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Der gute Liebhaber

Der gute Liebhaber

Titel: Der gute Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurdardóttir
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Meinst du, dass das etwas geändert hätte?
    Wenn du mich gefragt und dabei herausgefunden hättest, wie kindisch das alles war, und vielleicht versucht hättest, mich zu trösten, hätten wir womöglich die ganze Zeit zusammen sein können.
    Damals wäre dir das aber vielleicht mehr als idiotisch vorgekommen.
    Das kann ich gar nicht von mir glauben.
    Sie mussten sich also damit abfinden, diese exorbitanten Glücksmenschen, dass irgendwelche blödsinnigen Lappalien Schicksale in die Länge ziehen und ein ganzes Leben beeinflussen können. Da blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln und möglichst zu vergessen.
    Karl vergaß aber nicht Lóas Anteil an der Sache, und er war nicht begeistert von dem Gedanken, dass sie immer noch zu Unas Freundinnen zählte. Sie hatte sogar vor, zu Besuch zu kommen, doch da setzte Karl den Fuß an den Boden und erklärte, es käme nicht in Frage, sie in seinem Haus zu beherbergen. Er erinnerte sich leider auch nur allzu genau an ihre ziemlich massiven Annäherungsversuche, kurz nachdem Una Schluss mit ihm gemacht hatte.
    Da lachte Una und sagte, das sei doch alles im vorigen Leben gewesen. Karl sah die Frau an und fand ihre Unbekümmertheit beneidenswert. Falls er einen Freund gehabt hätte, der sich so wie Lóa verhalten hätte, wäre der für ihn erledigt gewesen. Egal, wie lange es her war. Er hätte bestimmt nie wieder ein Wort mit ihm geredet.
    Er sehnte sich danach, sich Unas Leichtigkeit und ihr Lebensmotto im Hinblick auf Besorgnisse zu eigen machen zu können: Auf Schlimmes kann man sich nicht vorbereiten, indem man sich Sorgen macht. Sorgen sind völlig nutzlos, denn das Schlimme kommt immer genau aus der entgegengesetzten Richtung als der vorhersehbaren – und das hatte sich beispielsweise in Bezug auf Ingi Bói bewahrheitet.
    Was Anlass zu Besorgnis betraf, so hatte Karl Ástuson auch während der Beausejour-Seligkeit Zeit dazu gefunden, Bedenken zu haben, ob Una sich in Amerika wohlfühlen werde. Er hatte vor, sie dorthin zu verpflanzen, als sei gar nichts weiter dabei für einen Menschen, der diesen Kontinent noch nie betreten hatte. (Im Stillen wunderte er sich allerdings stark darüber, wie es überhaupt möglich war, nie in Amerika gewesen zu sein.)
    Ihm wäre nie eingefallen, dass Una auf die Neue Welt wie ein Kind auf Disneyland reagieren würde. Alles erinnerte sie an Spielzeug; rote Lastwagen mit Silberschornsteinen; Häuser, die aussahen wie überdimensionales Fisher-Price-Spielzeug. Sie verwendete auch das Wort «putzig» für das amerikanische Essen, ewig schwabbelige Soßen und alles mit geschmolzenem Käse überzogen. Nicht unbedingt ihr Stil, aber in ihrer toleranten Art sagte sie: Warum nicht auch mal, zur Abwechslung?
    Una brauchte nicht mehr als einen Tag, um sich dafür zu entscheiden, dass sie in der Neuen Welt leben wollte. Am zweiten Tag hatten sie eine Spritztour in die Umgebung gemacht und anschließend einen Spaziergang am Strand beim Haus unternommen.
    Hier möchte ich mein Zuhause haben, sagte sie und fügte ungeniert hinzu, dass Long Island der einzige Ort in Amerika sei, wo sie sich vorstellen konnte zu leben.
    Karl schwieg verwundert, bis ihm einfiel zu sagen, es sei dann wirklich ein glücklicher Zufall, dass sich das Haus genau dort befände. Und in Fortsetzung dessen fragte er, wieso sie diese hohe Meinung von Long Island habe. Sie stellte ihm die Gegenfrage, wieso er denn genau dort dieses Haus gekauft und all diese Anstrengungen unternommen hätte, um es perfekt und nicht wie ein Provisorium einzurichten. Tja, sagte er, das war wohl, weil Long Island eine Insel mit ländlichem Ambiente und Stränden ist, direkt vor den Toren von New York.
    Hab ich’s nicht gesagt, erklärte Una daraufhin, so einen Standort gibt es nirgendwo anders auf der Welt.
    Die Welt ist groß, sagte Karl, der sehr viel mehr von ihr gesehen hatte als Una.
    Dann nichts wie los, entgegnete Una, und Karl versprach ihr Reisen, zu Orten mit goldenen Stränden und tausend grünen Hügeln, man brauchte einen ganzen Tag, um dorthin zu fliegen und sich wie neugeboren zu fühlen; so war es ihm nackt bei Regen und Sonne ergangen, mit einem plappernden Papagei zu seinen Füßen.
    Auch im Nachhinein wusste Karl Ástuson keine Antwort darauf, wieso er sich nicht nur mitten an einem Arbeitstag auf dem Sofa niedergelassen, sondern auch den Fernseher eingeschaltet hatte, der Mann, der es sich normalerweise erst nach getaner Arbeit auf dem Sofa bequem machte; gar nicht

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