Der gute Liebhaber
Bad, erklärte er.
Ach, so ein Anruf ist das also, sagte sie und lachte.
Nein, entschuldige, entgegnete er ziemlich verlegen, hier geht so ziemlich alles drunter und drüber.
Ja, das kann man hören. Was ist denn los?
Danke, dass du fragst. Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du mir einen Rat geben könntest. Ich hatte den Eindruck, dass du dich auf so etwas verstehst.
Das wird sich zeigen, sagte sie und trank einen hörbaren Schluck, begleitet vom einschlägigen Eiswürfelklirren.
Was trinkst du denn?, fragte er.
Gin Tonic, den vierten heute Abend. Mein Problem mit dem Alkohol ist nicht geringer als damals.
Um dich beim Wort zu nehmen, könnte ich jetzt einfach sagen: Also, meine Liebe, dann unternimm was – besser früher als später.
Das sagt auch die Frau, mit der ich zusammenlebe. Von ihr kriege ich nur Vorwürfe zu hören, weil ich zu viel trinke. Die habe ich aber verdient.
Seid ihr schon lange zusammen?
Zwei Jahre. Ich kann das jetzt in historischen Zusammenhängen sehen, denn du warst der Grund dafür, dass ich Männern endgültig den Rücken gekehrt habe.
Wieso, war es so hoffnungslos?
Es war nur der letzte Beweis dafür, dass mich die Zeit in ihren Klauen hat. Wir haben darüber gesprochen.
Du solltest doch nicht mich zum Maßstab nehmen, sagte Karl Ástuson. Ich bin ein Sonderfall. Ich habe nur ein einziges Mal eine Frau geliebt, und damals war ich jung. Seitdem habe ich keine Frau mehr als dreimal getroffen – oder doch, eine Frau habe ich inzwischen fünfmal getroffen.
Es ist kein Spaß, eine gute Mutter zu haben, sagte Doreen Ash nuschelnd.
Es geht um eine Freundin, die ich liebte, und ich kann mir keine andere vorstellen.
Ein unkontrollierter Seufzer drang an Karl Ástusons Ohr und anschließend ein weiterer Zug aus dem Glas. Dann fragte sie:
Und wo auf der Welt befindest du dich?
Ich weiß es selber kaum. In einem unbekannten Haus in einem Außenviertel von Reykjavík.
Was ist los?
Ich bin völlig daneben. Die Frau des Hauses ist schlafen gegangen, sie ist ein Sauna-Freak und sieht aus wie ein Gespenst. Ich habe Angst, dass mir hier etwas passiert.
Was habe ich nicht über Schwächlinge und Mamafixierte gesagt!
Was hast du davon, jetzt mir gegenüber sarkastisch zu werden? Ich rufe dich an, weil ich in Schwierigkeiten bin.
Okay, okay, dann erzähl mir von deinen Schwierigkeiten.
Vielleicht ist hier so etwas wie eine Verschwörung im Gange.
Wie äußert sich das?
Ich bin gerade erst nach Island gekommen. Es war eine unvorhergesehene Reise, mein Koffer ist voll von Hawaiihemden. Ich habe mir an einer Tankstelle ein Hot Dog gekauft, an einer ganz entscheidenden Tankstelle. Meine Liebste und ich sind vor siebzehn Jahren manchmal dorthin gegangen, aber jetzt hat sie rund um die Uhr geöffnet, und da gibt es jetzt alle möglichen Arten von Würstchen, ich wusste gar nicht, was ich wählen sollte. Und da war ein junger Mann, der mir nicht gefiel. Er hat bronzefarbenes Haar, ich war ihm schon vorher begegnet, denn er wohnt schräg gegenüber. Er hat mir so komische Blicke zugeworfen, dass ich dachte, er würde etwas im Schilde führen. Deswegen ließ ich mir ein Taxi bestellen, obwohl ich praktisch direkt auf der anderen Seite der Straße wohne. Da musste ich mich natürlich irgendwohin fahren lassen, und da habe ich einfach irgendeine Adresse genannt, nein, eine bestimmte Adresse.
… einfach … eine Adresse … einfach so …
Ja, dort wohnt eine Frau.
Die Tankstellenfrau, ja.
Also gut, ja. Ich stieg aus dem Auto und sah sie am Fenster, als sie die Vorhänge zuzog. Sie hat ein wenig zugenommen, aber das steht ihr gut.
Okay, okay. Was dann?
Ich konnte kein Taxi anrufen, weil ich die Nummern vergessen hatte, und musste deswegen zu Fuß gehen. Es war viel zu kalt, um zurück ins Zentrum zu gehen, deswegen landete ich im Gelben Schaf, einer Bar am Rande von Reykjavík, jotwede.
Eine Jotwede-Bar in Reykjavík. Gelbes Schaf. Mein Gott.
Du bist ziemlich nahe dran, der Barkeeper heißt Lúther.
Du lieber Gott. Und was weiter?
Ja, und dann war da auf einmal diese Frau, die so verwässert aussieht, die nebulöse Saunafrau, und sie wurde auf einmal unheimlich persönlich, aber sie ist völlig klar im Kopf. Und nicht genug damit, dort tauchte dann auf einmal wieder dieser Taxichauffeur mit den Rosen auf, die ich auf dem Rücksitz bei ihm liegengelassen hatte.
Was für Rosen?
Ja, entschuldige, die Reihenfolge stimmt nicht. Ich vergaß, dir zu sagen, dass ich
Weitere Kostenlose Bücher