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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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viel Vergnügen, als ob es mein eigenes Verdienst wäre und ich die lieben Zahlungsmittel selbst erworben hätte. Fast bedauerte ich, daß nicht noch mehr zu bezahlen und die Herrlichkeit so bald zu Ende war; doch wurde der Übermut gedämpft, als ich noch am gleichen Tage auch bar Geliehenes an gute Bekannte zurückzahlte und dieselben das Geld mit vollkommener Gleichgültigkeit beiseite legten.
    Hieran sah ich, daß ich in ihren Augen nicht etwas besonders Merkwürdiges getan hatte, und zog die Hörnlein der Selbstzufriedenheit wieder ein. Dennoch war ich leichten Mutes, betrachtete die Zahlungsfähigkeit der Mutter gewissermaßen als meine eigene und feierte am Abend ein kleines Befreiungsfest, mit dessen Aufwand, so bescheiden er war, das Mütterchen sich einen halben Monat lang erhalten konnte. Ich sang sogar in rascherm Takte, als seit manchen Tagen geschehen, ein Lied voll Sorgenverachtung, wie wenn ich aller Übel der Welt ledig wäre.
    Allein gleich am Morgen gewahrte ich, daß noch ein Ende der Kette vorhanden in Gestalt des Häufleins Taler, welches von meinem Schatze übriggeblieben war. Denn als ich denselben erst jetzt genauer berechnete und abzählte und die letzte schon angebrochene Papierhülse vollends auseinanderschlug, zeigte es sich, daß ich höchstens ein Vierteljahr daran zu leben hatte. Ich wunderte mich nicht wenig, wie die Sorge so behende wieder hereingeschlüpft, und vermutete zuletzt, sie sei gar nicht von der Stelle gegangen, gleich der Frau des Swinegels, die im Wettlaufe mit dem Hasen ruhig in der Furche saß und rief: »Ich bin allhier!«
    Doch zögerte ich nicht, einen neuen Auslauf nach dem Erwerbe zu unternehmen; mit Überlegung schlug ich, wie ich glaubte, einen klugen Mittelweg ein, indem ich ein paar kleinere Landschaften ohne Anspruch auf geistreichen Stil oder Phantasie, dagegen mit sorgfältiger Rücksicht auf Gefälligkeit zu malen begann, immerhin aber eine gewähltere Naturwahrheit zugrunde legte und nicht mit Gewalt das einmal zierlich Gewachsene ins Plumpe, das Geformte ins Formlose verwandelte. Auf diesem Wege vermeinte ich einen glücklichern Erfolg nicht verfehlen zu können, während mir unterderhand das angestrebte Gefällige der Ausführung nur zu einer gewissen reinlichen Bescheidenheit geriet, die Form aber für den rohern Blick sofort wieder einen verdächtigen Anschein von Stil gewann. Das war freilich wieder nicht zweckmäßig; denn die gleichen Menschen, welche die Angelegenheiten ihres täglichen Lebens nur mit großen Worten und erhabenen Wendungen behandeln, sind es ja, die sogleich die Nase zurückziehen, wenn sie in der Kunst etwas wittern, das wie Stil oder Form aussieht.
    Neben der Vorsicht, die ich an die Arbeit verwandte, beschäftigte mich noch das Abwägen der fliehenden Zeit mit der täglichen Abnahme meines Barvorrates; dies alles, mit einem geruhigen Maße von Furcht und Hoffnung durchwirkt, läßt mir jene kleine Spanne Zeit samt ihren kleinen Verhältnissen als ein Stück wohlverbrachten friedlichen Daseins erscheinen, gleichmäßig erfüllt von bescheidenem Anspruch, redlicher Tätigkeit und tröstlicher Erwartung des unbekannten Erfolges. Fehlt einem solchen Zustande einstweilen das tägliche Brot nicht, während das kommende Bedürfnis doch die Seelenkräfte wach erhält, so wäre er lebenslang leicht zu ertragen. Das erkennt man erst, wenn die Hoffnungen gebrochen sind und man den frühern Zustand, wo sie noch ungewiß waren, wieder herbeiwünscht.
    Als ich beide Zwillingsbilder fertig hatte, war es mit dem zufriedenen Leben vorbei, und ich mußte auf den Handel ausgehen. Sie der öffentlichen Ausstellung anzuvertrauen, konnte ich mich nach jenem plagiatorischen Unglück nicht schon wieder entschließen, was allerdings ein Zeichen des Anfänger oder Dilettantentumes war; denn eine volle Begabung kann dergleichen leicht verschmerzen und braucht sich nicht darum zu kümmern, wie das Schattenvolk sich um das Eigentum von Ideen und Erfindungen zankt.
    Ich begab mich nun zu einem angesehenen Händler, Beherrscher der Auktionen und Aufkäufer von Künstlernachlässen, welcher auch ganz neue Bilder kaufte, wenn sie vor seiner Kennerschaft Gnade fanden oder seine Gewinnlust sonst durch irgendeinen geheimnisvollen Vorzug reizten. In einem schönen Hause war das Erdgeschoß mit sogenannten alten Meistern und neueren Gemälden angefüllt, und hinter den Fenstern waren stets einige zu sehen, aber niemals etwas, für das der Mann keinen Namen hatte.

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