Der grüne Tod
dem Tod neues Leben erwächst und dass man nichts als gegeben voraussetzen darf, weil in der Natur nichts ist, wie es scheint.« Er zuckte die Achseln. »Das trifft wohl in gleicher Weise auf die Menschen zu.«
»Ist es denn dort, wo du herkommst, anders?«
»Nein«, erwiderte er leise, »nicht wirklich. Es ist nur nicht so heftig. Alles hier ist um ein Vielfaches größer oder stärker: die Dinge, die Geräusche, die Gerüche. Diese Welt versetzt alle deine Sinne in den Turbogang.« Er grinste in der Dunkelheit. »Es ist nicht so einfach, sich zu entspannen und dem Schönen hinzugeben, wenn man weiß, dass das, was man gerade bewundert, jeden Moment versuchen könnte, dir ein Bein auszureißen.«
»Ich würde niemals zulassen, dass dir so etwas passiert.«
»Besten Dank, Teal. Ich weiß …« Er stutzte, mehr über ihren Ton als über die Tragweite ihrer Äußerung.
Sie war in höchstem Maße konzentriert. Nicht auf den Wald. Nein, vielmehr auf ihn.
»Ich bin ohne einen Partner, Flinx.« Das war alles, was sie sagte. Der Satz hing in der Luft wie ein Samenkorn, das darauf wartete, dass irgendjemand ihm die nötige Hege und Pflege zukommen ließ.
Er wandte seinen Blick von ihr ab. »Ich bin noch niemals verheiratet … mit jemandem verbunden gewesen, Teal. Das habe ich dir doch schon gesagt.«
Sie schmiegte sich noch ein wenig enger an ihn, ihre Worte wie ihr Körper voller Erregung und Verheißung. Nicht weit von ihnen schliefen die Furcots und die Kinder tief und fest.
»Ich hab dir geholfen, du hast mir geholfen. Aber ich glaube, dass da mehr ist als nur gegenseitige Hilfe. Wir sind gut füreinander.«
Er hatte zahllose Welten besucht, war Gefahren entronnen, die nur wenige sich vorstellen konnten, hatte mit den Guten und mit den Bösen zahlreicher Spezies interagiert, doch nicht einmal seine einzigartigen Fähigkeiten waren in der Lage, ihn auf Teals Direktheit vorzubereiten, noch konnten sie ihm raten, was er antworten sollte.
»Teal, ich – ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Ich bin nicht auf der Suche nach einer Frau.« Er wandte sich von ihr ab, und sein Blick wanderte über die Umrisse des gewaltigen Waldes. »Ich bin nicht einmal sicher, ob es fair von mir wäre, mich überhaupt mit jemandem zu verbinden.«
Sie verstand nicht. »Wieso? Flinx, ist irgendetwas mit dir nicht in Ordnung?«
»Ja. Nein. Etwas ist – anders an mir. Ob es in Ordnung ist oder nicht, habe ich bis jetzt noch nicht herausgefunden. Manchmal ist es eine ganz nützliche Sache, und dann wieder gibt es Augenblicke, da halte ich es in meinem eigenen Kopf nicht mehr aus.«
»Was redest du da für einen Unsinn? Wo sonst solltest du denn hin?«
Er setzte bereits zu einer Antwort an, hielt dann jedoch inne. Wie sollte er ihr klar machen, dass er sich tatsächlich bereits wiederholt außerhalb seines Kopfs aufgehalten hatte? Das eine Mal mit der Hilfe der Ulru-Ujurrer und das andere Mal vor nicht allzu langer Zeit auf dieser Welt. Der Schlaf, das war kein Zustand, dem er stets mit Vorfreude entgegensah. Es gab Zeiten, da war er tagsüber schlafend und im Schlafe hellwach.
»Du bist eine sehr nette Person, Teal. Eine sehr nette Frau.« Was sie in der Tat war, wie sie dort unter den Cummumbrablättern neben ihm lag, die Haut vom herabsickernden Mondschein gesprenkelt. Alles an ihr schien das schwache Leuchten zu verstärken. Ihr Gesicht und ihre Gestalt waren ein einziges Versprechen, ein betörendes Spiel aus Schatten und Licht.
»Aber das hier ist nicht meine Heimat, es ist nicht meine Welt. Es gibt viele Dinge, die ich an ihr mag, aber ich bin nicht sicher, ob ich mich auf Dauer hier niederlassen möchte.« Seine Stimme versagte, und er räusperte sich. »Ich bin nicht sicher, ob ich dafür bestimmt bin, mich überhaupt irgendwo auf Dauer niederzulassen.«
Sie spürte seinen tiefen Kummer und versuchte ihn zu trösten. »Erzähl mir von deiner Heimat, Flinx. Ist es dort sehr viel anders als hier?«
»Alles ist dort sehr viel anders als hier, Teal. Diese Welt ist einzigartig. Auf Moth – wo ich herkomme – ist es um einiges kälter als bei euch.«
Neugier schwang in ihrer Stimme, als sie erwiderte: »Ich hab schon mal was über Kälte gehört. Ich glaube nicht, dass sie mir gefallen würde.«
»Das würde sie ganz bestimmt nicht«, versicherte er ihr. »Es ist feucht dort, aber längst nicht so feucht wie hier, und der Regen ist ebenfalls kalt. Es gibt Bäume –«
Sic horchte auf. »Bäume? Solche wie
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