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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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eine gewisse Achtung meiner Umgebung. Wir durchzogen Arm in Arm die Stadt und die Lustplätze vor derselben; das schöne Wetter, die Freude, der Wein regten mich auf und machten mich geschwätzig und ausgelassen, keck und gewandt; aus einem stillen und blöden Fernesteher war ich urplötzlich ein lauter Tonangeber geworden, der sich in übermütigen Bemerkungen und Erfindung von Schwänken erging und welchen die übrigen Wortführer, die sich bisher wenig aus mir gemacht, sogleich anerkannten und hätschelten. Die Eigenschaft als Fremder, der neue Schauplatz erhöhte noch die Stimmung. Es ist schwer zu entscheiden, was größer war, ob meine Redseligkeit, mein Freudenrausch oder meine erwachte Eitelkeit; kurz, ich schwamm in einem ganz neuen Glücke, welches am dritten Tage womöglich noch zunahm, als wir heimwärts zogen und die allseitige Zufriedenheit sowie die freiere Ordnung und Haltung eine neue Reihe fröhlicher Auftritte veranlaßten.
    Als ich mit Sonnenuntergang das Haus meiner Mutter betrat, bestaubt und sonnverbrannt, die Mütze mit einem Tannenreise geschmückt, die Mündung des Gewehrchens und der eigene Mund prahlerisch von Pulver geschwärzt, da war ich nicht mehr der gleiche, wie ich ausgezogen, sondern einer, der sich mit den kecksten Führern der Knabenwelt in verschiedene Verabredungen und Versprechungen eingelassen hatte zur Fortsetzung des begonnenen Tones.
    Hauptsächlich sollten die tanzkundigen Feintuer und Weichlinge, wie wir sie nannten! verhindert werden, uns bei der einheimischen Schönheit etwa in den Schatten zu stellen; wir wollten daher ihren zierlichen Künsten ein derbes militärisches Wesen, kühne Taten und allerlei Streifereien und Unternehmungen entgegensetzen zur Begründung eines bedenklichen Ruhmes.
    Voll von diesen Ideen und noch voll der durchlebten Freude, die ich sowenig erschöpft hatte als sie mich, fühlte ich mich in der besten Laune und erging mich in unserm Hause in lauten Erzählungen und prahlerischem, barschem Wesen, bis ich durch einige magische Witzkörner, die meine Mutter in die unbescheidene Brandung warf, für einmal zu Ruhe und Schlaf gebracht wurde.

Vierzehntes Kapitel
    Prahler, Schulden, Philister unter den Kindern Meine neuen Freunde ließen mir nicht Zeit, aus meiner Verirrung zu kommen; schon der nächste Tag, an dem ich, selbst eine Art von Größe, in der renommiertesten Gesellschaft unserer Stadt zu sehen war, weckte alle neuen Erinnerungen wieder; die Nachklänge des Festes gaben Gelegenheit, den Rest meiner Barschaft anzubringen und dagegen erneute Lorbeeren einzutauschen.
    Für einen der nächsten Sonntage wurde ein großer Spaziergang verabredet, welcher wieder eine Demonstration gegen die Feinspinner werden sollte. In meinem Leichtsinn hatte ich nicht bedacht, woher ich die nötigen Mittel nehmen wolle, also auch keinen Vorsatz gefaßt; als aber der Augenblick da war, griff ich wieder in den Schrein, ohne etwas anderes zu fühlen als das zwingende Bedürfnis und eine Art dunklen Entschlusses, daß es das letzte Mal sei.
    So ging es den ganzen kurzen Sommer hindurch. Die veranlassende Laune war längst verflogen, die Teilnehmer hatten sich dem ordentlichen Lauf der Dinge wieder gefügt; auch über mich hätten Maß und Bescheidenheit ihre Herrschaft wiedergewonnen, wenn nicht eine andere Leidenschaft aus der Sache erwachsen wäre, nämlich die des unbeschränkten Geldausgebens, der Verschwendung an sich. Es reizte mich, jeden Augenblick die kleinen Herrlichkeiten, wonach jedes Alter gelüstet, kaufen zu können; immer hatte ich die Hand in der Tasche, um mit Münzen hervorzufahren Gegenstände, welche Knaben sonst eintauschen, kaufte ich nur mit barem Gelde, gab solches an Kinder, Bettler und beschenkte einige Gesellen, die meinen Schweif bildeten und meine Verblendung benutzten, solange es ging. Denn es war eine wirkliche Verblendung. Ich bedachte im mindesten nicht, daß die Sache doch ein Ende nehmen müsse; nie mehr öffnete ich das Kästchen ganz und übersah das Geld, sondern schob nur die Hand unter den Deckel, um ein Stück herauszunehmen, und überdachte auch nie, wieviel ich schon verschleudert haben müsse. Ich empfand auch keine Angst vor der Entdeckung; in der Schule und bei meinen Arbeiten hielt ich mich nicht schlimmer als früher, eher besser, weil keine unbefriedigten Wünsche mich zu träumerischem Müßiggange verleiteten und die vollkommene Freiheit des Handelns, welche ich beim Geldausgeben empfand, sich auch im Arbeiten

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