Der gruene Stein
hochgehe, höre ich, wie sie sich gegenseitig beschimpfen. Es ist schon eine Weile her, seit Makri einen Gast zusammengeschlagen hat, aber anscheinend ist es bald wieder so weit.
In ihrer eleganten Kleidung hebt sich Lisutaris nur umso krasser gegen mein schäbiges Büro ab. Ihr offizieller Zaubererregenbogenmantel changiert in allen Farben. Allerdings setzt sie sich diesmal nicht hin, was recht ungewöhnlich ist, sondern geht nervös hin und her, eine Thazisrolle in der Hand.
»Die Dinge haben sich zum Schlechteren entwickelt?«, frage ich.
»Allerdings. Konsul Kahlius vermutet bereits, dass das Medaillon verschwunden ist. Er hat heute Morgen seinen Repräsentanten in meine Villa geschickt, der direkt nachgefragt hat, ob es sich noch in meinem Besitz befindet.«
»Wie hat der Konsul die ganze Angelegenheit herausbekommen?«
Lisutaris schaut mich an.
»Wie? Vermutlich hat es etwas mit der Art zu tun, wie Ihr durch die Stadt walzt und eine Spur von Leichen in Eurem Kielwasser hinterlasst. Mir ist durchaus klar, dass Ihr nicht gerade wegen Eures Fingerspitzengefühls berühmt seid, aber als ich Euch engagiert habe, hätte ich nicht erwartet, dass Ihr anfangt, ein Massaker unter den Einwohnern dieser Stadt anzurichten. Früher oder später musste das jemandem auffallen.«
Die Unverfrorenheit dieser Frau verblüfft mich. »Ich habe niemanden umgebracht. So wie die Leute hinter diesem Medaillon her sind, ist es kein Wunder, dass der Konsul Wind davon bekommen hat. Ich kann nicht glauben, dass Ihr mir die Schuld daran gebt.«
»Das könnt Ihr nicht? Wieso denn nicht? Ihr wollt doch ein Detektiv sein. Und doch seid Ihr selbst bei diesem einfachen Fall nachweislich nicht in der Lage, ein Ergebnis zustande zu bringen. Sagt mir, Thraxas, habt Ihr bei den meisten Eurer Fälle genaue Hinweise darauf, wo sich der gestohlene Gegenstand befindet?«
»Nein.«
»Und ich habe Euch dreimal präzise beschrieben, wo das Medaillon gefunden werden kann, und trotzdem ist es Euch bei keiner dieser drei Gelegenheiten gelungen, es wiederzubeschaffen. Stattdessen bekomme ich immer nur Meldungen, dass ein brutales Gemetzel stattgefunden hat und das Schmuckstück wieder verschwunden ist. Haltet Ihr es nicht auch für eine gute Idee, zur Abwechslung einmal rechtzeitig irgendwo einzutreffen, damit Ihr des Juwels habhaft werdet, für dessen Wiederbeschaffung ich Euch bezahle?«
Lisutaris bleibt mitten im Raum stehen und wirft mir einen feindseligen Blick zu. Da er von der Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung kommt, gibt mir das allen Grund zur Sorge. Lisutaris ist eine der mächtigsten Zauberinnen der Welt, und wenn sie auf die Idee verfällt, dass es Zeit wäre, ein klein wenig Magie an einen nutzlosen Detektiv zu verschwenden, möchte ich nicht gern dieser Detektiv sein. Ich trage zwar ein schönes Zauberschutzamulett um den Hals, aber selbst dieser magische Schutz könnte den Kräften von Lisutaris nicht lange standhalten.
So weit, so gut. Andererseits gestatte ich niemandem, in mein Büro zu marschieren und mich zu beschimpfen. Ich begegne ihrem Blick kühl und erwidere, dass ich den Auftrag nicht erfüllen kann, wenn ich nicht genug Zeit dafür bekomme, und dass es außerdem ganz hilfreich wäre, wenn sie mir alle Tatsachen dieses Falles mitteilen würde.
»Wollt Ihr etwa andeuten, dass ich Euch Informationen vorenthalte?«
»Das tun die meisten Klienten. Ihr sagtet, dass niemand die wahre Kraft dieses Medaillons kennt. Das ist ganz offensichtlich nicht richtig. So, wie sich die Leute gegenseitig abschlachten, wenn sie es erst einmal in die Hände bekommen haben, würde ich sagen, dass irgendjemand über seine Bedeutung sogar sehr genau im Bilde ist. Als Ihr zuerst hier aufgetaucht seid, schien es sich um einen sehr einfachen Auftrag zu handeln, und wir hatten es eilig, also habe ich nicht den ganzen Hintergrund des Falles abgeklopft. Vielleicht hätte ich das tun sollen. Wer in Eurem unmittelbaren Umfeld wusste zum Beispiel, dass Ihr dieses Medaillon habt?«
»Niemand außer meiner Sekretärin.«
»Dann sollte ich vielleicht ein Wörtchen mit Eurer Sekretärin reden.«
»Ihr werdet sie nicht befragen«, lehnt Lisutaris mein Ansinnen ziemlich heftig ab.
»Ich halte das aber für eine gute Idee.«
»Es interessiert mich nicht, was Ihr denkt. Ihr werdet nicht mit meiner Sekretärin reden, basta. Sollte sich das Wissen über die wahre Bedeutung des Medaillons verbreitet haben, ist das zwar sehr bedauerlich, aber nicht weiter
Weitere Kostenlose Bücher