesen, es wäre unmöglich, ein beliebiges Stück Papier öfter als fünfmal auf die Hälfte zu falten«, sagte er; er übergab Clayton ein Bündel Banknoten etwa in der Größe eines winzigen Butterbrots.
    »Laß die Tür bitte offen, ja, heute ist der Tag, an dem Miss Cook ihren blauen Pullover anhat.«
    Clayton murmelte etwas auf Lateinisch, das schmutzig klang, und ging. Paul holte ein Buch ›Verkaufen leicht gemacht‹ aus der Schublade und hielt es so, daß jeder, der an der offenen Tür vorbeikäme, den Titel lesen könnte.
    Er richtete den Blick auf das erste Wort des ersten Abschnitts von Seite vierunddreißig und erwartete nach der gestrigen Trinkerei seinen Kater.
     
    Für elf Uhr vormittags war eine Besprechung der künstlerischen Mitarbeiter im Büro von Lyle »Renner« Summers einberufen, dem Inspektor der California Industrial Company (Calico). Paul setzte sich auf seinen üblichen Platz am Tisch, zwischen Jerry Miller und Louise Duggan. Ned Collier, der Erste Texter, saß am anderen Ende neben Gayton Kickard, der sich damit beschäftigte, Dreiecke auf seinen Skizzenblock zu malen.
    Louise Duggan, die einzige Frau unter den technischen Sekretären in der Agentur, schwatzte vergnügt mit dem schläfrigen Jerry Miller, der mit zitterigen Fingern an seinem Bart zog und mit seinen wässerigen grauen Augen blinzelte. Paul schätzte den Alkoholgeruch, den Jerry von sich gab, auf das Ergebnis von siebenunddreißig Glas Wein; oder vielleicht hatte er auch um neun Uhr Gin getrunken, eingeschenkt aus der Va se mit künstlichen Blumen, die Jerry auf seinem Schreibtisch stehen hatte.
    »Zum Teufel auch, wo ist Renner?« Ned Collier richtete diese Frage an die Stoppuhr, die er am Handgelenk trug.
    »Er hat sich verspätet«, sagte Clayton.
    »Vielen Dank«, sagte Collier.
    Paul faltete die Hände auf dem Tisch und fing an zu überlegen, was für Melodien er summen könnte.
    Jerry bekam einen Hustenkrampf.
    Da ging die Tür auf, und Lyle Summers, der sagenhafte Renner der Sansome Street, kam hereingestürzt. Sein kleines, rundes Gesicht glänzte von Schweiß. Er betupfte es heftig mit dem Rücken seines Handgelenks; dabei grinste er die ihm zugewandten Gesichter mit dem Ausdruck eines liebenswürdigen Kindes an, das seine Weihnachtsgeschenke zu früh ausgepackt hat.
    »’tschuldigung zusammen«, sagte er, machte seinen grünen Seidenschlips auf und zerrte ihn nach unten auf den Versammlungstisch; »aber heute morgen ist mir auf dem Wege zur Agentur eine höchst drollige Sache passiert. Was meinen Sie, ich hätte fast einen neuen Bericht gekriegt. die zweite Klasse der Lincoln-High-School!«
    Alles lachte mit Ausnahme von Jerry, dessen Gesichtszüge in sich zusammenfielen und einen Ausdruck bekamen, als litte er an akuter Verdauungsschwäche.
    Renner Summers wischte sich die Handflächen an den Seiten seines tadellos geschneiderten schwarzen Mohair-Anzugs ab und lehnte sich über den Tisch.
    Ned Collier nahm die Brille ab.
    Paul zog einen kleinen Notizblock aus der Brusttasche.
    Gayton hörte auf, Dreiecke zu malen.
    Louise fing an, sich die Fingernägel zu feilen.
    Jetzt würde die Besprechung anfangen.
    »Wie Sie ja alle wissen«, sagte Renner, »brauchen die Jungen unten in Calico nicht lange, um mit einer ziemlich aufregenden Angelegenheit herauszukommen. Ihre Abteilung R und D da unten schleift die Spätzünder ein; die Folge ist, daß die gesamte Industrie zu neuen Horizonten getrieben wird!«
    Renners Hand, jetzt Düsenflugzeug, jagte heftig aufwärts, beschrieb eine scharfe Kurve, bombardierte den Tisch und landete dann sicher in seiner Hosentasche.
    »Womit sie jetzt herausgerückt sind, das wird nicht nur die Landwirtschaftsindustrie revolutionieren, es wird auch die chemische Industrie revolutionieren, es wird dieIndustrie en gros und en detail und die Landwirtschaft revolutionieren.«
    »Ja was zum Himmel noch mal ist das denn?« fragte Collier und preßte seine Brillenbügel in der Hand.
    Renner erhob sich auf die Zehen, verschränkte die Hände im Rücken und sog an seiner Oberlippe. Er blickte zur Decke hoch, bis das Gewicht seines Geheimnisses geradezu seinen Kopf nach vorn herunterfallen ließ.
    »Ich frage Sie, meine Herren – und meine Dame. Was bringt Obst und Gemüse zum Wachsen? Ist es nicht Dünger? Und was ist der beste Dünger, den der Mensch kennt? Sogar noch besser als chemischer

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