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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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entfremdet die besten Freunde und stört alle Verhältnisse! ist ein gedankenloser, schäbiger Paragraph, der Paragraph der Kindsköpfe, die nichts erfahren haben, nichts erfahren wollen und nichts sein und bleiben werden als eben Kindsköpfe. Verhältnisse, welche durch Schulden zerstört werden, haben von Anfang an nichts getaugt, und es ist ein närrisches Wesen der Leute, daß sie wollen Leute sein und gute Freunde bleiben, ohne ihr gemütliches Vertrauen, ihre Achtung und Liebe irgendwie auf eine wirklich »unbequeme«
    Weise prüfen und beweisen zu müssen. Ein kluger Mann wird daher jene kurzgeschorene Kahlmäuser-Weisheit kassieren und zu seinem Sohne sagen »Mein Sohn! wenn du ohne Not und sozusagen zu deinem Vergnügen Schulden machst, so bist du in meinen Augen nicht sowohl ein Leichtsinniger als vielmehr eine niedrige Seele, die ich im Verdachte eines schmutzigen Eigennutzes habe, der andere unter dem Deckmantel einer gemütlichen Liederlichkeit absichtlich um ihre Habe bringt. Wenn aber ein solcher von dir borgen will, so weise ihn ab; denn es ist besser, du lachest über ihn als er über dich! Wenn du hingegen in Verlegenheit gerätst, so borge, soviel es sein muß, und ebenso diene deinen Freunden, ohne zu rechnen, und alsdann trachte, für deine Schulden aufzukommen, Verluste verschmerzen oder zu dem Deinigen gelangen zu können, ohne zu wanken und ohne schimpflichen Zank; denn nicht nur der Schuldner, der seine Verpflichtungen einhält, sondern auch der Gläubiger, der ohne Zank dennoch zu dem Seinigen kommt, beweist, daß er ein wohlbestellter Mann ist, welcher Ehrgefühl um sich verbreitet. Bitte keinen zweimal, der dir nicht borgen will, und laß dich ebensowenig drängen; denke immer, daß deine Ehre an die Bezahlung der Schulden geknüpft sei, oder vielmehr denke das nicht einmal, denke an gar nichts, als daß soundso viel zu bezahlen sei; aber hüte dich, über einen andern, der dir ein gegebenes Versprechen nicht einhalten kann, sogleich den Stab zu brechen und dich auf seine Ehre zu berufen. Nach dem Maße aber, in welchem du dich in Verpflichtungen begibst und deine in dir selbst liegenden Kräfte dabei in Erwägung ziehst, wirst du erfahren, ob du dich überhaupt unter-oder überschätzest, und wenn eines von beiden der Fall wäre, so würde es gleichgültig sein, ob du es gerade noch in Schuldsachen tätest, da du es in allen anderen Dingen doch auch tun und ein unglückseliger Patron mit oder ohne Schulden sein würdest. Wenn du aus alledem unbescholten und als ein Freund deiner Freunde hervorgehst, so bist du mein Mann! Du wirst die Abhängigkeit unseres Daseins menschlich fühlen gelernt haben und das Gut der erkämpften Unabhängigkeit auf eine edlere Weise zu brauchen wissen als der, welcher nichts geben und nichts schuldig sein will.«
    Idealisiert ist das wahre Wesen des ehrlichen Schuldenmachens im Cid, welcher den Juden eine Kiste voll Sand versetzt und sagt »Es ist Silber darin!«
    und dann erst auszieht, um auf gut Glück mit dem Schwerte in der Hand seine Lüge wahr zu machen! Welche Verdrießlichkeiten, wenn ein Neugieriger vor der Zeit die Kiste erbrochen und untersucht hätte! Und doch wäre es derselbe Cid gewesen, dessen Leiche noch das Schwert ein bißchen aus der Scheide zog, als sie ein Jude am Bart zupfen wollte!
    Wir wollen indessen den grünen Heinrich nicht mit jenem tapfern Cid vergleichen, welcher in seinem Manneshandwerk ein Meister war und jeden Augenblick wußte, was er wollte. Heinrich wußte dies, als er wie ein Robinson in der zivilisierten Wildnis nach Nahrungsmitteln ausgehen sollte, schon nicht mehr deutlich, und die beiden Entdeckungsreisen, diejenige nach seiner menschlichen Bestimmung und diejenige nach dem zwischenweiligen Auskommen, trafen auf höchst mißliche Weise zusammen. Genug, da er vor allem Muße brauchte, so war er sein eigener Mäzen und machte Schulden.

Fünftes Kapitel
    Er verschwieg dies sorgsam vor seiner Mutter, schrieb ihr aber auch nicht, daß er etwas erwerbe, da es ihm nicht einfiel, sie anzulügen, und da es ihm in der Tat bei seiner Sorglosigkeit und seinem sichern Gefühl, daß er schon etwas werden müsse und würde, ganz gut erging, so berichtete er der Mutter in jedem Briefe, es ginge ihm gut, und erzählte ihr weitläufig allerlei lustige Dinge, die ihm begegneten oder welche er in dem fremden Lande beobachtete. Die Mutter hingegen glaubte echt frauenhaft, wenn man von einem Übel nicht spreche, so bleibe es ungeschehen,

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