Der grüne Stern
abgelaufen. Nun ging es an die eigentliche Mahlzeit.
Glücklicherweise war nur mein Oberkörper im Zangengriff, meine Arme und Beine waren frei. Um der gefährlichen Abwärtsbewegung zu den unteren Greif- und Beißwerkzeugen zu begegnen, schwang ich meinen Körper aufwärts und stemmte die gestiefelten Füße gegen die lederartige Haut der Kopfrundung des Vorderleibs. Dann versteifte ich mich und widerstand mit aller Kraft dem Versuch des Kieferpaars, mich nach unten zu zwingen. Nun hob die Spinne das untere Kieferpaar, aber die Unbeholfenheit der mehr als schenkelstarken Zangenglieder verhinderte einen Erfolg; sie schnappten hinter meinem Rücken ins Leere.
Die Kraft meiner Rücken- und Beinmuskeln war beträchtlich, und es war der Spinne nicht möglich, mich mit ihren oberen Gliederarmen hinunterzuziehen. Aber wie lange konnte ich dem anhaltenden Druck widerstehen? Es sah nicht so aus, als könnte ich die Kräfte der Riesenspinne erschöpfen. Alles sprach dafür, daß es umgekehrt verlaufen würde. Früher oder später mußten meine Beine knieweich werden und nachgeben, und dann war es aus. Diese zähen und unerbittlichen Mundwerkzeuge, gesteuert von einem primitiven Nervensystem, in dem sich vernunftlose Gier mit unendlicher Geduld paarte, würden mich einfach so lange festhalten, bis sie meinen nachlassenden Widerstand überwinden und mich zerkleinert in den Mund schieben konnten.
Von außen hatte ich keine Hilfe zu erhoffen. Auch Niamh hatte keine Waffe, und die geringe Kraft ihres zierlichen Körpers konnte nichts bewirken. Trotzdem kämpfte ich mit verbissener Hartnäckigkeit weiter. Selbst die Erkenntnis, daß es nur noch eine Frage der Zeit war, konnte mich nicht zum Nachgeben verleiten.
Nicht angesichts dieser lebenden Fleischmaschine, die bereits eingeschaltet war, mich zu verarbeiten …
Die Muskeln meiner Oberschenkel und Waden begannen unter der ständigen Anspannung zu schmerzen. Wenn ich nur eine Waffe hätte, irgendeine Waffe! Denn meine Hände waren frei.
Meine Hände waren frei!
Ohne eine Sekunde zu zögern, packte ich wieder die borstigen Vordergelenke, die mich wie Schraubzwingen hielten, und setzte die Kraft meiner Arme dagegen, um den Griff ein wenig zu mildern, dann hob ich den rechten Fuß und trat mit dem Stiefelabsatz in das kleine Auge auf dieser Seite.
Es war ein verzweifeltes Manöver, aber das einzige, das vielleicht eine Verbesserung meiner aussichtslosen Lage bringen konnte. Die Augen waren die einzigen verwundbaren Punkte in der lederartig zähen und unnachgiebigen Haut, die den Kopfteil der Spinne einhüllte.
Mit drei kräftigen Tritten hatte ich das linke Auge, das aus vier harten Punktlinsen zu bestehen schien, zertrümmert. Aus der schwärzlichen Wunde sickerte eine dickflüssige, gelbliche Substanz.
Ich weiß nicht, ob das Spinnenungeheuer imstande war, Schmerzen zu empfinden, aber es wurde unruhig. Die acht riesigen Beine begannen nervös umherzutasten, die unablässigen Kaubewegungen der unteren Kiefer hörten auf. Gleichzeitig verstärkte sich der Druck der oberen Kieferklauen derart, daß die Metallplatten meines Brustharnischs knirschten. Ohne ihren stabilisierenden und druckverteilenden Schutz wäre ich von beiden Seiten wie mit Dolchen durchbohrt worden.
Mit einiger Mühe verlagerte ich mein Gewicht auf das rechte Bein, holte mit dem linken Fuß aus und hackte mit dem Absatz auf das andere Auge ein.
Die gigantische Spinne sprang mit allen acht Beinen zugleich rückwärts, als mein Absatz die vierfache Linsenstruktur in ein ölig triefendes Loch verwandelte und weiterhackte, bis der halbe Stiefel in der Wunde steckte.
Der mächtige Körper des Ungetüms zitterte, endlich durchzuckt
von stechenden Schmerzen, die Beine streckten und krümmten sich … und die Kieferklauen ließen mich los!
Ich landete im Netz, die Arme instinktiv ausgebreitet, um ein Durchfallen zu verhindern, zog mich hoch und kroch auf allen Vieren davon, unter mir den düsteren Abgrund, der mir im Moment keine Angst einjagen konnte. Ich war nur von einem Gedanken beseelt: Weg von hier! Fort! Nur fort! Schnell!
Dann war Niamh an meiner Seite, nahm meinen Arm um ihre Schultern und half mir auf, stützte mich, und ich wankte weiter, eine Hand am klebrigen Kabel, mit zitternden Knien und wirbelnden Punkten vor den Augen.
So erreichten wir das dicke Haltekabel, und ich sah mich das erste Mal um. Hinter uns zuckte die Riesenspinne in ihrem Netz, zitternd, mit krampfhaften Tastbewegungen ihrer
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