Der gruene Stein
Gegenteil, wir können wohl davon ausgehen, dass sehr bald alle davon wissen. Seid Ihr immer noch sicher, dass Ihr keine weitere Hilfe hinzuziehen wollt?«
Lisutaris ist sich völlig sicher. »In dem Moment, in dem ich den Verlust zugebe, bin ich erledigt. Wir haben noch zwei Tage. Ihr müsst das Medaillon finden.«
»Ich tue mein Bestes. Es würde mir aber nützen, wenn Ihr mir ein paar Einzelheiten erklären würdet, die mir bisher noch Rätsel aufgeben.«
»Und das wäre?«
»Zum Beispiel, warum so viele Leute sterben. Es ist einfach unglaubwürdig, dass sie sich alle zufällig im Kampf um dieses Medaillon umgebracht haben. Diebe bringen sich nicht einfach so um. Wenn einer mächtiger ist, dann schrecken die anderen beim ersten Anzeichen von Gewalt sofort zurück. Und keiner dieser Tatorte ähnelt den Tatorten von Morden, die ich kenne. Auf mich wirkt es eher so, als hätte etwas die Leute beeinflusst, so dass sie dem Wahnsinn verfallen sind. Eine Vermutung, die auch von den letzten Worten einiger Verschiedener gestützt wird. Ein Mann erzählte mir, er wäre auf einem wunderschönen goldenen Schiff, ein anderer hielt sich für den König von Turai. Gibt es einen besonderen Grund, warum sie so etwas denken sollten?«
»Ja«, gibt Lisutaris zu. »Wenn ein ungeübter Geist in das grüne Juwel sieht, verfällt er dem Wahnsinn. Und wenn vier Leute gleichzeitig hineinschauen, würden sie sich sehr wahrscheinlich gegenseitig umbringen, wenn erst ihre Träume die Realität kontrollieren.«
»Und das sagt Ihr mir erst jetzt? Meint Ihr nicht, dass Ihr damit etwas früher hättet rausrücken können?«
»Ich habe Euch doch gesagt, dass es ein gefährliches Objekt ist«, protestiert Lisutaris schwach.
»Aber Ihr habt nicht gesagt, dass es so gefährlich ist, dass es jeden zu einem Gemetzel anstachelt, der auch nur hineinsieht. Also besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass diejenigen, die in das Medaillon sehen, jedes Mal verrückt werden, ihre Kumpane umbringen und dann damit flüchten?«
»Ja. Aber sie kommen nicht weit. Wenn sie erst einmal hineingesehen haben, werden sie vermutlich auch ohne Gewaltanwendung sterben. Das Juwel wird einfach ihren Verstand zerstören.«
Dazu hätte ich noch einiges sagen können. Lisutaris hätte mir wirklich mehr Information geben müssen, als sie mich engagiert hatte. Aber es ist sinnlos, sich jetzt lange zu beschweren. Ich stecke in der Sache drin.
»Also haben wir es jetzt mit zwei Problemen zu tun. Das eine ist, dass viele Leute von dem Juwel zu wissen scheinen. Das andere, dass dieses Schmuckstück sie alle in den Wahnsinn treiben wird.«
Lisutaris starrt in ihr Glas. »Dieser Kleeh ist ekelhaft. Meine Kehle brennt wie Feuer. Wo kauft Ihr das Zeug?«
»Ghurd bekommt es von einem Kloster in den Bergen geliefert. Die Mönche destillieren den Kleeh in ihrer Freizeit.«
»Hegen sie einen Groll gegen die Stadt?«
»Ich finde ihn anregend.«
Lisutaris leert ihr Glas und zuckt wieder zusammen, als die scharfe Flüssigkeit ihre Kehle hinunterrinnt. »Es ist pures Gift. Dieser Schnaps kann einen umbringen«, sagt sie und hält mir ihr Glas hin. »Gebt mir noch was davon.«
Ich schenke ihr nach. »Ich könnte Ghurd bitten, Euch ein paar Flaschen für Euren Maskenball vorbeizuschicken.«
»Ich glaube nicht, dass die Senatoren so etwas vertragen«, erwidert Lisutaris. Offenbar entgeht ihr meine Andeutung völlig, dass sie mich einladen sollte. Nicht, dass ich überhaupt auf den Ball gehen möchte. An dem Anblick, wie sich Turais Aristokratie in albernen Kostümen verlustiert, liegt mir nicht sonderlich. Aber es wurmt mich immer noch, dass Makri eine Einladung erhalten hat. Alles, was sie für Lisutaris auf dem Zaubererkonvent getan hat, war, hinter ihr herzulaufen und zu tun, als wäre sie eine Leibwächterin. Dabei haben die beiden sich derartig mit Thazis, Boah und Kleeh abgefüllt, dass ich sie in einer Karosse nach Hause schaffen musste. Ich habe die ganze Drecksarbeit geleistet, und dieser Undank ist einfach widerlich. Plötzlich fällt mir auf, dass Lisutaris bereits eine geraume Weile mit mir geredet hat.
»Was sagtet Ihr gerade?«
»Habt Ihr mir nicht zugehört?«
»Ich habe gerade einige Aspekte des Falles durchdacht. Sagt es mir bitte noch einmal.«
»Ich kann das Medaillon nicht mehr lokalisieren.«
»Warum nicht?«
Lisutaris ist gereizt, weil sie sich wiederholen muss. Offenbar hat sie unmittelbar nach meinem fehlgeschlagenen Versuch, das Schmuckstück im
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